„Das Ende vieler Vereine“
Bayerischer Sportschützenbund wehrt sich gegen das drohende Verbot von bleihaltiger Munition

03.03.2022 | Stand 23.09.2023, 2:30 Uhr

Jakob Pollithy, Schützenmeister des Schießclubs Graf von Stauffenberg e.V. Amerdingen, braucht kein Blei, um dem Wurfscheibenschießen nachzugehen. Es gibt auch Patronen, die mit Stahlkügelchen gefüllt sind. Fotos: Bartenschlager

Die Sportschützen schlagen Alarm. Sie sehen ihren Sport insgesamt gefährdet, weil die Europäische Kommission ein Verbot bleihaltiger Sportmunition plant und die deutsche Umweltministerkonferenz (UMK) noch über das Brüsseler Vorhaben hinausgeht: Hier soll auf nationaler Ebene ganz rigoros die Verwendung bleihaltiger Munition ohne Ausnahme und in allen Schießanlagen untersagt werden. Das betrifft natürlich auch die Schützenvereine im Schützengau Pöttmes-Neuburg und in der gesamten Region.

Ganz neu ist die Thematik nicht, denn unbestritten bedeutet eine übermäßige Bleibelastung negative Auswirkungen auf den menschlichen Organismus. Vor allem sind Kinder und Jugendliche gefährdet, bei schwangeren Frauen steigt das Risiko einer Frühgeburt und Schäden am Embryo. Überdies wird die Bildung von roten Blutkörperchen gestört.

Doch ist das Sportschießen überhaupt für eine gefährliche Konzentration dieses Metalls verantwortlich? Blei ist das Material der Wahl, wenn es um den Schießsport geht. Die Diabolo-Kugeln für Luftgewehre und -pistolen sind in der Regel aus Blei gefertigt. Das hat seine Gründe. Das Material ist sehr weich, daher leicht verarbeitbar und findet gut Halt in den Zügen des Laufs. Blei verformt sich auch sehr leicht, was am Kugelfang den Vorteil bietet, dass die Diabolos nicht abprallen und womöglich als Querschläger durch die Schießstände sausen. Auch beim Wurfscheibenschießen wird in der Regel Bleimunition verwendet, denn durch die hohe kinetische Energie zerplatzen die Tonscheiben sehr leicht.

Allerdings, so wird argumentiert, bildet sich bei der Reibung im Lauf Bleistaub und auch beim Aufprall sondern sich Partikel ab. Beim Wurfscheibenschießen bleibt der Bleischrot erst einmal im Boden.

Alternativen werden getestet, sind für den Schießsport aber oft weniger gut geeignet: Zinn ist teurer und leichter, was die Flugbahn verändert und die Reichweite verkürzt, Kunststoff ist ebenfalls leicht, was die Mündungsenergie ebenfalls vermindert und Hartkern-Kunststoffgeschosse sind eher für die Freizeit geeignet, nicht für den Wettbewerb. Beim Wurfscheibenschießen gibt es allerdings mit Stahlschrot gefüllte Patronen, die ihre Funktion durchaus erfüllen.

Insgesamt sind die Schützen auf den Barrikaden, was in einer aktuellen Pressemitteilung des Bayerischen Sportschützenbundes (BSSB) deutlich wird: „Ein solch undifferenziertes Totalverbot der bewährten Sportmunition gefährdet den gesamten Bereich des Schießsports. Der Spitzensportstandort Europa wäre beim Sportschießen international nicht mehr wettbewerbsfähig“, heißt es darin. Neben dem Leistungssport wäre auch der Breitensport hart betroffen, denn der immense – auch finanzielle – Aufwand für einen flächendeckenden Umstieg auf bleifreie Sportmunition und für den hierzu landauf landab notwendigen Umbau der Schießstände sei für die weitüberwiegende Anzahl der Schützenvereine vor Ort nicht schulterbar, ist in der Pressemitteilung zu lesen. Der BSSB malt schwarz: „Es steht zu befürchten, dass dies das Ende vieler Schützenvereine wäre.“ Landesschützenmeister Christian Kühn weist darauf hin, dass in den „allermeisten Disziplinen eine nahezu vollständige Rückgewinnung und Rückführung des Bleis in den Wertstoffkreislauf möglich“ sei und dass es an bezahlbaren alternativen Lösungen mangele. Einen Mehrwert für Gesundheits- und Umweltschutz sieht Kühn durch das Bleiverbot deshalb nicht.

Alois Helfer, Schützenmeister des Schützengaus Pöttmes-Neuburg, sieht die Sache eher gelassener – und gleichzeitig so wie Christian Kühn. Man könne das Blei ganz gut im Kugelfang sammeln, so dass es keinen Schaden anrichten könne. Dieses Argument werde stechen, gab Helfer zu verstehen.

Jürgen Breit, der Sportleiter von Eichenlaub Unterstall, stellt sich auf die Linie des Verbandes: „Wenn die Bleimunition abgeschafft wird, gibt’s mich im Schießsport auch nicht mehr.“ Das Ganze sei schon vor zwei Jahren hochgekocht und er kenne keine wissenschaftliche Begründung für das Verbot von Blei. „Die Kugel kommt in den Lauf, dann wird abgedrückt und das Geschoss wird am Kugelfang platt gedrückt und kann eingesammelt werden.“ Er verstehe nicht, wo das Problem liege. Er sieht in bestimmten Alternativen, wie Kunststoff-Diabolos sogar Gefahren. Diese Geschosse könnten so instabil sein, dass sie bereits zerplatzen können, unmittelbar, nachdem sie den Lauf verlassen haben. Eine weitere Möglichkeit, reines Schießen mit dem Lichtgewehr, würde er nicht akzeptieren. „Diesen Weg würde ich nicht mitgehen“, versichert Breit.

Jakob Pollithy, der Schützenmeister des Schießclubs Graf von Stauffenberg, betreut den Wurfscheiben-Schießstand in Amerdingen. Dort ist auch Tanja Ortner oft zu finden; die Neuburger wurde Dritte bei den Deutschen Meisterschaften in dieser Disziplin. Pollithy sieht eher geringere Probleme bei der Wahl der Munition. Dann werde eben mit Stahlschrot geschossen. Allerdings, so gibt er zu bedenken, seien vor allem ältere Waffen nicht für diese Art Munition zugelassen. In diesem Fall wäre wohl ein neues Gewehr fällig. Kostenpunkt: ab 1500 Euro.

DK