Wanderschuhe statt Ski: Was im Winter die Sellaronda ist, soll im Sommer die Dolomites Ronda sein. Die Wanderrouten führen auf unterschiedlich anspruchsvollen Routen durch Südtirols Berglandschaft.
Es gibt in den Tälern Südtirols die abenteuerlichsten Geschichten von Menschen, die sich auf die Herausforderung Sellaronda gewagt haben. Einige Heldenerzählungen preisen diejenigen, die die traumhafte Skiroute durch die Dolomiten – immerhin 40 Kilometer lang – gleich dreimal an einem Tag geschafft haben. Und dann gibt’s die Geschichten von bedauerlichen Gestalten, denen ihre Selbstüberschätzung zum Verhängnis wurde. Es freuen sich dann vor allem die Taxiunternehmer, wenn mal wieder einer gestrandet ist. Die Dunkelheit schon über ihn hereingebrochen, die letzte Gondel zurück auf den Berg bereits abgefahren – und das abendliche Quartier in einem ganz anderen Tal als in dem, in dem er sich gerade befindet. Da hilft dann nur der Griff zum Handy samt Anruf beim Transportdienst. Ein ebenso verlässliches wie lukratives Geschäft für die Taxler, heißt es.
Eine Wanderreise für alle Fitness-Level
Die Möglichkeit des Nicht-Schaffens bis zur letzten Liftfahrt macht vielleicht auch den Reiz der Sellaronda aus. Und sie ist ja auch viel zu schön, teils atemberaubend, um sie nicht einmal selbst bewältigt zu haben. Problem bisher: Man musste dafür einigermaßen gut Skifahren können. Und Schnee braucht es, logischerweise. Auch so ein Thema in Zeiten des Klimawandels.
Die limitierenden Faktoren sind ab diesem Jahr Geschichte. Die Tourismusregion „Dolomiti Supersommer“ hat eine Sellaronda für den Sommer entwickelt. Die Dolomites Ronda führt Wanderer aller Fitness- und Erfahrungsgrade durch die bizarre Berglandschaft – und das ohne die Gefahr, zur abendlicher Stunde in einem fremden Tal „liegenzubleiben“. Der regionale Tourismusverbund hat in Zusammenarbeit mit dem Innsbrucker Reiseanbieter „ASI Reisen“ eine Mehrtagestour durch die „bleichen Berge“ zusammengestellt, die in ihrem Mix aus Komfort und Anstrengung bisher einzigartig ist. Bis zu fünf Etappen können Urlauber durch die schönsten Passagen der Dolomiten zurücklegen.
„Wandergewohnheiten haben sich in den letzten Jahren geändert“
Damit auch einzig der Weg das Ziel bleibt, ist für das Drumherum gesorgt: Gepäcktransport, Unterkünfte, Liftfahrten. Bei der Konzeption habe man sich, sagt ASI-Geschäftsführer Ambros Gasser, bewusst von den zehn bestehenden Dolomiten-Höhenwegen abheben wollen: „Die Wandergewohnheiten haben sich in den letzten Jahren geändert. Die Höhenwege sind sehr anspruchsvoll. Dabei musst du dein Gepäck selbst tragen, geschlafen wird auf Hütten.“
Die Dolomites Ronda ist dagegen fast schon eine Luxus-Mehrtageswanderung. Geschlafen wird in Drei- oder Vier-Sterne-Hotels, ein Wanderführer ist immer dabei. Verlässlichkeit bei maximaler Flexibilität, das sei die Maxime gewesen, sagt Gasser. „Wir wollten nicht eine starre Route kreieren, sondern mehrere Abschnitte, die flexibel miteinander kombiniert werden können.“
Und auch innerhalb der Etappen kann je nach Tagesform oder -laune zwischen einer leichten, mittelschweren und anspruchsvollen Variante gewählt werden. Dabei sollen weniger ambitionierte Wanderer keinen Nachteil in Sachen Panorama und Erlebnis haben. Dass das klappt, zeigt etwa die Etappe über beziehungsweise rund um das Rosengarten-Massiv. Die anspruchsvolle Route ist ein Kletterabenteuer inmitten der schroffen Felsformationen. Es geht über Steige – teils versichert, teils unversichert – bis hinauf auf 2723 Meter auf die Santnerpasshütte. Wenn nicht gerade Nebelschwaden über das Massiv ziehen, ist der Blick von hier in Richtung Marmolata, die Königin der Dolomiten, atemberaubend.
Und doch: Auch Wanderer auf der mittelschweren und leichten Route − Letztere führt den Fassaner Höhenweg entlang – müssen auf den Anblick des mit 3343 Metern höchsten Bergs der Dolomiten nicht verzichten. Auch die weiteren Etappen bieten täglich Highlights: So geht es zum Beispiel durch den wildromantischen Naturpark Puez-Geisler, wo entweder gemütlich vorbei an saftigen Almwiesen gewandert werden kann – oder anspruchsvollere Bergsteiger einen Abstecher auf den 2673 Meter hohen Gardenaccia machen können.
Wer Abenteuer will, muss auf Komfort nicht verzichten
Die Philosophie der Macher der Dolomites Ronda: So viel Genuss wie möglich, so viel Aufwand für den Reisenden wie nötig. So ist bewusst auch geplant, unspektakuläre Abschnitte zwischen den Etappen mit dem ÖPNV zurückzulegen. „Wir haben versucht, den Transport und damit auch den Komfort zu optimieren“, sagt „ASI“-Chef Gasser. Dazu gehört auch, dass der Ausgangs- und Endpunkt der Mehrtageswanderung, die Seiser Alm, gut an den Nahverkehr angeschlossen ist und Gäste bei der Anreise nicht aufs Auto angewiesen sind.
Und so gibt’s gleich noch einen zusätzlichen Anreiz: Wer mit dem Zug in Richtung Norden abreist, muss an Bozen vorbei. Nach fünf Tagen Wandern – auf welchem Schwierigkeitslevel auch immer – kann man hier im mediterranen Flair die Seele und die Füße baumeln lassen.
Redakteur Alexander Augustin durfte Abschnitte der Dolomites Ronda auf Einladung von Dolomiti Supersommer und ASI Reisen bereits vorab erwandern.
Die Dolomites Ronda soll sich als Sommer-Pendant zur Sellaronda etablieren. „Dolomiti Supersommer“ bietet die Mehrtagestour mit Projektpartner „ASI Reisen“ 2024 erstmals an.
ANREISEN
Die autofreie Anreise nach Südtirol ist zu empfehlen – und geht mit der Bahn unkompliziert. Zwischen München und Bozen fährt mehrmals täglich ein Eurocity-Zug. Fahrtzeit: rund vier Stunden.
ÜBERNACHTEN
Wer die Dolomites Ronda in Angriff nimmt, muss auf Komfort nicht verzichten. Unterkünfte (drei oder vier Sterne) und Transfers (samt Gepäck) gehören zum Paket.
www.dolomitesronda.com
www.asi.at
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