„Smart Mark“ gegen „Kill Bill“
Die Halbfinal-Gegner: Ingolstadt und Mannheim verfolgen unterschiedliche Konzepte – vor allem auf der Trainerposition

30.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:16 Uhr

In seiner ersten Saison in Deutschland hat Mark French den ERC Ingolstadt ins Playoff-Halbfinale geführt. Foto: Traub

Ein Meistertitel gegen acht Triumphe, Tempo gegen Wucht, Mannschaftstaktik gegen individuelle Klasse, „Smart Mark“ gegen „Kill Bill“ – das Play-off-Halbfinale zwischen dem ERC Ingolstadt und den Adlern Mannheim (ab diesem Freitag, 19.30 Uhr) ist in gewisser Weise ein Duell der Gegensätze.

Als Tabellenzweiter landeten die Panther knapp vor den Adlern, die Dritter wurden – doch die Stimmung in beiden Städten zum Ende der Hauptrunde unterschied sich doch deutlich. Während der ERC so viele Punkte wie noch nie in der Deutschen Eishockey-Liga sammelte und eine konstante Saison ohne größere Ausreißer aufs Eis legte, wirkte das stets hochambitionierte Mannheimer Starensemble immer orientierungsloser, je näher die Play-offs rückten. Trainer Bill Stewart kritisierte seine Spieler nach fünf Spielen ohne Sieg öffentlich – was bei denen nicht sonderlich gut ankam. „In Mannheim herrschte ein bisschen Tumult vor den Play-offs, durch die Niederlagen kam Nervosität rein“, sagt ERC-Profi Mirko Höfflin.

Doch längst haben sich die Nerven wieder beruhigt: Die letzten beiden Hauptrundenspiele gewannen die Adler, und im Viertelfinale setzten sie sich mit 4:2 Siegen gegen die Kölner Haie durch. Knackpunkt der Serie war neben den starken Leistungen des 20-jährigen Torwarts Arno Tiefensee der 4:3-Erfolg im fünften Spiel, als die Kurpfälzer in den letzten 32 Sekunden doppelt zuschlugen und noch gewannen. Besonders die Reihe um Matthias Plachta, Tyler Gaudet und David Wolf tat sich gegen die Haie mit insgesamt 21 Scorerpunkten hervor. Die Mannheimer verfügen aber auch dahinter über enorme individuelle Qualität: Die vierte Sturmformation bestand in den jüngsten Partien aus den Nationalspielern Markus Eisenschmid und Stefan Loibl sowie Youngster Simon Thiel.

Stewart, ein Trainer der alten Schule, Jugendfreund von Ex-ERC-Coach Doug Shedden und wegen früherer Skandale mit dem Spitznamen „Kill Bill“ versehen, schätzt den Halbfinalgegner aus Ingolstadt stärker ein als die Haie. „Ingolstadt hat einen ziemlich ähnlichen Game Plan wie Köln. Die Panther haben aber mehr Fähigkeiten und sind technisch versierter – gerade die Stürmer“, sagte der 65-jährige Kanadier dem „Mannheimer Morgen“. Er erwarte eine „interessante Serie, in die Ingolstadt als Favorit geht“ – auch weil „sie einen guten Trainer haben“.

Landsmann Mark French (51) ist tatsächlich fast so etwas wie der Gegenentwurf zu Stewart: ein kommunikativer, analytischer, taktisch variabler Trainer, der alle seine Profis mitnimmt. So ist es kaum verwunderlich, dass die Panther mannschaftlich geschlossener daherkommen als die Adler. „Ingolstadt spielt ein sehr modernes, taktisch geprägtes Eishockey“, klingt auch bei Tim Wohlgemuth Anerkennung für French durch. „Sie haben sehr gute Spieler, es gibt keinen Grund, sie zu unterschätzen“, ergänzt der Ex-Ingolstädter und aktuelle Adler, der zwei Viertelfinalspiele überzählig von der Tribüne verfolgen musste.

Umgekehrt hat jedoch auch der ERC keinen Grund, die Mannheimer auf die leichte Schulter zu nehmen. Denn wenn sie ins Rollen kommen, sind sie kaum zu stoppen – davon konnten sich die Ingolstädter am 3. März aus erster Hand überzeugen: Nach früher 2:0- und 3:1-Führung der Panther raufte sich Stewarts Team zusammen, kaufte dem Gegner den Schneid ab und gewann mit 6:3. Lean Bergmann und Eisenschmid trafen je dreifach.

Beide Teams zeigten sich in den Play-offs bislang zweikampfstark und im Schlussdrittel am treffsichersten. Mannheim war besser in Unterzahl, blockte mehr Schüsse und besitzt leichte Größenvorteile, während die Ingolstädter ihre Laufstärke, mehr Bullygewinne und das etwas erfolgreichere Powerplay vorweisen können. „Das Körperspiel wird in der Serie ein Schlüssel sein“, meint Adler Borna Rendulic.

DK