Königsschlösser, Kneipp-Bäder und Käse – klar, all das gehört zum Allgäu. Doch dieses wunderbare Wanderland birgt viele weitere Schätze, besonders entlang der 876 Kilometer langen „Wandertrilogie“ und auf neuen Kurztouren.
Wälder und Weiden, Hügel, Berge und Schluchten, Bäche und Moore, Höfe und Städte machen das Allgäu zu einem echten Facetten-Reich. Und das lässt sich auf der Wandertrilogie ausgiebig erkunden. „Wir haben die Landkarte neu geschrieben“, so beschreibt Christa Fredlmeier von der Allgäu GmbH den Aufwand beim Konzipieren und Gestalten dieses Fernwanderwegs („ein Leuchtturm“) durch das ganze Allgäu. 34 Tourismusorte galt es für dieses in Deutschland einmalige Projekt ins Boot zu holen. Auch Geldgebern gefiel die Idee, so dass 3,2 Millionen Euro an öffentlichen Fördermitteln flossen – eine Rekordsumme für einen Wanderweg. Vor zehn Jahren ist er eröffnet worden.
Wandern mit Kneipp oder dem „Kini“
Die Geschichten, die Wanderer auf 54 Etappen erfahren (auf Info-Tafeln, in Begleitheften oder von Wanderführern) folgen dem, was Natur und Geschichte vorgegeben haben. Und so sind Sebastian Kneipp oder König Ludwig II. Helden solcher Geschichten, aber auch Moore, Flüsse oder die Schmuggler an der Grenze zu Österreich. Längst ist der Leuchtturm auch abseits der Hotspots um Rundwege ergänzt worden. Auf (Halb-)Tagestouren lassen sich Kultur und leichtes Wandern bestens kombinieren – auf den 13 „Glückswegen“ zum Beispiel, zehn für Wanderer, drei für Radfahrer. Die 6,2 Kilometer lange Glückstaler-Runde in Mindelheim gehört dazu. Sie eignet sich auch für Familien.
Wer besonders intensiv in Natur und Kultur eintauchen will, wandert mit Christel Lidel. Mit buntem Rock, Kräuterbüschen am Gürtel und einem Buckelkorb voller Überraschungen ist sie schon optisch eine interessante Erscheinung. Noch beeindruckender ist das Wissen der Stadträtin und Floristin über die Naturschätze in diesem Mischwald rund um die Burg.
Die Geschichten, die Christel zwischen Naturlehrgarten, Walderlebnis- und Bienenlehrpfad auspackt, fesseln Kinder wie Erwachsene: Vor einer mächtigen Eiche, einem geschützten Naturdenkmal, holt sie ein altes Buch aus ihrem Korb und liest ein Gedicht über eine Eiche vor. Oder sie reicht einen Handspiegel herum, damit jeder Wanderer im Selbstversuch spürt, wie bereichernd ein Perspektivenwechsel in Richtung Baumkronen sein kann.
Glückstaler erinnern an Münzschatzfund
Entlang des Weges sind tatsächlich große, goldenfarbene Glückstaler ausgelegt – in Erinnerung an einen Münzschatzfund 1990 in der Nähe. Das Südschwäbische Archäologiemuseum in Mindelheim zeigt Teile dieses Schatzes aus dem 2. Jahrhundert vor Christus. Die 16000-Einwohner-Stadt hat sogar sechs Museen zu bieten, darunter ein Textil-, ein Krippen- und ein Turmuhrenmuseum.
