Interview vor dem Halbfinale
Mannheims Co-Trainer Jochen Hecht: „ERC Ingolstadt ist in der Favoritenrolle“

29.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:16 Uhr

Drei Meisterschaften mit den Adlern und 892 NHL-Partien kann die Mannheimer Klub-Ikone Jochen Hecht vorweisen. Aktuell arbeitet der 45-Jährige als Co-Trainer. Foto: Imago Images

Jochen Hechts Erinnerungen an den ERC sind äußerst positiv: 2015 gewann er als Spieler mit den Adlern Mannheim in Ingolstadt die Meisterschaft. Nun trifft er als Co-Trainer erneut auf die Panther – und setzt auf seine stärkste Sturmreihe.

Herr Hecht, die Adler sind mit einer 0:4-Niederlage in das Viertelfinale gegen die Kölner Haie gestartet, haben die Serie am Ende aber vorzeitig gewonnen. Wie haben Sie das Ruder noch herumgerissen?

Jochen Hecht: Die Serie war sehr körperlich, sehr anstrengend für beide Mannschaften. Es war ein sehr hartes Viertelfinale. Wir wussten, dass Köln sehr physisch spielt. Es war sehr umkämpft bis zum Schluss.

Vier Partien endeten mit nur einem Tor Unterschied, das Torverhältnis lautete am Ende 18:16. Was hat schließlich den Ausschlag gegeben, dass Mannheim die Serie gewonnen hat?

Hecht: Ich glaube, dass wir mit drei, vier Reihen mehr Substanz hatten, das Tempo länger hochhalten konnten. Das Unterzahlspiel hat super funktioniert gegen Köln, und das Überzahlspiel hat auch zum richtigen Zeitpunkt Tore geschossen.

Im Halbfinale treffen die Adler nun auf den ERC, gegen den Ihr Team in der Hauptrunde dreimal gewinnen konnte. Erwarten Sie ein enges Duell, oder sehen Sie sich in der klaren Favoritenrolle?

Hecht: Nein, ich glaube eher, dass Ingolstadt in der Favoritenrolle ist. Die haben das ganze Jahr durch sehr gut gespielt, sie haben Heimvorteil, ihr Überzahl funktioniert in den Play-offs super. Da finde ich, sind wir eher der Außenseiter.

Die Powerplay-Quote konnten die Panther allerdings erst im letzten Viertelfinalduell gegen die Düsseldorfer EG mit drei Treffern aufbessern, wohingegen Mannheim mit 86,96 Prozent die stärkste Unterzahlquote aller Play-off-Mannschaften hat. Werden die Special Teams eine Schlüsselrolle im Duell spielen?

Hecht: Auf jeden Fall. In jeder Play-off-Serie können Special Teams einen Unterschied machen. Ingolstadt hat gegen uns in der regulären Saison eine hohe Prozentzahl an Überzahltoren geschossen, deswegen wird das auf dem Prüfstein sein. Wir haben gegen Köln sehr viele Strafzeiten genommen und müssen gegen Ingolstadt natürlich von der Strafbank wegbleiben.

Welche Stärken und Schwächen der Panther haben Sie ausgemacht?

Hecht: Sie spielen ein sehr schnelles Eishockey, das Umschaltspiel ist sehr gut bei ihnen, sie machen es sich im eigenen Drittel einfach, die Verteidigung bewegt die Scheibe schnell, und der Torwart ist auch ein guter Rückhalt für sie.

Torwart und Verteidigung des ERC werden wohl in erster Linie durch die Adler-Sturmreihe mit David Wolf, Matthias Plachta und Tyler Gaudet auf die Probe gestellt, die gegen Köln insgesamt neun Tore und zwölf Vorlagen beisteuerte.

Hecht: Ja, die müssen natürlich die Serie an sich reißen. Die müssen ein Statement setzen, stark spielen und den Rest der Mannschaft mitziehen.

Im Tor der Adler überraschte Arno Tiefensee mit einer Fangquote von 91,37 Prozent und hat zumindest in der Statistik im Vergleich zu Ingolstadts Michael Garteig die Nase vorn. Wie wahrscheinlich ist es, dass es zu einem Duell der Torhüter wird?

Hecht: Ich glaube, jede Serie ist ein Torwartduell. Im Viertelfinale waren es mit Arno Tiefensee und Mirko Pantkowski zwei junge Torleute, und für Ingolstadt spricht jetzt natürlich, dass sie mehr Erfahrung im Tor haben.

Im Duell Mannheim gegen Ingolstadt treffen große, kräftige Spieler auf eher kleine und wendige. Welche Mannschaft könnte da im Vorteil sein?

Hecht: Puh, das ist schwer zu sagen. Beide Mannschaften haben Vorteile. Jeder muss halt entsprechend seiner Stärken spielen. Die Ingolstädter sind wendig und schnell, die müssen wir in Schach halten.

Die Adler wackelten im Hauptrundenendspurt mit sechs Niederlagen aus sieben Spielen ungewohnt stark. Wie haben Sie sich mental aufgerafft, um zurück zum Erfolg zu finden?

Hecht: Wir haben uns auf unser Spiel konzentriert. Wir wussten: Wenn die Play-offs losgehen, werden die Uhren neu gestellt. Wir mussten einfach nur die Stärken unserer Mannschaft hervorheben, um alle auf einen Kamm zu bringen.

Mannheim und Ingolstadt stehen sich in den Play-offs zum vierten Mal gegenüber – die Panther konnten noch keine Serie für sich entscheiden. Was ist das Erfolgsgeheimnis der Adler?

Hecht: Ich war nur einmal Teil dieser Serien, 2015 konnten wir Meister werden gegen Ingolstadt. Bei den anderen Serien kann ich nicht mitsprechen.

Sie wurden 2015 nicht nur Meister, sondern auch Topscorer und Play-off-MVP der Mannheimer. Welche Erinnerungen haben Sie daran?

Hecht: Das war eine super Finalserie. Ich weiß noch, dass wir daheim in einem Spiel richtig auf die Mütze bekommen haben. Damals hatten uns viele Leute schon abgeschrieben. Aber wir hatten eine starke Mannschaft, die an sich geglaubt hat, deswegen sind wir am Schluss Meister geworden.

Das Interview führte

Julia Pickl.


ZUR PERSON
Jochen Hecht wurde 1997 und 1998 Deutscher Meister mit Mannheim und startete dann eine erfolgreiche Karriere in Nordamerika. Nach 892 NHL-Partien kehrte der Center in seine Geburtsstadt zurück und wurde 2015 noch einmal Meister mit den Adlern, die in der Finalserie den ERC mit 4:2 besiegten. Für Mannheim bestritt der 45-Jährige 431 Partien. Er nahm an sechs Weltmeisterschaften und drei Olympischen Spielen teil.

DK