Fussball, Schiedsrichter
Alles eine Sache der Interpretation

Eine halbe Saison nach Wiedereinführung der Zehn-Minuten-Zeitstrafe: Noch läuft nicht alles rund

27.01.2023 | Stand 17.09.2023, 4:32 Uhr

Blankes Entsetzen über die Entscheidung eines Unparteiischen: Damit es ab sofort nicht mehr dazu kommt, organisiert die Schiedsrichtergruppe Neuburg für den 19. März eine Informationsveranstaltung in Langenmosen. Foto: M. Schalk

Von Roland Kaufmann

Langenmosen/Neuburg – Egal, was die Referees beim Fußball auch tun: Allen recht machen können sie es nie. Durch stetige Regeländerungen wird ihnen der Job zusätzlich erschwert – gerade auf Amateurebene. Jüngstes Beispiel hierfür: die Wiedereinführung der Zehn-Minuten-Strafe im Sommer 2022. Also Gelbe Karte, Gelb-Rote Karte, Rote Karte – sowie nun auch noch die Möglichkeit eines zeitweisen Ausschlusses: Wer soll da noch den Durchblick behalten? Und wie sollen die persönlichen Sanktionierungen auf dem grünen Rasen genau angewandt werden?

Infoveranstaltung am 19. März in Langenmosen

„Tatsächlich haben wir das Problem, dass von unseren Kollegen die Vorgaben nicht einheitlich umgesetzt wurden“, räumt Jürgen Roth (kleines Foto) ganz ehrlich ein. „Wir hatten vor Saisonbeginn zwar gut kommuniziert, wie mit der Zehn-Minuten-Strafe umzugehen ist – aber jeder interpretierte das dann in der Praxis ein bisschen anders“, so der Obmann der Schiedsrichtergruppe Neuburg weiter. Also sein Fazit nach einer halben Saison? Zunächst mal Achselzucken. „Ich habe tatsächlich erst vor wenigen Tagen mit unserem Lehrwart Patrick Krettek über dieses Thema diskutiert“, berichtet der Langenmosener: „Sollen wir bei unseren Schiedsrichtern nachjustieren? Sollen wir unsere Vereine nochmals informieren? Oder können wir mit der bisherigen Spielzeit zufrieden sein?“

Das Resultat des Meinungsaustausches: Es gibt sehr wohl Verbesserungsbedarf. Von Seiten der Referees ebenso wie von Seiten der aktiven Kicker. Zwar nicht viel – aber immerhin. Und so geht Roth offensiv an das Thema heran, möchte mit einem „Miteinander“ für noch mehr Entspannung auf den Fußballplätzen sorgen. Im Klartext bedeutet das: Der 73-Jährige, der bereits seit dem März 1979 im Schiedsrichterwesen tätig ist, organisiert am 19. März eine Informationsveranstaltung sowohl für die Unparteiischen aus seiner Gruppe als auch für die Klubs in seinem Zuständigkeitsbereich sowie aus dem gesamten Altlandkreis Schrobenhausen. „Um 10 Uhr geht’s dann beim Baderwirt in Langenmosen los“, berichtet Roth: „Und je mehr Abteilungsleiter, Vorstandsmitglieder, Jugendleiter sowie Trainer von den Vereinen kommen – umso besser wäre es für die Sache. Denn was gibt es Hilfreicheres, als eventuelle Probleme zwischen beiden Seiten im direkten Dialog auszuräumen?“

Ein damit verbundenes Weißwurstessen soll den Klubfunktionären das Kommen zusätzlich schmackhafter machen – ergänzt der Schiedsrichterboss mit einem Augenzwinkern. Bloß ob diese Veranstaltung wirklich alle Unklarheiten vor allem in Sachen Zehn-Minuten-Strafe ausräumen kann? „Das weiß auch ich nicht hundertprozentig“, antwortet Roth: „Aber man sollte es zumindest versuchen. Wir als Unparteiische wollen unsere Vereine so weit wie möglich zufriedenstellen – und wenn wir gemeinsam daran arbeiten, sollte das doch klappen können.“

„Wir Schiedsrichter sind nicht immer schuldlos“

Grundsätzlich, und darauf legt der 73-Jährige allergrößten Wert, „ist das Verhältnis zwischen uns Schiedsrichtern und unseren Klubs schon jetzt hervorragend“. Die bisherige Saison sei aus seiner Sicht in allen Bereichen „mehr als zufriedenstellend“ verlaufen. „Dass es beim Fußball hin und wieder zu ein bisschen Unruhe auf dem Platz kommt, das gehört einfach zu dieser Sportart. Und natürlich weiß ich, dass wir Schiedsrichter hieran nicht immer schuldlos sind“, betont Roth: „Aber echte Gewaltausbrüche, von denen wir gerade aus größeren Städten immer wieder hören, haben wir zum großen Glück nicht.“

Der Obmann aus Langenmosen sieht sich gerne als Vertreter der Basis. Und als solcher gefällt ihm weiß Gott nicht alles, über was „ganz oben“ so nachgedacht wird. Wie etwa der „Weißen Karte“, die ja nun im Januar erstmals in Portugal gezückt wurde. Deren Ziel soll es sein, ein „ethisch relevantes Verhalten“ von Spielern, Trainern und auch Zuschauern „anzuerkennen und zu belohnen“. Roth schüttelt hierüber nur verständnislos den Kopf: „Was soll das denn? Wenn wir nicht endlich die Kirche im Dorf lassen, dann brauchen wir uns nicht darüber zu wundern, dass unsere Schiedsrichter an der Basis nicht mehr wissen, was genau zu tun ist.“

Um das Ganze abzuschließen: „Es ist gut, was wir jetzt schon haben. Das reicht vollkommen aus“, so der Obmann der Schiedsrichtergruppe Neuburg. Also die Gelbe Karte, die Gelb-Rote Karte, die Rote Karte. Und eben die Zehn-Minuten-Zeitstrafe. Auch wenn es bei Letzterer noch ein bisschen Gesprächsbedarf gibt.

SZ