Löwen im Umbruch
1860 München: Horst Heldt als neuer Sportdirektor ein Heilsbringer? Oder droht weiterer Ärger?

12.07.2023 | Stand 14.09.2023, 21:26 Uhr

Viel Arbeit hat Löwen-Cheftrainer Maurizio Jacobacci derzeit beim Traditionsklub aus München. Er fungiert auch als Aushilfs-Sportdirektor. Foto: Imago Images

Horst Heldt könnte neuer Sportdirektor beim TSV 1860 München werden. Der 53-Jährige hat Löwen-Vergangenheit, viel Erfahrung und ein gutes Netzwerk. Doch der Prozess ist – wie so vieles bei den Sechzigern – mal wieder kompliziert. Unterdessen nimmt die Mannschaft immer konkretere Gestalt an.

Lässt man alleine die Bilder der vergangenen Tage sprechen, wirkt es tatsächlich so, als bräuchten die Münchner Löwen gar keinen neuen Sportchef als Nachfolger für Günther Gorenzel. So viele neue Spieler wurden in der letzten Zeit zwar gar nicht an der Grünwalder Straße begrüßt (dafür 17 verabschiedet). Doch wenn, wie in dieser Woche der Leihspieler Kilian Ludewig von RB Salzburg, posiert inzwischen alleine Trainer Maurizio Jacobacci dort, wo vor kurzem noch Gorenzel gestanden hatte: neben den Neuzugängen. In etwa, als möchte der Schweizer sagen: Seht her, es läuft doch. Ein neuer Sportdirektor würde in der jetzigen Phase doch nur stören.

1860 München: Trainer Jacobacci könnte auch ohne Sportdirektor

Dabei könnte man dem Italo-Schweizer ja vielleicht uneingeschränkt zustimmen, sein Engagement würdigen, gäbe es bei den Löwen nicht die Möglichkeit – und diese ist offenbar greifbar – eine Person wie Heldt trotz der finanziell limitierten Möglichkeiten des TSV 1860 für diese Aufgabe zu gewinnen. Präsident Robert Reisinger macht keinen Hehl daraus, dass er das lieber gestern als heute getan hätte, verkündete bei der Mitgliederversammlung am Sonntag selbstbewusst, dass „1860 in Kürze wieder einen Sportlichen Leiter mit Format haben“ werde.

Ein solcher wäre Heldt, der von 1995 bis 1999 das Löwen-Trikot trug, in München wohnt, sofort verfügbar wäre und viel Erfahrung (aus Stuttgart, Schalke, Hannover und Köln) mitbringen würde, zweifellos. Die unmittelbare Drittliga-Expertise fehlt zwar, aber er wäre einer fürs Image, einer mit Löwen-Herz, einer mit Kompetenz und Netzwerk. Einer, von dem zum Beispiel auch Stefan Lex nach seinem Karriereende mit Anschlussvertrag lernen könnte, wie dessen Manager Michael Koppold auf Anfrage unserer Zeitung betont. Kurzum: eine gute Sache für 1860?

1860 München: Was die Sportdirektorensuche erschwert

Nun, ganz so einfach ist es bei den Löwen (eben) nicht, was wohl vor allem damit zu tun hat, dass sich Trainer und Investorenseite derzeit gar keinen neuen Sportchef wünschen. „Wenn in diesem Moment jemand kommen würde, wäre es schwierig“, meinte Jacobacci. „Wir sind weit in den Planungen fortgeschritten, sodass das jetzt wahrscheinlich keinen Sinn machen würde.“ Das mag für diese Transferperiode stimmen, entbindet die Münchner aber anderseits ja nicht von längerfristigen Entscheidungen. Überliefert ist auch, dass mit Heldt 2016 schon einmal alles klar gewesen, dieser aber kurz darauf mit erhöhten finanziellen Forderungen angekommen sein soll.

Vor allem die Seite von Geldgeber Hasan Ismaik sieht (vielleicht auch deshalb) aktuell keinen Handlungsbedarf, während Marc-Nicolai Pfeifer, aktuell alleiniger Geschäftsführer der KGaA und Vermittler zwischen den weit auseinanderstehenden Positionen, noch zögert. Er entscheidet letztlich. Derweil ploppen – ähnlich wie bei der wochenlangen Trainersuche im Frühjahr – täglich andere Kandidaten auf (Christoph Janker, Fredy Bickel). Bis sich das Thema Heldt erledigt hat? Die Löwen wären nicht die Löwen, wenn nicht auch solche, an sich positive Entwicklungen als vereinsinterner Zankapfel taugen würden.

Währenddessen nimmt zumindest die Mannschaft, die sich der Trainer für seine erste komplette Drittliga-Saison vorstellt und (im Rahmen der Möglichkeiten) zusammenstellt, immer konkretere Formen an. Der 23-jährige Verteidiger Ludewig, der auf Leihbasis nach München kommt, ist der achte externe Neuzugang, bringt Erfahrung aus der Bundesliga (Schalke) und den ersten Ligen in den Niederlanden, Österreich und Dänemark mit. Andere Akteure (Bonga, Frey, Guttau, Starke, Zejnullahu) kennen vor allem die deutsche 2. und 3. Liga oder gelten (wie Kaan Kurt) als großes Talent.

1860 München: Mannschaft bekommt neues Gesicht

Mit etwas Verzögerung setzt sich langsam ein Konzept zusammen, das den Beweis seiner Qualität allerdings noch schuldig ist. Vor allem offensiv drückt der Schuh. In fünf Testspielen – unter anderem gegen den SV Ried (0:3) und den Linzer ASK (0:2) während des Trainingslagers in Windischgarsten – blieb das neue Team dreimal torlos. An diesem Samstag (16 Uhr) folgt ein weiterer Test beim Kreisligisten TSV Wemding im Nördlinger Ries.

Insbesondere ein Stürmer soll vor dem Start (4.-6. August zu Hause gegen Waldhof Mannheim) definitiv noch kommen, um nach den Abgängen zahlreicher Leistungsträger wie Torschützenkönig Marcel Bär eine weitere Lücke zu schließen. Sollte in den nächsten Tagen Vollzug gemeldet werden, wird es wohl vorerst bei den inzwischen bekannten Bildern bleiben: mit Trainer Jacobacci neben dem Neuzugang.