Noch immer Nachholbedarf
Ehe für Alle: Mehr als 65.000 Trauungen seit Einführung

05.07.2022 | Stand 17.08.2022, 15:41 Uhr

«Ehe für alle» - Seit Einführung der Ehe für alle im Jahr 2017 sind mehr als 65.000 gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen worden. - Foto: Britta Pedersen/ZB/dpa

Vor fünf Jahren wurde die Ehe für Alle beschlossen, seit Oktober 2017 dürfen gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Der Lesben- und Schwulenverband spricht von einem großen Stück gesellschaftlicher Gleichberechtigung - aber sieht noch immer Nachholbedarf.

Seit Einführung der Ehe für alle im Jahr 2017 sind in Deutschland mehr als 65.000 gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen worden. Stand Ende vergangenen Jahres liegen die Frauen etwas vorne: So wurden knapp 33.300 Ehen zwischen Frauen und gut 32 300 zwischen Männern gezählt, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte.

«Die Ehe für Alle hat für Schwule und Lesben endlich ein großes Stück gesellschaftliche Gleichberechtigung gebracht», sagte Stefanie Lünsmann-Schmidt aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) in Berlin.

Bundestag und Bundesrat hatten die Ehe für alle vor fünf Jahren, kurz vor der Sommerpause 2017, beschlossen, also die rechtliche Gleichstellung homosexueller mit heterosexuellen Partnerschaften, einschließlich des uneingeschränkten Adoptionsrechts. Seit dem 1. Oktober 2017 können gleichgeschlechtliche Paare heiraten.

Umwandlungen von eingetragenen Lebenspartnerschaften

Zuvor hatten diese nur die Möglichkeit, eine Lebenspartnerschaft amtlich eintragen zu lassen. Ein Teil davon wurde seitdem in Ehen umgewandelt. «Ohne Umwandlungen von eingetragenen Lebenspartnerschaften waren es bis Ende 2021 insgesamt 36.800 gleichgeschlechtliche Eheschließungen», erklärten die Statistiker. «Wir sehen auch an der hohen Anzahl der umgewandelten Lebenspartnerschaften in Ehen, dass der Zugang zur Ehe notwendig, gewollt und richtig war», sagt Lünsmann-Schmidt.

Gesetzlicher Nachholbedarf

Doch der LSVD sieht immer noch gesetzlichen Nachholbedarf: «Wir benötigen ein Abstammungsrecht, in dem Kinder von Beginn an zwei Eltern haben und in der queere Paare nicht, trotz gemeinsamen Kinderwunsch und gemeinsamer Erziehung, durch ein aufwendiges gerichtliches Adoptionsverfahren müssen», sagte Lünsmann-Schmidt.

Das betreffe besonders lesbische Paare, wenn eine durch eine künstliche Befruchtung Mutter werde und der anderen weiterhin nur die Stiefkindadoption bleibe. «Der Gesetzgeber muss hier endlich Regelungen schaffen.»

Zahl der Ehen zurückgegangen

Laut der Statistik ist die Zahl der gleichgeschlechtlichen Ehen zurückgegangen. Im Jahr 2021 waren es laut den Angaben deutschlandweit 8700, und damit 12,4 Prozent weniger als 2020, als gut 9900 homosexuelle Paare geheiratet hatten. Aus den Daten geht zudem hervor, dass die Frauen über die Jahre aufgeholt haben: 2017 wurden 45 Prozent der gleichgeschlechtlichen Ehen zwischen Frauen geschlossen, 2021 waren es 53 Prozent.

Als eines der letzten Länder in Westeuropa hat die im übrigen die Schweiz gerade die Ehe für alle eingeführt. Menschen gleichen Geschlechts ist es dort erst seit vergangenem Freitag (1. Juli) erlaubt, einander zu heiraten.

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