In Schweigen gehüllt
Was macht eigentlich eine Patentprüferin?

09.08.2021 | Stand 16.08.2022, 8:25 Uhr

Patentprüferin - Patentprüferin Veronika Kleißl braucht für ihren Beruf auch viel juristisches Wissen. - Foto: Tobias Hase/dpa-tmn

Ist eine technische Erfindung eine echte Innovation, die patentierbar ist? Veronika Kleißl will das ganz genau wissen. Im Job-Protokoll erzählt sie, was die Arbeit als Patentprüferin ausmacht.

Alles ist geheim, vorerst dringt nichts nach außen. Wer im Technik-Bereich etwas Neues ausgetüftelt hat und dies patentieren lassen will, darf erst einmal nicht darüber sprechen. Auch Veronika Kleißl hüllt sich über die Erfindungen, die bei ihr tagtäglich auf dem Schreibtisch landen, in Schweigen. Sie ist Patentprüferin im Bereich Medizintechnik beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in München

Sie prüft, ob eine als technische Neuerung eingereichte Erfindung tatsächlich neu ist, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht und gewerblich anwendbar ist. Dafür recherchiert sie den relevanten weltweiten Stand der Technik. Auf Basis dieser Ergebnisse analysiert sie die Erfindung. Dafür hat sie im Schnitt gerade mal um die zwei Tage Zeit. Hier erzählt sie aus ihrem Berufsleben.

Der Weg in den Job

Ich habe Feinwerk- und Mikrotechnik in München studiert und mich dabei auf Medizintechnik fokussiert. Promoviert habe ich an der RWTH Aachen in Medizinphysik, eines der zentralen Fächer in meinem Ingenieurwissenschafts-Studium. Später war ich eine Zeit lang in der neurowissenschaftlichen Forschung tätig und habe Methoden im Bereich der Magnetresonanztomographie entwickelt.

Beim Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Bonn arbeitete ich als Leiterin der Abteilung «Wissenschaftliche Strategie». Nach Berufsjahren im Rheinland zog es mich eines Tages wieder zurück in meine Heimat, nach München. Dort habe ich nach spannenden Job-Perspektiven Ausschau gehalten und bin auf das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) gestoßen.

Die Voraussetzungen

Mich interessierte beim DPMA die Tätigkeit als Patentprüferin. Ein mit Master oder Diplom abgeschlossenes Hochschulstudium in einem technischen oder naturwissenschaftlichen Studiengang, zum Beispiel Maschinenbau, Elektrotechnik, Physik oder andere Naturwissenschaftlichen, ist Pflicht.

Daran sollte sich in der Regel eine fünfjährige berufliche Tätigkeit im Bereich der Technik oder Naturwissenschaft, beispielsweise auch im Rahmen einer Promotion, anschließen. Diese Voraussetzungen erfüllte ich. Ich habe mich beworben und wurde genommen.

Wie ich zur Patentprüferin qualifiziert wurde

Ich musste, wie alle anderen Bewerber auch, eine 18-monatige Qualifizierung durchlaufen. In dieser Phase wurde ich durch zwei erfahrene Patentprüfer im Sinne eines Mentoring ausgebildet und durfte von Anfang an echte Patentanmeldungen bearbeiten. Die intensive persönliche Betreuung war das eine.

Das andere war ein Qualifizierungsprogramm mit Lehrveranstaltungen sowie Gruppen- und Einzelschulungen. Mir war anfangs gar nicht klar, dass für die Patentprüfer-Tätigkeit so umfangreiche juristische Kenntnisse nötig sind. Ich habe viele Patentrechtskurse absolviert.

Daneben ging es zum Beispiel auch darum, mit der für die Prüftätigkeit nötigen Software vertraut zu werden und die verschiedenen Recherchetools kennenzulernen. Denn wir bearbeiten unsere Schutzrechtsverfahren durchgängig elektronisch - bis hin zum Versand von Beschlüssen und Bescheiden.

So sieht der Arbeitsalltag aus

Ich sitze vor dem PC und habe es mit digitalen Akten zu tun. Darin sind Erfindungen beschrieben, die ich auf ihre Neuheit, ihre erfinderische Tätigkeit und ihre gewerbliche Anwendbarkeit prüfe. Dazu nutze ich unsere Recherchetools, mit denen ich Zugang zu Datenbanken aus der ganzen Welt habe.

Zu meinen Aufgaben gehört auch, mit den Anmeldern beziehungsweise mit ihren Patentanwälten zu kommunizieren. Mitunter finden auch Anhörungen mit Patentanwälten statt - zum Beispiel mit dem Ziel, Details der Erfindung zu klären. Ein Prüfungsverfahren endet dann meist entweder mit einem «Ja, patentierbar» oder einem «Nein, nicht patentierbar».

Die guten Seiten des Jobs

Die Tätigkeit ist ungemein anspruchsvoll. Und außerdem sehr vielfältig. Man weiß heute schon, wie der Stand der Technik morgen sein wird. Toll ist auch, dass ich Beruf und Familie - ich bin Mutter von zwei kleinen Kindern - prima unter einen Hut bringen kann. Ich kann mir die Arbeitszeiten selbst einteilen und auch alles von zu Hause aus erledigen.

Was nicht jedem gefallen wird

Man sitzt viel alleine am Rechner und recherchiert. Ob jemand das als Nachteil empfindet, ist Typ-Sache. Für mich ist es jedenfalls kein Nachteil. Ein weiterer Punkt ist das Einkommen einer Patentprüferin. Weil man verbeamtet im öffentlichen Dienst arbeitet, kann das Brutto-Jahresgehalt niedriger als in manchen Positionen der freien Wirtschaft sein. Netto gleicht sich das aber oft wieder aus, da Beamte keine Sozialabgaben zahlen müssen. Zudem bietet die Tätigkeit im öffentlichen Dienst eine gewisse Sicherheit.

Verdienst und Berufsaussichten

Angehende Patentprüfer starten beim DPMA als Bundesbeamtin oder Bundesbeamter im höheren technischen Dienst. Sie werden Regierungsrätin oder Regierungsrat (Besoldungsgruppe A13). Das Einstiegsgehalt hängt von den Berufsjahren ab. So können Zeiten im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft nach dem Master- oder Diplomabschluss angerechnet werden.

Nach drei Jahren werden Patentprüfer in der Regel Beamtin oder Beamter auf Lebenszeit, nach vier Jahren Oberregierungsrätin oder Oberregierungsrat (Besoldungsgruppe A14) und nach fünf Jahren Regierungsdirektorin oder Regierungsdirektor (A15).

Das DPMA sucht nach eigenen Angaben laufend fähige Leute aus Technik und Naturwissenschaften. Im Herbst 2021 startet eine neue Einstellungskampagne, der Standort in Jena wird ausgebaut.

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