Radsport
Erstes internationales Siegertrikot für Bauernfeind

Eichstätter Radprofi gewinnt bei der U 23-EM die Goldmedaille in der Mixed-Staffel

12.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:18 Uhr

Defekte Schaltung: Ricarda Bauernfeind (weißes Trikot) musste beim Einzelzeitfahren das Rad wechseln und verlor dabei wertvolle Sekunden. Am Ende verpasste die Eichstätterin einen Podestplatz um über eine Minute. Fotos: UEC

Von Timo Schoch

Sangalhos/Eichstätt – Goldmedaille zur Premiere: Bei der erstmals ausgetragenen Mixed-Staffel einer U23-Europameisterschaft hat das deutsche Team mit der Eichstätterin Ricarda Bauernfeind gewonnen. Im Zeitfahren im portugiesischen Sangalhos verhinderte ein Schaltdefekt eine bessere Platzierung. Im Straßenrennen fehlte im Finale die Unterstützung ihrer Mannschaftskolleginnen.

Defekte Schaltung kostet womöglich Medaille

Noch vier Kilometer bis ins Ziel. Bauernfeind will schalten. Sie drückt den Schalthebel. Nichts passiert. Kein kurzes Knacken der Kette, das den Gangwechsel hörbar signalisiert. Nichts. Die 22-Jährige drückt erneut den linken Hebel. Wieder nichts. Die Schaltung ist defekt. Anhalten. Rad wechseln. Wertvolle Sekunden verstreichen. Dazu kommt sie aus ihrem Rhythmus. Das Ersatzrad ist zwar schnell vom Begleitfahrzeug heruntergehoben. Doch die Uhr tickt unerbittlich. Am Ende überquert die Eichstätterin auf Platz fünf die Ziellinie. 1.13 Minuten hat sie Rückstand auf die neue U23-Europameisterin Shirin van Anrooij aus den Niederlanden. „Das ist nun reine Spekulation, was alles ohne den Defekt möglich gewesen wäre“, sagt Bauernfeind nach dem 22 Kilometer langen Zeitfahren. Zumindest Platz vier war realistisch. Denn auf Shari Bossuyt (Belgien) fehlten ihr zehn Sekunden. Ein Podiumsplatz war allerdings über eine Minute entfernt. „Ich bin deshalb trotzdem sehr zufrieden“, sagt die Eichstätterin.

Als beste deutsche Starterin beim Einzelzeitfahren ging sie deshalb mit Selbstbewusstsein einen Tag später in den Mixed-Wettbewerb. Die Form stimmte. Sowohl die beiden Männer als auch die beiden Frauen mussten jeweils als Team dieselbe 22 Kilometer lange Strecke zurücklegen wie am Tag zuvor. „Da es diesen Wettbewerb zuvor bei den U23 noch nie gab, fehlten uns der Vergleich und die Erfahrung bei einem solchen Rennen“, sagt Bauernfeind. Maurice Ballerstedt und Tobias Buck-Gramcko übergaben auf Platz drei liegend mit neun Sekunden Rückstand an Ricarda Bauernfeind und Linda Riedmann. Das Podium war nahe, der Rückstand zu den Führenden nicht groß. „Wir haben sofort einen guten Rhythmus gefunden“, sagt die Eichstätterin. Schnell waren die Konkurrentinnen überholt.

Staffel: Deutsche Frauen machen den Unterschied

Doch rund vier Kilometer vor dem Ziel zeigte der Radcomputer erneut ein Problem mit der Schaltung an. „Eigentlich wurde diese über Nacht umgebaut und wir dachten, dass damit das Problem behoben sei“, erzählt die 22-Jährige. „Ich dachte dann nur: ,Oh Gott, bitte nicht schon wieder.‘“ Doch diesmal hatte sie das Glück auf ihrer Seite und sie konnte das Rennen ohne Radwechsel zu Ende fahren. Damit war klar: Das deutsche Mixed-Team siegte überlegen dank der Leistung der beiden Frauen. Am Ende hatten sie 1.16 Minuten Vorsprung auf das Schweizer Team herausgefahren. Und auch das Problem mit der Schaltung löste sich später auf: „Wir haben nach dem Rennen festgestellt, dass eine Batterie in den Schaltgriffen leer war. Normalerweise hält diese drei bis vier Jahre problemlos durch“, sagt Bauernfeind.

Nach einem Ruhetag ging es am Sonntag beim Straßenrennen um die Medaillen. Rund 105 Kilometer, fünf Runden a 22 Kilometer, mit einem zwei Kilometer langen Anstieg und einer etwa 500 Meter steilen Rampe warteten auf die Frauen. Dazu gab es wieder Sonne satt. Wie an den Tagen zuvor zeigte das Thermometer rund 35 Grad an. In der ersten Runde wurde taktiert. Das deutsche Team versuchte in der zweiten Runde das Feld zu teilen – was auch gelang. Doch in der wenig selektiven Abfahrt konnten die abgehängten Fahrerinnen wieder aufschließen.

In der letzten Runde fehlt die Unterstützung ihres Teams

Somit fiel die Entscheidung in der letzten Runde. 13 Fahrerinnen setzten sich ab, darunter Bauernfeind als einzige Deutsche. Und das erwies sich als großer Nachteil – schließlich dominierten die Niederländerinnen und Italienerinnen das Spitzenfeld mit jeweils mehreren Fahrerinnen. „Sie haben dann abwechselnd attackiert und ich musste die Lücken alleine schließen“, sagt die 22-Jährige. Am Ende fehlte ihr die Kraft, um die entscheidende Attacke mitzugehen. „Dazu hatte ich diesmal auch meine Sprinterbeine nicht mehr auspacken können, weil ich müde war“, sagt die Eichstätterin. Somit landete sie auf Platz elf, mit elf Sekunden Rückstand auf Shirin van Anrooij, die damit ihr zweites EM-Gold gewann.

„Auf dem Papier ist der elfte Platz nicht das, was wir uns als Mannschaft erhofft hatten“, sagt Ricarda Bauernfeind. „Doch mit meiner Leistung bin ich sehr zufrieden.“ Das gilt natürlich auch für ihre gesamte Bilanz des EM-Wochenendes: „Ich habe mein erstes internationales Siegertrikot gewonnen, dazu fahre ich mit einer Goldmedaille nach Hause.“ Nun stehen mehrere Rennen in Ungarn, der Slowakei und den Pyrenäen an. Zudem hofft die Eichstätterin auf einen Start bei der WM Ende September in Australien.

EK