Saisonfinale beim FC Ingolstadt
Vereinsboss Peter Jackwerth: „Wir haben unsere Lehren gezogen“

27.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:20 Uhr

FCI-Vereinsboss Peter Jackwerth (links) mit Geschäftsführer Dietmar Beiersdorfer. Foto: Bösl

Für den FC Ingolstadt endete an diesem Samstag mit dem Heimspiel gegen die SV Elversberg die zweite enttäuschende Punktrunde in Folge. Wir ziehen im Interview mit Vereinsboss Peter Jackwerth ein Fazit.



Herr Jackwerth, der FC Ingolstadt ist als Zweitliga-Absteiger mit großen Ambitionen in die Saison gegangen. Nun gastiert die SV Elversberg am letzten Spieltag im Audi-Sportpark, die als Aufsteiger den Durchmarsch in die 2. Bundesliga schaffte und in der Schanz sogar Drittliga-Meister werden kann, während Ihr Verein froh sein muss, gerade noch einer direkten Abstiegsgefahr entgangen zu sein. Kommt Ihnen das wie ein schlechter Witz vor?
Peter Jackwerth: Nein, nicht nach dieser Rückrunde. Diese Entwicklung zeichnete sich ja schon in den vergangenen Monaten ab. Wir sind froh, dass wir es geschafft haben, wieder in die richtige Richtung zu laufen. Aber das Leistungsloch von Januar bis April lässt sich nicht wegdiskutieren.

Haben Sie mit etwas Abstand ergründet, was in der Winterpause passiert ist? Zu diesem Zeitpunkt lag der FCI zwei Punkte hinter dem Tabellenzweiten aussichtsreich im Aufstiegsrennen, ehe der dramatische Einbruch folgte.
Jackwerth: Für mich ist das nicht erklärbar. Wir haben eine Mannschaft zusammengestellt, die in der Vorrunde etwas über ihre Verhältnisse gespielt und auch teilweise glücklich Punkte geholt hat. Da war die Hoffnung da, dass das in der Rückrunde stabiler wird und wir uns besser entwickeln. Darum hat man den Kader im Winter nicht verändert, was meiner Meinung nach ein Fehler war. Dann haben wir die ersten zwei Spiele verloren, es kam eine Unsicherheit rein, dazu hatten wir riesiges Verletzungspech. Da hat es dann eben bis zum Trainerwechsel zu Michael Köllner gedauert, bis wir das wieder in den Griff bekommen haben.

Sie sprachen es schon an, dass der FCI im Winter auf dem Transfermarkt untätig war. Dabei haben die Schanzer mit Merlin Röhl im Mittelfeld ein wichtiges Bindeglied zwischen Abwehr und Angriff bereits im August an den SC Freiburg abgegeben, Tim Civeja, der sich jetzt in dieser Rolle in etwas anderer Form hervortut, hat lange Zeit keine Chance erhalten. Auch eine Hierarchie im Team hat sich lange nicht gebildet. Da ist vieles schief gelaufen.
Jackwerth: Ja, aber da dürfen Sie nicht mich fragen, das sind Fragen an die damaligen Trainer. Köllner hat das jetzt einfach gut erkannt und auch teilweise aus der Not gehandelt. Die Jungen haben sich reingebissen und sich weiterentwickelt. Das ist in den vergangenen Wochen gut gelaufen, aber wir haben trotzdem nicht überragend gespielt, und daran sieht man, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben.

Der FCI hat jetzt zwei schlimme Jahre hinter sich nach der desaströsen Saison in der 2. Bundesliga mit dem Abstieg und der nun ablaufenden Spielzeit in der 3. Liga. Welche Lehren ziehen Sie daraus?
Jackwerth: Wir haben unsere Lehren daraus gezogen. Zuerst erfolgte der Wechsel in der Geschäftsführung von Manuel Sternisa zu Dietmar Beiersdorfer, danach die Ablösung von Sportdirektor Malte Metzelder, beides war notwendig. Trainer Rüdiger Rehm hat, so finde ich, einen guten Job gemacht. Aber er hatte eine schlechte Phase und auch an der Zusammenstellung des Kaders, die nicht so gepasst hat, war er nicht unschuldig. Danach hatten wir mit Trainer Guerino Capretti einfach Pech. Sein Wechsel des Spielsystems passte nicht zu unseren Spielertypen. Jetzt haben wir wieder Leute, die auch bei den Zuschauern ein Standing haben, und ich hoffe, dass jetzt wieder Ruhe reinkommt.

Haben Sie sich auch Gedanken darüber gemacht, ob man auch die Vereinsgremien anders aufstellen kann, um stabilere Entscheidungen zu treffen?
Jackwerth: Die Entscheidungen trifft ja die Geschäftsführung. Wir in den Gremien machen zwar auch Vorschläge, aber wir schreiben dem Geschäftsführer nichts vor, er entscheidet. Ich glaube, dass der Entscheidungsprozess nach der Winterpause zu lange gedauert hat. Über das Chaosjahr davor brauchen wir uns nicht zu unterhalten. Das war dumm geplant und dumm organisiert, da nehme ich niemanden aus. Wir haben ein komplettes Führungsteam nach dem Aufstieg entlassen und haben das einfach viel zu blauäugig gesehen, mit jungen Leuten zu arbeiten. Das hat uns viel Substanz und die 2. Bundesliga gekostet. Diese Saison in der 3. Liga ist eine Entwicklung da gewesen mit einer komplett neu zusammengestellten Mannschaft. Die war nicht schlecht, aber hat nicht 100-prozentig gepasst. Dazu haben uns die vielen Verletzten das Genick gebrochen.

