Von Sebastian Fleischmann
Die Schönheit der Alpen soll bestehen bleiben: Der Schweizer Tourismus hat sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben. Erstmals gibt es nun in Kooperation mit den Reka-Feriendörfern mit „Swisstainable Kids“ auch ein spezielles Angebot für Familien, bei dem Naturerlebnis und spielerische Umweltbildung im Vordergrund stehen.
Ein heller Schrei hallt durch das Flussbett, zwei Kinderhände schnellen in die Höhe. Ja, es ist Gold! Zwar ist das kleine Korn am Boden der blauen Kunststoffpfanne nur mit genauem Blick zu erkennen. Doch der Schimmer ist eindeutig, das eigenhändige Kiesschaufeln im Flussbett und das geduldige Schwenken der Pfannen haben sich also gelohnt. Der materielle Wert? Überschaubar. Der Erinnerungswert? Durchaus groß – auch weil Priska Berther das Goldkörnchen mit einem breiten Grinsen gleich mit dem Finger aufpickt und routiniert in einer kleinen, mit Wasser gefüllten Ampulle abstreift. Fertig ist die Erinnerung an das Urlaubsabenteuer: Gold aus dem Rhein.
Das Goldwaschen im jungen Rhein nahe dem pittoresken Alpendorf Disentis im Kanton Graubünden gehört zum Programm von „Swisstainable Kids“, einem Angebot, das die nationale Tourismusorganisation „Schweiz Tourismus“ in Kooperation mit den Reka-Feriendörfern speziell für Urlaubsgäste aus Deutschland zusammengestellt hat. Premiere feiert es im Sommer 2024 in zwei der insgesamt elf Reka-Feriendörfer in der Schweiz in Disentis sowie in Sörenberg nahe Luzern, jeweils abgestimmt auf die Gegebenheiten vor Ort.
Gold und Kristalle – die Glanzstücke der Alpen
Die „Glanzstücke“ der Alpen, Gold und Kristalle, nehmen dabei in Disentis eine zentrale Rolle ein – und natürlich auch der Rhein. Die Quelle des Vorderrheins liegt nur wenige Kilometer entfernt. In Sörenberg steht hingegen die Biosphäre Moor im Mittelpunkt.
123,1 Gramm – so schwer war das größte Goldnugget, das je im Vorderrhein bei Disentis gefunden wurde – zumindest offiziell. „Man munkelt, dass es auch noch größere gegeben hat“, sagt Sandro Cavegn und lacht. Gemeinsam mit Priska Berther bietet er im Sommer Goldwaschkurse an. Im Winter verdingt er sich als Skilehrer. Gruppen lässt er gerne an seinem geologischen Wissen teilhaben, ehe es mit Gummistiefeln, Schaufeln, Pfannen und Metallrinnen an die „Arbeit“ geht. Etwa, dass der Jungrhein auf seinem Weg durch die Alpen allerhand Schwermetalle aus dem Fels wäscht – neben Gold auch noch Pyrit, Magnetit oder Granat.
Das direkte Naturerlebnis – man steht beim Goldwaschen mitten im ruhig vor sich hin gurgelnden Rhein, aus dem man hier sogar noch trinken kann – in Verbindung mit einem Gefühl von Abenteuer und Informationen aus erster Hand: Diese Kombination findet sich gleich mehrfach in dem einwöchigen „Swisstainable-Kids“-Programm. Ebenfalls auf der Agenda stehen etwa eine Kräuterwanderung mit einer einheimischen Expertin oder eine Wanderung zur Rheinquelle am Fuße des knapp 3000 Meter hohen Piz Badus.
Leuchtturm erinnert an Rhein-Mündung
Ein kleiner Marketing-Gag sorgt hier übrigens regelmäßig für ungläubige Blicke: Auf dem Oberalppass auf gut 2000 Metern steht ein Leuchtturm. Er ist jenem Exemplar nachempfunden, das einst an der Rhein-Mündung an der Nordsee in den Niederlanden stand.
Auch Besuche im Benediktiner-Kloster von Disentis, verbunden mit einem Eis-Workshop, und im örtlichen Kristallmuseum stehen auf dem Programm. Denn neben Gold haben die Glarner Alpen in Graubünden auch noch weit mehr „Glänzendes“ zu bieten. Ein Teil der Angebote findet auch direkt auf dem Gelände des Reka-Feriendorfs am höchsten Punkt des 2000-Einwohner-Orts Disentis statt. Gemeinsam wird etwa eine Bündener Nusstorte gebacken, eine süße Spezialität der Region. Und auch ein Insektenhotel können Kinder mit ihren Eltern zusammenschrauben.
