Challenge Roth
Danish Dynamite zündet: 24-jähriger Däne Ditlev knackt fast Frodenos Streckenrekord

03.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:37 Uhr

Erst sein zweites Langdistanzrennen – und was für eines: Mit 24 Jahren triumphierte Magnus Ditlev beim Rother Triathlon-Klassiker und lief fast Weltbestzeit. Foto: Imago Images

Von Christian Rehberger

Roth – Die erste Emotion überhaupt schien von ihm im Zielkanal zu kommen. Nach gut 7:35 Stunden Reisezeit grinste Magnus Ditlev erstmals, als er ins vollgepackte Rother Triathlonstadion einlief. Davor hatte der Däne geradezu stoisch die 3,86 Kilometer im Main-Donau-Kanal, 180 Kilometer auf dem Rad durch das südliche Mittelfranken und noch 42 Kilometer in den Laufschuhen rund um die Kreisstadt heruntergespult. Und das für sein Alter und die Rennerfahrung überraschend gleichmäßig, kontrolliert, abgeklärt – und unfassbar schnell. Gerade mal neun Sekunden fehlten dem 24-Jährigen aus der Nähe von Kopenhagen, um den Streckenrekord und die damalige Weltbestzeit (7:35:39 Stunden) zu unterbieten, die der große Jan Frodeno 2016 hier bei seinem Sieg beim Challenge Roth aufgestellt hatte.

Damit distanzierte Ditlev den anderen großen deutschen Hawaii-Sieger Patrick Lange mit über neun Minuten Rückstand auf Platz zwei. Taumelnd kam der Challenge-Vorjahressieger im Ziel an, völlig fertig vom schnellsten Marathon, der in Roth bisher gelaufen wurde (2:35:10 Stunden). Doch selbst der reichte dem 35-jährigen Lange nicht für Ditlev an dessen perfektem Tag. „Chapeau vor Magnus, eine unglaubliche Weltklasseleistung“, sagte der Wahl-Salzburger, als er wieder Luft hatte. Er selbst habe „einiges an Lebensenergie“ heute auf der Strecke gelassen. „Ein harter Tag. Ich habe ab der ersten Minute gekämpft.“

Das musste er, weil zunächst Frodeno (siehe auch eigener Artikel) und der Freiburger Maurice Clavel wie Schnellboote durch den Kanal geprescht waren, sich ohne Neoprenanzug ein kleines Polster (1:30 Minuten) auf die Mit-Favoriten herausschwammen. Im Gegensatz zu Lange konnte der starke Radfahrer Ditlev auf der ersten Straßenrunde schnell die Lücke zu dem Führungsduo schließen. Mit dem Schweden Robert Kallin und dem Brasilianer Robert Colucci (am Ende Dritter) rasten sie als Fünfer-Express durch die Landschaft – während Lange allein auf weiter Flur im Sattel kämpfte. Minute um Minute bekam der gebürtige Hesse aufgebrummt. Mit satten zwölfeinhalb Minuten Rückstand auf Frodeno und Ditlev konnte er erst auf seine Paradedisziplin gehen und die Aufholjagd versuchen. Würde der (nach Frodenos Ausstieg) führende Ditlev nach seinem Parforceritt auf dem Rad nicht einbrechen? Der Däne hatte die – bei allerdings über die Jahre wechselnden Routen – beste Rother Radzeit aller Zeiten eingefahren: 4:01:56 Stunden. Historisch schnell. Auch Frodeno war unter der alten Marke des Australiers Cameron Wurfs geblieben.

„Frodos“ Erzrivale Lange konnte es kaum fassen. „Ich bin auf dem Rad so schnell angegangen wie noch nie“, sagte er. Und dennoch hatte er einen Packen für den Marathon aufgebunden bekommen – von dem er im Duell mit dem dänischen Newcomer auf dem anspruchsvollen Stadtkurs tatsächlich nicht mehr herunterkam und sich irgendwann mit Platz zwei anfreunden konnte. „Ich bin unglaublich stolz“, sagte Lange, der nach einem schweren Radunfall erst vor ein paar Wochen operiert worden war. „Die Schulter tut noch scheiße weh“, sagte er nach den Strapazen.

Für die Sektdusche nach der Siegerehrung konnte der Arm noch herhalten. Die hatte sich Ditlev mehr als verdient. „Ein perfekter Tag“, sagte der junge Mann völlig perplex über die eigene Leistung, „alles perfekt“. Aber auch die Rahmenbedingungen beim legendären Langdistanz-Klassiker erstaunten ihn. „So ein Rennen habe ich noch nie bestritten. Die Zuschauer haben mich die ganze Zeit getragen. Unglaublich.“

So ziemlich das Einzige, was für Ditlev nicht nach Plan lief, war nach dem Zieleinlauf die Bierdusche mit dem Gebräu eines bayerischen Sponsors, das er sich tatsächlich über die Haare hinweg schüttete. Oder auch das war so kontrolliert und clever geplant, wie man es von einem 24-Jährigen nicht erwartet hätte. Seinen Namen wird sich die Triathlon-Familie, wie sie sich gern nennt, auf alle Fälle merken. „Eines der größten Triathlon-Talente, die wir haben“, würdigte Routinier Lange. Nicht nur aus Norwegen durch Ironman-Weltmeister Kristian Blummenfelt und Gustav Iden, sondern nun auch aus Dänemark haben die (alternden) deutschen Stars große Konkurrenz bekommen. Danish Dynamite zündete jedenfalls in Roth.

DK