In die Hügellandschaft des Westallgäus taucht man auf dem Premiumwanderweg „Wald und Wiese“ (10,7 km, 215 m Auf- und Abstieg) in Oberreute ein. Das Deutsche Wanderinstitut hat im Westallgäu drei Wander- und vier Spazierwege mit insgesamt 64 Kilometer Länge mit dem Premium-Titel ausgezeichnet – ein wertvolles Prädikat auch für die kleine Gemeinde Oberreute, ein David unter etlichen Goliaths im Allgäu. Der Wald- und-Wiesen-Weg, auf dem man auf weiten Strecken wie auf einem dicken, weichen Teppich wandert, liegt im Naturpark Nagelfluhkette und führt durch Bergfichtenwälder, über Bergwiesen mit großer Blumenvielfalt und grasenden Kühen, vorbei an Mooren und entlang unverbauter Bäche. Immer wieder laden an Lichtungen Holzliegen oder Hängematten zu einer Pause ein – häufig bei Sonnenschein. Denn der kleine Luftkurort Oberreute nahe der österreichischen Grenze zählt zu den sonnenreichsten Orten Deutschlands. Regen ist trotzdem so ergiebig, dass auf Westallgäuer Wiesen eine einzigartige Vielfalt an Gräsern und Kräutern wächst, die Feinschmecker im Allgäuer Käse entdecken. Milchkühe fressen sich an dieser Vielfalt satt. Sie bekommen weder Silage noch gentechnisch verändertes Futter.
Bei den Mauchers dreht sich alles um Käse
Bergkäse ist in der Naturkäserei Maucher in Oberreute der Verkaufsschlager unter 15 Sorten, erzählt Junior-Chefin Steffi Maucher. Georg Maucher und sein Sohn Nico haben erst in diesem Jahr den Betrieb mit Ladengeschäft, Café (mit hausgemachten Kuchen) und Schaukäserei eröffnet. Auf sieben Wochenmärkten in der Region sind ihre Käse-, Joghurt- und Milchprodukte aus „Demeter“-Heumilch begehrt. Seit diesem Frühjahr werden auch Schaf- und Ziegenmilch verarbeitet. Außergewöhnlich ist die Energieversorgung des Neubaus: Eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach hat eine Spitzenleistung von 99 kW. Der so gewonnene Strom betreibt eine Eiswasseranlage. Sie erzeugt 0,5 Grad kaltes Wasser zur Kühlung der Milch und des Käsekellers. Mit der Abwärme wird das Gebäude beheizt.
Ein Designer prägt das Stadtbild
Isny, die über 1000 Jahre alte ehemalige Freie Reichsstadt, ist eine außergewöhnlich vielschichtige Kleinstadt. Eine markante Stadtmauer samt Wehrgang, Türme und Tore treffen hier auf modernes Design. 136 Motive hat der Designer und Wahl-Allgäuer Otl Aicher (bekannt vor allem durch die visuelle Gestaltung der Olympischen Spiele 1972 in München) für Isny gestaltet, präzise in schwarzen Strichen auf weißem Grund – ein Exempel moderner Stadtwerbung. Etliche Großformate grüßen am Ortseingang, zieren Mauern und Fassaden und sogar lokale Produkte wie Gin und Schokolade.
INFORMATIONEN
Durch das gesamte Allgäu spannt sich das Weitwanderwegenetz der „Wandertrilogie Allgäu“. Drei Routen in drei Höhenlagen (für „Wiesengänger, Wasserläufer und Himmelsstürmer“) verbinden auf insgesamt 876 Kilometern in 54 Etappen die Hügellandschaft im Norden, das Voralpenland und das Gebirge im Süden. Ergänzt wird dieses Netz durch weitere Rundwege für Tages- und Halbtagestouren.
ÜBERNACHTEN
•Landhotel Krone in Oberreute
•Hotel Reos in Isny
•Hotel Diana in Oberstaufen
EINKEHREN
•Restaurant Hirsch im Zentrum von Isny
•Altstaufner Einkehr in Oberstaufen
•Naturkäserei Maucher mit Brotzeitstube und Café in Oberreute
GENIESSEN UND LERNEN
Groß ist das Angebot an Workshops, Kräuter- und Brauereiführungen, Käseschulen, Kochkursen, Sennereibesuchen und Brennereibesichtigungen. Infos unter www.kraftquelle-allgäu.de.
www.wandertrilogie.allgaeu.de
www.westallgaeu.de
www.glueckswege-allgaeu.de
Auf drei Abschnitten der Wandertrilogie Allgäu ist Redakteurin Ingrid Frisch mit Unterstützung der Allgäu GmbH gewandert.
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