Wiesbaden
Immer mehr Frauen engagieren sich in Jagdrevieren

07.07.2022 | Stand 21.07.2022, 11:01 Uhr

Jägerin Petra Proschek - Petra Proschek ist oft im Revier eines Jagdfreundes im Untertaunus unterwegs. - Foto: Boris Roessler/dpa

Die Jägerschaft ist nicht nur mit der Jagdbüchse im Wald unterwegs. Eine wichtige Aufgabe ist auch der Naturschutz. Im hessischen Jagdverband engagieren sich für diese Aufgaben immer mehr Frauen.

Jagdprinz, Kanzeln, Wild aufbrechen - «die Jäger haben schon eine ganz eigene Sprache», erzählt Petra Proschek. «Und es war eine Menge Stoff, den ich für die Jägerprüfung gelernt habe. Aber ich habe es nicht bereut.» Die 46-Jährige hat erst vor wenigen Wochen ihre Prüfung bestanden.

Rund ein Jahr hat der Kurs bei der Jägerschaft Wiesbaden gedauert. Nun kann die Medizinerin jederzeit im Revier eines Jagdfreundes im Untertaunus unterwegs sein: Mit dem Gewehr zur Jagd oder für Naturschutzprojekte.

Die dreifache Mutter ist über ihre Naturverbundenheit zur Jagd gekommen. «Eine Waffe hatte ich vorher noch nie in der Hand. Vor dem ersten Schießen hatte ich schon Hemmungen.» Mit ihrem Mann zusammen wollte sie sich ein neues Hobby suchen und ihren Kindern mehr Zugang zu Wald, Wiese und Tieren ermöglichen. Mit ihrer Intention liegt Proschek in einem stetig wachsenden Trend: Die Zahl der Frauen in der Jägerschaft steigt - bundesweit und auch in Hessen.

Die meisten Frauen ziehen die Ausbildung durch

Der Deutsche Jagdverband teilte nach einer Umfrage jüngst mit, dass der Anteil der Jägerinnen bundesweit seit 2016 um mehr als die Hälfte auf elf Prozent gestiegen ist. In Hessen liege der Frauenanteil sogar bei knapp zwölf Prozent und sei in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, berichtet der Sprecher des Landesjagdverbands, Markus Stifter. Die Quote der Frauen in den Kursen für die Jägerausbildung betrage im Land mittlerweile rund 25 Prozent, darunter seien oft auch junge Frauen. Die Zahl der Abbrecher sei sehr gering.

Rund 20 000 Jägerinnen und Jäger gibt es insgesamt in Hessen. Der Verband mit Sitz in Bad Nauheim ist ein Zusammenschluss von 53 hessischen Jagdvereinen. Neben der Betreuung und Beratung seiner Mitglieder ist er vor allem für die Aus- und Fortbildung sowie für Projekte zum Schutz und dem Erhalt von Wildtieren und ihren Lebensräumen zuständig.

Naturverbundenheit motiviert

Vor ungefähr zehn Jahren habe der Trend begonnen, dass mehr Frauen in Hessen Mitglied im Verband wurden und die Jägerprüfung machten, berichtet Stifter. Als Begründung werde dabei oft eine große Naturverbundenheit, das Thema gesunde Ernährung und der Wunsch nach Gestaltungsmöglichkeiten im Naturschutz etwa beim Anlegen von Blühstreifen und Wildwiesen oder der Ausbildung von Jagdhunden genannt.

In Hessen wird auf rund 1,8 Millionen Hektar Wald und Feld die Jagd ausgeübt. Der Landesbetrieb Hessenforst kümmert sich mit seinen Försterinnen, Förstern und Jagdgästen um rund 240 000 Hektar (13 Prozent) der Fläche. 87 Prozent der hessischen Jagdfläche wird durch die private Jägerschaft betreut. Auch bei Hessenforst steigt die Zahl der Mitarbeiterinnen kontinuierlich an und liegt nach Angaben einer Sprecherin mittlerweile bei rund 23 Prozent.

Rehwild, Wildschweine und Waschbären

Hessen ist trotz seiner dichten Besiedlung ein wildreiches Land. Gerade der Bestand von Rehwild, Wildschwein und Waschbär steigt in einigen Regionen an. Die Populationsgrößen übersteigen dabei regional teilweise die Tragfähigkeit der Lebensräume. Die Folge sind Schäden in den Wäldern, was auch zu Problemen für die Wiederbewaldung führt. Auch die landwirtschaftliche Bodennutzung kann unter überhöhten Wildbeständen leiden. Deshalb muss nach Einschätzung der Jäger und auch des hessischen Umweltministeriums durch eine geregelte Jagdausübung gegengesteuert werden.

Im Jahr 2021 wurden von der Landesregierung für Projekte der Jagdvereine und die institutionelle Förderung des Landesjagdverbandes insgesamt rund 589 000 Euro bewilligt. Für das laufende Jahr wird sich die finanzielle Unterstützung laut Umweltministerium nach einer vorläufigen Planung auf rund 639 000 Euro belaufen. Bei der Förderung gehe es um die Schießstätten der Jagdvereine, von Untersuchungen zu Lebensräumen und das Jagdgebrauchshundewesen.

Jagdabgabe wird fällig für den Schein

Die zur Verfügung gestellten Fördermittel stammen nach Angaben des Landesjagdverbands aus der Jagdabgabe, die jede Jägerin und jeder Jäger bei Ausstellung oder Verlängerung des Jagdscheins bezahlen muss. Die Ertüchtigung der Schießstände sei dringend nötig, um den Forderungen zur Verwendung von bleifreier Munition beim Übungsschießen Rechnung zu tragen.

Von der finanziellen Unterstützung des Landes wird so auch Jungjägerin Proschek bei ihrer Arbeit im Revier profitieren. Sie selbst hat auch einige Investitionen in ihr neues Hobby gesteckt. Der Kurs für die Jägerausbildung kostete rund 1000 Euro. Dazu kam die Anschaffung von Ausrüstung wie Gewehr, Zielfernrohr, Fernglas und Nachtsichtgerät sowie warmer und wetterfester Kleidung und Fachliteratur.

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