Sie sagen, die Geschäftsführung entscheidet. Aber müssen die Vereinsführung beziehungsweise der Aufsichtsrat als Kontrollorgan nicht genauer hinschauen, um Fehlentwicklungen besser zu korrigieren oder im Idealfall zu verhindern?
Jackwerth: Das ist nicht mehr so wie vor zehn Jahren, als Harald Gärtner (früherer FCI-Geschäftsführer, Anm. d. Red.) und ich das alleine entschieden haben. Wir sind jetzt größere Gremien, da gibt es auch mal kontroverse Diskussionen. Im Großen und Ganzen werden unsere Vorschläge auch umgesetzt, aber aus sportlichen Entscheidungen halten wir uns bewusst heraus. Diese muss die Geschäftsführung, also Dietmar Beiersdorfer treffen. Wir gehen nicht her und sagen: Du musst den Trainer entlassen.

Bevor mit Trainer Michael Köllner und Sportdirektor Ivica Grlic ein neues Führungsduo installiert wurde, war auch die Rückkehr von Ex-Geschäftsführer Harald Gärtner ein Thema. War das also Beiersdorfers Entscheidung?
Jackwerth: Ich war von den Gremien beauftragt, an den Gesprächen teilzunehmen. Harald Gärtner hätte erst zur neuen Saison anfangen wollen, das war uns zu spät, und das war entscheidend. Aber es gibt immer mehrere Kandidaten, und da haben wir uns relativ schnell für Ivica Grlic entschieden. Wir wollten Trainer und Sportdirektor gemeinsam präsentieren.

Nach dem im Vorjahr ausgerufenen Zweijahresplan müsste demnach im kommenden Jahr der Aufstieg gelingen. Sehen Sie das nach der schwierigen Saison eher als Bürde oder doch wieder als neue Chance?
Jackwerth: Man muss das als neue Chance sehen. Es wird sicher nochmals einen Umbruch geben, der aber nicht mehr so eklatant ausfallen wird wie nach dem Abstieg aus der Zweiten Liga. Mit dem verbleibenden Stamm und qualitativ guten Ergänzungen rechnen wir uns schon aus, eine vernünftige Saison spielen zu können.

Erst steht am Samstag noch ein spannendes Saisonfinale um den Aufstieg an. Wer setzt sich am Ende durch?
Jackwerth: Ich hoffe mal, dass Elversberg nicht bei uns Meister wird. Wir werden alles dagegensetzen. Ansonsten kann man in der 3. Liga ja gar nichts vorhersagen, gerade wenn ich Dynamo Dresden ansehe. Ich hätte ein Vermögen gewettet, dass die direkt aufsteigen, und dann machen sie am vergangenen Wochenende mit der Niederlage in Meppen alles kaputt. Das ist Irrsinn, aber für die 3. Liga bezeichnend. Osnabrück, Wehen Wiesbaden und Saarbrücken können es alle packen, ich denke aber, dass Osnabrück das Rennen macht.

Und wie blicken Sie auf die neue Saison? Heißt das Ziel von Anfang an wieder Aufstieg?
Jackwerth: Wir werden alles versuchen, um eine gute Mannschaft zu bauen. Aber wir werden nicht vom Aufstieg reden, das wäre dieses Mal zu vermessen. Der SV Sandhausen und Jahn Regensburg werden vom Budget her eine vernünftige Mannschaft basteln können und automatisch Aufstiegsfavoriten sein. Wenn man so lange in der 2. Bundesliga war, fällt man finanziell relativ weich, wenn man vernünftig gewirtschaftet hat, und davon gehe ich aus. Wir waren dagegen in den vergangenen vier Jahren nur eine Saison lang in der Zweiten Liga. Und sogar Arminia Bielefeld oder der 1. FC Nürnberg könnten aus der Zweiten Liga noch absteigen. Die 3. Liga wird in der kommenden Saison wieder enorm stark sein. Erst nach zehn Spieltagen kann man in etwa sagen, wo es für uns hingehen kann.

Im kommenden Jahr wird der FC Ingolstadt 20 Jahre alt. Was wünschen Sie sich für die Schanzer?

Jackwerth: Dass wir in der neuen Saison eine gute Rolle spielen, solche Phasen wie in der Rückrunde abstellen und eine gute Konstanz hinbekommen. Dann müssen wir sehen, was dabei herauskommt.

2024 sind Neuwahlen in der Vorstandschaft. Wäre ein Aufstieg ein guter Zeitpunkt für Sie, die Vereinsführung in andere Hände zu geben?

Jackwerth: Wann ich aufhöre, werde ich zum richtigen Zeitpunkt sagen, nicht jetzt.

DKDas Interview führte Gottfried Sterner.