Kegelverein aufgelöst
Ende einer erfolgreichen Ära

In seiner fast 70-jährigen Geschichte feierte der Sportkegelverein Ingolstadt sogar Weltmeister – nun löst er sich auf

27.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:38 Uhr

Der letzte Vorstand des SKI: (von links) Helmut Schlittenlohr (Stellvertreter), Wolfgang Hofmann (Vorsitzender) und Manfred Zieglmeier (Kassier). Foto: privat

Ingolstadt – Eigentlich sollte der Sportkegelverein Ingolstadt e.V. (SKI) heuer sein 70-jähriges Bestehen feiern. Doch daraus wurde nichts, denn der Verein hat sich Ende Juni aufgelöst.

Schon vor drei Jahren stellten sich der Vorsitzende Wolfgang Hofmann, Stellvertreter Helmut Schlittenlohr und Kassier Manfred Zieglmeier nicht mehr zur Wahl. Trotz intensiver Bemühungen in der darauffolgenden Zeit übernahm niemand den Vorsitz, weshalb dann im April diesen Jahres erstmals die Vereinsauflösung auf der Mitgliederversammlung anstand. Von den eingeladenen 172 Mitgliedern kamen nur 18, zwei Drittel der Mitglieder mussten laut Satzung jedoch anwesend sein. Somit wurde einen Monat später eine weitere Versammlung einberufen, bei der nur noch von den anwesenden Mitgliedern drei Viertel der Auflösung zustimmen mussten. Auch dieses Mal kamen nur wenige, die 17 Anwesenden aber stimmten alle für die sofortige Vereinsauflösung. Die Ingolstädter sind nicht die einzigen, die ihren Keglerverein verabschieden mussten. Der einst erfolgreichste bayerische Keglerverein, der KV Nürnberg und auch der KV Schwabach sind ebenfalls Geschichte.

Im Jahr 2002 waren es noch 18, inzwischen gibt es nur noch neun Kegelklubs im nun aufgelösten SKI: den TSV Ingolstadt-Nord, den TSV Etting, den ESV Ingolstadt, den ESV Bavaria Ingolstadt, den TV 1861 Ingolstadt, KC Lastovka, TV Handfeste Ingolstadt, SC Gunvor Ingolstadt und Gut Holz Ingolstadt. Sie alle müssen sich nun über ihre Hauptvereine als Abteilungen beim Bayerischen Sportkegler- und Bowlingverband (BSKV) selbst für den Spielbetrieb anmelden.

Im „Feldschlössl“ fing alles an

Auch wenn es jetzt zur Auflösung kam, so erlebte der SKI auch äußerst erfolgreiche Zeiten. Die begannen bereits bei der Vereinsgründung im Jahr 1952. Unter dem damaligen Arbeitsdirektor der Auto Union , Franz Ferber, entstand mit Hilfe der ehemaligen Brauerei Schäffbräu Ingolstadt im Norden der Stadt im „Feldschlössl“ eine moderne Anlage mit jeweils zwei Asphalt- und zwei Bowlingbahnen. Bei der Vereinsgründung im Oktober 1952 formierten sich im „Asphaltlager“, wie es genannt wurde, die Kegelklubs „Alte Horcher“ (mit der Auto Union Riege) und „Blasius“ (mit den Ingolstädter Selbstständigen). Bei der Gründung mit dabei war auch der ESV, die Festroller und der Donauring. Kurz danach, im Januar 1953, traten auch der TV 1861, die Linke Gasse, Martini und Viktoria bei.

Auf den Bowlingbahnen trafen sich beim BCI alle mit sportlichem Ehrgeiz. Schon 1953 gab es ein sportliches Highlight, als aus der Asphalt-Weltmeisternation Jugoslawien Partisan Belgrad in der voll besetzten Sporthalle gastierte. In den Jahren danach war dann bei „Viktoria“ ein Sammelbecken der ambitionierten Asphalt-Sportkegler, deren größter Erfolg 1960 der zweite Platz bei den deutschen Meisterschaften in Köln war. Helmut Schmidt, Alex Grafe, Gert Gröpler, Helmut Kirchner und Viktor Grafe standen im Team. Sie waren bei dieser DM auch noch auf den Bowlingbahnen sehr erfolgreich. Mit dem BCI wurden Kirchner, Gröpler und Schmidt sowie Dreiucker und Gustav Gaul DM-Dritter. Gröpler wurde 1958 im schwedischen Helsingborg im Nationaltrikot Vizeweltmeister, 1960 war er bei der WM in Hamburg mit dabei und 1963 spielten er und Schmidt bei der WM in Mexico.

Bei den Asphaltkeglern entstand 1960 mit „Echo“ ein neuer Klub (heute TSV Nord), dem der damals erste Nachrichtensatellit seinen Namen gab. Sie waren über Jahre hinweg das Aushängeschild im SKI, im besonderen Sigi Nemitz, der in den Jahren 1968 bis 1982 elfmal Stadtmeister wurde.

Im Bowling erreichte Fritz Kettl 1958 bei der DM in Frankfurt Platz zwei. Bei den Senioren war der ESVler Paul Müller ein Serienmeister bei bayerischen- und deutschen Meisterschaften. Erfolgreichste Bowling-Dame in dieser Zeit war Lore Öxler, sie war 1963 bayerische Meisterin und nahm schon zuvor 1962 an der EM in Frankreich in Besancon teil, bei der auch Kirchner dabei war.

1977 entstand beim TV 1861 ein großes Bowlingcenter und die Bowlingspieler trennten sich vom SKI. Im „Feldschlössl“ wurden die zwei Bowlingbahnen durch zwei Asphaltbahnen ersetzt. Doch auch da endete in der langjährigen Keglerhochburg eine Ära, 2007 wurden alle Bahnen abgebaut und aus dem Keglerheim eine Übernachtungsmöglichkeit.

DJK-Damen holen WM-Titel

In der jüngeren Vergangenheit hielten im SKI vor allem die Damen die sportliche Ehre hoch. Über Jahre hinweg spielten die Damen des DJK Ingolstadt in der 1. Bundesliga. Cornelia Budy war zudem besonders erfolgreich, sie nahm mit der Nationalmannschaft an sechs Weltmeisterschaften (zweimal Gold) teil, hatte über 50 internationale Einsätze und hält bis heute mit 528 Holz auf 100 Wurf den Weltrekord. Auch Ute Beckert war als SKI-Athletin mehrmals WM-Teilnehmerin und gewann im Jahr 2000 Gold mit der Mannschaft. Budy und Beckert wurden zudem in die „Hall of Fame“ aufgenommen. Die Ingolstädterin Raphaela Kummer nahm an vier Weltmeisterschaften teil, im U18- und U23-Team war sie dabei viermal auf Platz eins – mit der Mannschaft und im Tandem. Zudem war sie zweimal Deutsche Meisterin bei den Damen.

Doch auch der Stern der DJK-Damen verblasste. Die größte Kegelhalle in Ingolstadt mit acht Bahnen bei der DJK wurde 2020 abgerissen und die Erstligamannschaft aufgelöst.

Heute sind in der Region bei den Herren der KRC Kipfenberg in der 2.Bundesliga Süd und der SV Zuchering in der Bayernliga die erfolgreichsten Klubs. Bei den Damen sind die Spielerinnen des KRC Kipfenberg aktuell in die 2.Bundesliga Süd aufgestiegen und die Damen des TSV Ingolstadt-Nord kegeln in der Bayernliga, Bayerns höchster Klasse.

sli