«Keine Angst»
Bei Sophie Graf kommen Pferde zur Ruhe

26.07.2022 | Stand 01.09.2022, 11:45 Uhr

Sophie Graf - Sophie Graf, Pferdetrainerin, lässt bei einer Übung das Pferd «Chico» auf der Weide ihres Pferdezentrums in Dithmarschen steigen. - Foto: Christian Charisius/dpa/Produktion

Gelernt hat sie bei Pferdeflüsterer Monty Roberts: Mit seiner Methode der gewaltfreien Arbeit mit Pferden hilft die Pferdetrainerin Vierbeinern. Auch ein wilder Hengst wurde wieder ruhig.

Der spanische Hengst «El Toro» senkt seinen eleganten Kopf nach unten, scharrt abwechselnd mit den Hufen und lässt sich dann behutsam auf den Boden fallen. Zur Belohnung bekommt der Rappe ein Leckerli von Pferdetrainerin Sophie Graf.

«El Toro ist noch jung und hat manchmal die Aufmerksamkeitsspanne eines Kleinkindes», erklärt Graf, warum die Übung nicht gleich auf Anhieb geklappt hat. Bevor der Hengst zu ihr kam, war er ungestüm und sehr wild - und hatte seine ehemalige Besitzerin mehrfach abgeworfen. Seit Sophie Graf sich um das Pferd kümmert, ist «El Toro» viel ruhiger geworden und lässt sich problemlos reiten. «Ich habe noch nie ein Pferd aufgegeben», sagt die 32-Jährige.

Seit 2011 leitet die junge Frau mit den blonden Haaren das nach ihr benannte Pferdezentrum in Schmedeswurth in Dithmarschen. «Schon immer haben mich Pferde, deren Sanftmut, Kraft und Intelligenz fasziniert», sagt Graf im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Mit sechs Jahren fing sie an zu reiten. Als ihre Mutter an Tuberkulose erkrankt, zieht die Familie von Hamburg an die Nordsee. Der Vater, ein Architekt, saniert den alten Hof in Dithmarschen. Als die Eltern sich trennen, übernimmt Sophie mit 21 Jahren den Hof und macht daraus ein Pferdezentrum - zuvor hatte sie unter anderem eine Ausbildung bei Pferdeflüsterer Monty Roberts in Kalifornien gemacht.

«Gewalt ist niemals die Antwort»

«Seine Maxime «Gewalt ist niemals die Antwort» gibt meine tiefste Überzeugung auch und gerade im Umgang mit Pferden wieder», sagt die 32-Jährige. Am Anfang trainiert sie die Pferde nur, später kommen verschiedene Therapiemöglichkeiten für kranke Pferde hinzu. «Wenn ein Pferd buckelt, beißt oder tritt, müssen wir immer herausfinden: Warum tut es das? Es hat ja immer einen Grund und es gibt immer eine Vorgeschichte», erklärt Graf ihren Ansatz. Jedes Pferd, das beritten wird, werde zunächst physiotherapeutisch und osteopathisch untersucht, Hufschmied, Pferdedentist und Sattler beurteilen das Tier und die Ausrüstung. Erst danach beginnt das eigentliche Training.

«Wie der Mensch hat jedes Pferd seinen individuellen Charakter, den es zu erkennen und zu stärken gilt», sagt Sophie Graf. Deshalb müsse man immer schauen, welche Methode zu welchem Pferd passt. Dabei müsse natürlich auch der Besitzer miteinbezogen werden. «Die Besitzer sind später beim Training immer dabei, denn es bringt ja nichts, wenn es nur bei mir funktioniert», sagt die 32-Jährige. Als eines ihrer Pferde Asthma bekommt, baut sie einen Stall entsprechend um und schafft eine Umgebung für Tiere, die unter Atemwegsproblemen leiden. Die jodhaltige Luft der Nordsee tut den Atemwegen der Tiere ebenfalls sehr gut.

Jeden Tag besser dank Nordseeluft und Behandlung

Zu den Lungenpatienten gehören auch Hannoveraner-Stute «Sunshine» und Island-Pferd «Stella», die zusammen auf einem Paddock stehen. Über der Nase haben die beiden Pferde einen Inhalator. Stute «Sunshine» kam mit akuter Atemnot. Nach einer Tierärztlichen Untersuchung bekommt sie nun eine Lösung aus Cortison, Sole und Schleimlöser. «Sie ist gegen alles allergisch, gegen das ein Pferd nicht allergisch sein sollte: Stroh, Schimmelpilze, Pollen», erklärt Graf. Als das Pferd zur Therapie kam, war es total abgemagert. «Die Stute hatte so schlecht Luft bekommen, dass ihr sogar das Fressen vergangen ist», sagt Graf. Dank der Nordseeluft und der Behandlung gehe es ihr nun jeden Tag besser.

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