Interview
Handballerin Lisa Antl: „Wir sind jetzt im EM-Modus“

Die gebürtige Ingolstädterin hat mit der Nationalmannschaft eine unruhige Vorbereitung hinter sich

03.11.2022 | Stand 22.09.2023, 3:48 Uhr

Durchsetzungsstark am Kreis: Lisa Antl. Foto: Imago Images

Ingolstadt – Nach massiven Vorwürfen psychischer Gewalt und der fristlosen Kündigung zweier Spielerinnen von Borussia Dortmund, dem derzeitigen Verein der gebürtigen Ingolstädterin Lisa Antl, ist eine volle Konzentration auf die EM-Vorbereitung für die Frauen der Handball-Nationalmannschaft derzeit mehr als schwierig. Im Gespräch mit unserer Zeitung äußert sich die 22 Jahre alte Kreisläuferin aus Gaimersheim zur aktuellen Situation vor dem Turnierstart am Samstag gegen Polen (20.30 Uhr).

Frau Antl, Sie bereiten sich mit der DHB-Auswahl seit 24. Oktober auf die EM vor: Wie ist die Stimmung im Team?
Lisa Antl: Die Stimmung ist absolut sensationell, wir haben während der Vorbereitungswoche in Großwallstadt täglich hart trainiert und freuen uns jetzt auf den Start der EM.

Sie haben vor knapp einem Jahr Ihr Debüt in der Nationalmannschaft gefeiert und sind nun fester Bestandteil des Teams – haben Sie damit gerechnet?
Antl: Ich würde mich nicht unbedingt als Stammspielerin bezeichnen, das hängt auch davon ab, wie der Trainer den jeweiligen Gegner einschätzt und ob er mit drei Kreisläuferinnen an den Start geht. Ich fand es überragend, dass ich letztes Jahr durch die Kadernominierung die Chance bekam, mich zu beweisen und bin sehr stolz darauf, dass mir nach dem Trainerwechsel auch Markus Gaugisch weiterhin das Vertrauen schenkt und mich für die Zukunft einplant.

Inwieweit belasten die Diskussionen um psychische Gewalt im Handball und die Vorwürfe gegen den Ex-Trainer Ihres Vereins André Fuhr verbunden mit der fristlosen Kündigung zweier Mannschaftskolleginnen die Vorbereitungen auf die EM?
Antl: Zunächst möchte ich betonen, dass ich höchsten Respekt vor der Entscheidung der beiden Spielerinnen habe. Natürlich betrifft mich persönlich dieses Thema ganz besonders, weil ich zuletzt permanent darauf angesprochen wurde – mein Handy hörte gar nicht mehr auf zu klingeln. Außerhalb unserer Mannschaft ist es ein dauerhafter Diskussionspunkt, mit dem wir von Seiten der Medien ständig konfrontiert werden. Aber wir funktionieren als Team, stehen füreinander ein und konzentrieren uns auf den Handball.

Es wurde angekündigt, die Thematik innerhalb der DHB-Auswahl aufzuarbeiten – in welcher Form hat das stattgefunden?
Antl: Es gab bereits viele Gespräche – die ganze Problematik ist keinesfalls ein Tabu-Thema. Jeder, der Hilfe in Anspruch nehmen oder über die Sache reden möchte, kann sich jederzeit an Menschen innerhalb des Teams, an den Trainerstab oder an unsere Sportpsychologen wenden. Zudem wurde vom DHB eine unabhängige Kommission berufen, die sich der Aufarbeitung annehmen wird. Wir sind jetzt im EM-Modus.

Deutschland gehört bei der EM zur Gruppe D mit Polen, Montenegro und Spanien. Welche Chancen rechnen Sie sich aus – auch beim Auftaktspiel?
Antl: Das ist schwer vorherzusagen – ein Spiel kann immer in die eine oder andere Richtung kippen. Aber natürlich wollen wir oben angreifen und unser Team hat genug Qualität, die Vorrunde gut zu überstehen.

Gibt es für die danach folgende Hauptrunde ein ausgegebenes Minimalziel?
Antl: Nein, das gibt es nicht – aber natürlich hat jeder seinen persönlichen Anspruch. Dennoch muss man abwarten, wie die ersten Partien laufen. Wir wollen das Turnier als Team step by step angehen – das heißt für uns, zunächst den vollen Fokus auf die Vorrunde zu legen. Danach gibt es einen Cut und man konzentriert sich auf die folgenden Spiele.

Was haben Sie sich persönlich und mit dem Team für die EM vorgenommen?
Antl: Für unsere Mannschaft wünsche ich mir, dass unsere Anstrengungen belohnt werden, unser Selbstvertrauen bestätigt wird und wir eine gute Platzierung erreichen. Persönlich habe ich die gleichen Ziele wie letztes Jahr: Ich möchte weiter im Team ankommen, viel von den erfahrenen Spielerinnen lernen und einfach jede Sekunde des EM-Turniers aufsaugen.

DK


Das Gespräch führte
Sabine Kaczynski.