Schlechte Nachwuchsförderung
Tennis-Urgestein Klaus Köppel kritisiert Ingolstädter Vereine – „Müssten in der Regionalliga vertreten sein“

03.06.2023 | Stand 15.09.2023, 22:00 Uhr
Sabine Kaczynski

Gibt auch mit 70 noch regelmäßig Privatstunden: Klaus Köppel, seit über 30 Jahren Tennistrainer beim SV Zuchering. Foto: Kaczynski

Klaus Köppel, gerade 70 Jahre alt geworden, blickt auf eine lange Tennislaufbahn zurück. Als er 1990 die Stadtmeisterschaft im Einzel, Doppel und Mixed holte, bot ihm der SV Zuchering den Posten eines Tennislehrers an. Er packte die Gelegenheit beim Schopf, gründete eine Tennisschule und ist nun seit mehr als 30 Jahren für den Verein tätig.

Während seiner Trainerkarriere hat Köppel so manches Talent in der Region gefördert, etwa Nicola Maier, die er als Zehnjährige unter seine Fittiche nahm und die später Regionalliga spielte. Auch diverse Bayernliga-Spieler entwickelten sich unter seiner Regie, zuletzt schaffte Valerie Witt, die er schon von Kindesbeinen an coacht und die aktuell beim TC Gersthofen in der Bayernliga spielt, den Sprung in die TennisBase in Oberhaching.

Seit seinem 65. Lebensjahr tritt er etwas kürzer, hat im vergangenen Jahr die Tennisschule an seine Nachfolgerin Ruxandra Kramer übergeben. Gemeinsam mit Christian Heisterkamp, Vorstand des Gesamtvereins, bewertet der Jubilar, der seinen runden Geburtstag mit seiner Frau auf Mallorca feierte, die Entwicklung im Ingolstädter Tennissport. „Ingolstadt müsste mit seinen 140000 Einwohnern mit eigenen deutschen Spielern mindestens in der Regionalliga vertreten sein“, sagt Köppel. Derzeit spielen die besten Ingolstädter Damen- und Herren-Teams (beim DRC) in der Landesliga1. „Das ist zu unterklassig, da liegt doch vieles im Argen“, kritisiert der 70-Jährige.

Und woran liegt das? „Es müsste eine bessere Zusammenarbeit zwischen Schulen und Vereinen stattfinden, um Spitzensportler zu entwickeln“, sagt Köppel und fordert vor allem eine bessere Basisarbeit. Diese Situation betreffe aber nicht nur das Tennis, sondern viele weitere Sportarten, sagt der Trainer, der das Hauptproblem des fehlenden Tenniserfolgs in der Stadt in der ungenügenden Nachwuchsförderung sieht: „In den Schulen wird dem Sport nicht genügend Beachtung geschenkt. In anderen Ländern – etwa Rumänien oder Tschechien – werden die Kinder bereits von klein auf im Unterricht an verschiedene Sportarten herangeführt und gefördert“, erklärt Köppel, der in den immer beliebter werdenden Ganztagsschulen und -kindertagesstätten eine weitere Problematik erkennt: „An dieser Stelle arbeitet das Kultusministerium leider nicht mit den Vereinen zusammen“, moniert er.

Wie gut dies gelingen könnte, zeige die Partnerschaft mit dem Apian-Gymnasium, das als Sportstützpunkt noch weitere Kooperationen mit anderen Vereinen und Sportarten pflege – etwa im Fußball mit dem FCI, im Eishockey mit dem ERC oder auch beim Schwimmen mit dem SC Delphin: „Das ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, bedauert Köppel. Früher habe es in Ingolstadt viele große Tennisklubs gegeben, inzwischen übersteige der Unterhalt der kostspieligen Anlagen oft die Möglichkeiten der Vereine. Natürlich habe der Tennissport nach dem großen Boom durch Boris Becker und Steffi Graf mit Beginn der 2000er-Jahre dann eine Delle erlitten. Heisterkamp und Köppel sind sich einig in dem Wunsch, dass ein Idol als Zugpferd für Kinder und Jugendliche wieder einen ähnlichen Begeisterung auslösen möge.

Indes profitierte gerade das Tennis zuletzt von der Corona-Pandemie: „Die Mitgliederzahlen steigen seitdem wieder, das Virus hat uns tatsächlich ein bisschen in die Karten gespielt, weil die Einzelsportarten am längsten betrieben werden durften. Das haben sehr viele Menschen genutzt – und eine ganze Menge sind beim Tennis geblieben“, erklärt Heisterkamp. Inzwischen zähle die Tennisabteilung des SVZ fast 350 Mitglieder, darunter 200 Kinder und Jugendliche. Darauf sind die beiden durchaus stolz.

Und was wünschen sie sich für die aktuelle Saison? „Die Landesliga hat schon ein hohes Niveau – viele Mannschaften agieren dort mit mehreren ausländischen Spielern“, erklärt Köppel und hofft für die Zucheringer Teams, dass sie die Klasse halten. „In den Jugendteams sollten die ersten Mannschaften in der Bezirksliga – bei uns die höchste Klasse – vertreten sein und die Kinder generell früh an den Verein gebunden werden. Das halte ich für wichtiger als auf totale Hochleistung zu setzen“, sagt Köppel, der lieber den eigenen Nachwuchs entwickelt, als auf ausländische Spieler zu setzen.

Und wie sieht der 70-Jährige, der seit letztem Jahr Ehrenmitglied beim SV Zuchering ist, seine eigene Zukunft? „Ich werde auch weiterhin noch Privattraining geben, denn es macht mir immer noch riesigen Spaß – und solange ich noch laufen kann, wird das auch so bleiben“, sagt er mit einem Schmunzeln.

DK