Gerichtsurteil
Scheidung trotz psychischer Erkrankung eines Ehepartners

20.09.2022 | Stand 20.09.2022, 18:49 Uhr

Zwei Luftballons, die ein Ehepaar darstellen, auf dem Boden - Wenn das Gericht eine Ehe als gescheitert ansieht, spricht auch keine psychische Erkrankung eines Partners dagegen. - Foto: Christian Charisius/dpa/dpa-tmn

Darf die Scheidung versagt werden, weil sie für einen Ehepartner als besondere Härte empfunden werden würde? Eine psychische Erkrankung reicht dafür laut einem Urteil jedenfalls nicht automatisch aus.

Auch wenn ein Ehepartner psychisch krank ist und sich sein Zustand durch eine Scheidung möglicherweise verschlechtert, kann eine Ehe trotzdem geschieden werden. Auf ein entsprechendes Urteil weist die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin.

Im konkreten Fall hatte sich ein Ehepaar auf Wunsch der Frau getrennt. Ein Jahr später beantragte der Mann die Scheidung. Die Frau lehnte ab. Sie habe zwar die Trennung gewollt, aber ihr Wunsch sei, dass ihr Mann ihr innerhalb der nächsten drei Jahre beweise, nicht mehr alkoholabhängig zu sein. Dann könne man über eine neue Lebensgemeinschaft nachdenken.

Suizidgefahr oder länger Trennungsunterhalt?

Darüber hinaus leide sie an Depressionen und sei grundsätzlich suizidgefährdet. Bei einer Scheidung sehe sie noch weniger Perspektiven im Leben, argumentierte die Frau. Der Ehemann vermutete dagegen hinter der Nichtzustimmung zur Scheidung, dass sie dadurch länger Trennungsunterhalt bekommen wolle.

Die Scheidung fand trotzdem statt. Die Lebensgemeinschaft sei gescheitert, stellte das Gericht fest. Der Mann wolle die Scheidung, die Frau lehne ja derzeit auch ein Zusammenleben ab. Härtegründe lägen auch nicht vor. Für die Ablehnung einer Scheidung kämen nur solche Härten in Frage, die durch die Scheidung selbst entstünden. Eine Härte dagegen, die durch das Scheitern der Ehe verursacht sei, genüge nicht.

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