In freien Stunden, die das abwechslungsreiche Wochenprogramm von „Swisstainable Kids“ natürlich auch lässt, droht freilich ebenfalls keine Langeweile: Das hauseigene Hallenbad lädt zum Planschen und Schwimmen ein, am Abenteuerspielplatz der Anlage inklusive Wasserspielen kann die Goldsuche nach Herzenslust fortgesetzt werden. Auch ein eigener Bolzplatz gehört zum Dorf.
Hauptaugenmerk liegt auf Familien aus Deutschland
Die Ursprünglichkeit der Natur genießen, das öffentliche Verkehrsnetz nutzen, die lokale Kultur erleben, regionale Produkte konsumieren, längere Aufenthalte an einem Ort statt vieler Kurztrips: Diese Art von Reisen hat der Schweizer Tourismus seit 2021 unter die Überschrift „Swisstainable“ – ein Kofferwort aus den englischen Wörtern „Swiss“ („Schweizer“) und „Sustainability“ („Nachhaltigkeit“) – gestellt. Anbieter können sich seither drei Ausprägungsstufen für das von der Hochschule Luzern entwickelte Programm bestätigen lassen.
Mit „Swisstainable Kids“ gibt es nun erstmals eine gezielte Fokussierung auf Familien – und zwar bewusst auf deutsche. Denn die beiden Programme gehen erst spät im August über die Bühne, wenn in fast allen Kantonen der Schweiz die Sommerferien bereits beendet sind.
Urlauber bekommen dabei freilich bisweilen auch recht ungewohnte Klänge zu hören: In der Region um Disentis wird zwar in erster Linie Deutsch gesprochen. Viele Einheimische kommunizieren aber untereinander auf Rätoromanisch – neben Deutsch und Italienisch ebenfalls Amtssprache in Graubünden.
INFORMATIONEN
Die Schweiz möchte sich als nachhaltiges Tourismusziel etablieren. Ein Angebot speziell für Familien gibt es nun in Disentis im Kanton Graubünden.
„SWISSTAINABLE KIDS“
Das von „Schweiz Tourismus“ in Kooperation mit den Reka-Feriendörfern entwickelte Programm für nachhaltigen Familienurlaub feiert im Sommer 2024 in zwei der insgesamt elf Reka-Feriendörfer in der Schweiz Premiere : von 17. bis 24. August in Disentis sowie von 24. bis 31. August in Sörenberg nahe Luzern. Zwar gilt die Schweiz für Deutsche als eher teures Reiseland. Preislich sind die beiden „Swisstainable-Kids“-Wochen aber durchaus mit Trips in „günstigere“ Zielländer vergleichbar: Die Woche in Disentis gibt es für eine dreiköpfige Familie mit Programm und Unterbringung in einem 2,5-Zimmer-Appartement ab 1500 Euro.
ANREISEN
Die Schweiz hat ein bestens ausgebautes Schienennetz; ganz im Sinne der Nachhaltigkeit empfiehlt sich also die Anreise per Bahn. Dann lässt sich auch entspannt die teils atemberaubende Alpen-Landschaft genießen, vor allem der Abschnitt mit der Rhätischen Bahn zwischen Chur und Disentis durch die enge Rheinschlucht ist spektakulär. Von München aus dauert die Fahrt etwa fünfeinhalb Stunden.
ÜBERNACHTEN
Die Schweizer Reisekasse, kurz: Reka, ist eine Non-Profit-Organisation, die es sich seit 1939 zur Aufgabe gemacht hat, Urlaub für jedermann erschwinglich zu machen. Mittlerweile betreibt die Genossenschaft unter anderem elf Feriendörfer in der Schweiz. In Disentis gehören neben dem Hauptgebäude inklusive großzügigem Hallenbad sechs weitere Häuser mit Ferienwohnungen zur Anlage.
www.reka.ch
www.myswitzerland.com
Redakteur Sebastian Fleischmann reiste auf Einladung von Schweiz Tourismus und Reka nach Disentis und versuchte ebenfalls sein Glück als Goldwäscher.
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