Job-Protokoll
Was macht eigentlich eine Diätköchin?

08.12.2022 | Stand 08.12.2022, 17:45 Uhr

Diätköchin Olga Rul mit Kelle - Mit viel Einfühlungsvermögen und Empathie kümmert sich Diätköchin Olga Rul um die spezielle Ernährung der Bewohnerinnen und Bewohner des Spezial-Pflegeheims Hennigsdorf. - Foto: Bernd Diekjobst/dpa-tmn

Essen kochen, das verschiedenen Bedürfnissen gerecht wird - und noch gut schmeckt: Im Job-Protokoll erzählt Olga Rul, was sie in ihrem Beruf glücklich macht und warum es regelmäßig «Tote Oma» gibt.

Wer ältere oder pflegebedürftige Angehörige nicht mehr selbst betreuen kann, wünscht sich einen Ort der Geborgenheit für sie. Professionelle Einrichtungen wie Senioren- oder Pflegeheime sollen die Lücke füllen.

Als ausgebildete Diätköchin möchte Olga Rul den Bewohnerinnen und Bewohnern im Spezial-Pflegeheim Hennigsdorf in Brandenburg mit ihren Gerichten ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Im Job-Protokoll erzählt die 47-Jährige, was die Favoriten auf dem Speiseplan sind, warum es nicht nur um guten Geschmack geht und welche Seiten ihrer Arbeit wirklich herausfordernd sind:

Mein Weg in den Beruf:

Schon mit 17 habe ich in Russland eine Ausbildung zur Köchin angefangen, musste sie aber abbrechen, als ich nach Deutschland gezogen bin. Hier konnte ich im Jahr 2000 meine Ausbildung aber abschließen.

Nach der Geburt meiner Kinder und meiner Elternzeit bin ich letztendlich über einige berufliche Umwege und zehn Jahren selbstständigem Unternehmertum mit meinem Mann zurück zum Kochen gekommen.

Aus einfachsten Zutaten tolle Gerichte zu kochen und damit Menschen glücklich machen - das hat mich schon immer fasziniert, das wollte ich wieder machen. Ich habe schließlich drei Jahre lang in einer Pflegeeinrichtung in Kremmen gearbeitet und anschließend in einem Seniorenheim in Hohen Neuendorf.

Ich arbeite gerne mit alten Menschen, sie sind so dankbar, haben spannende Lebensgeschichten und ich habe seit jeher einen guten Draht zu Älteren. Letztendlich habe ich von meinem derzeitigen Arbeitgeber Emvia Living das Angebot bekommen, die Weiterbildung zur Diätköchin zu machen. Ich habe sofort ja gesagt.

Nach einem Jahr hatte ich mein Zertifikat in der Hand. Ich habe viel Neues gelernt - und finde es nach wie vor spannend, dass es viele Erkrankungen gibt, bei denen man mit der richtigen Ernährung schon weiterhelfen kann.

Die Aufgaben einer Diät-Köchin:

Als Diätköchin arbeite ich nun in der Küche eines Pflegeheims in Hennigsdorf. Dabei tauschen mein Team und ich uns eng mit den Pflegekräften und Hausärzten aus. Wir erstellen und planen Ernährungs- und Speisepläne nach besonderen diätetischen Vorgaben und kochen Mahlzeiten, die zum Beispiel speziell auf die Bedürfnisse von Bewohnern mit Unverträglichkeiten, Allergien, Mangelernährung, Schluckstörungen, gastroenterologischen Erkrankungen oder Demenz abgestimmt sind.

Wir bereiten das Frühstück, Mittag- und Abendessen zu. Aktuell versorgen wir drei Stationen und den Speisesaal. Der Abwasch gehört genauso zum Arbeitsalltag wie die Planung und die Bestellung der Lebensmittel für die kommenden Tage und Wochen. Sind die Bestellungen da, müssen die sortiert und verräumt werden. Und am Ende des Tages muss natürlich die Küche geputzt werden.

Die schönsten Seiten meines Berufs:

Ich lerne unglaublich viele nette und verschiedene Menschen mit ihren individuellen Lebensgeschichten kennen. Und ich freue mich, wenn ich sie mit meinen Speisen glücklich machen kann. Es ist einfach schön zu sehen, wenn das, was man zubereitet hat, auch allen schmeckt. Es ist ein nahezu magischer Moment für mich, wenn unsere Bewohnerinnen und Bewohner ihr Lieblingsgericht bekommen und die Augen strahlen.

Man sagt ja immer: Wenn der Koch glücklich ist, schmeckt auch das Essen. Diesen Grundsatz verfolge ich bei meiner Arbeit. Wir fragen regelmäßig bei unseren Bewohnerinnen und Bewohnern nach, was auf den Speiseplan soll. Am allerliebsten wird bei uns «Topfwurst» gegessen, also Blutwurst mit Kartoffeln und Sauerkraut. Aber auch Eintöpfe, etwa Kartoffel- oder Linseneintopf mit Wiener Würstchen, sind bei der älteren Generation sehr beliebt.

Die herausfordernden Seiten meiner Arbeit:

Wir müssen für die Arbeit im Pflegeheim sehr früh aufstehen. Weil ich meine Hunde und Hühner versorge, ist das aktuell bei mir 4.00 Uhr, dann beginne ich um 5.30 Uhr meinen Dienst mit der Vorbereitung des Frühstücks.

Körperlich ist die Arbeit natürlich herausfordernd. Wir nehmen die bestellte Ware an, räumen Kisten mit Brot oder Fleisch ein und sortieren Packungen mit Milch oder Quark. Und selbst die Kochtöpfe und Pfannen sind schwer. Wir kochen ja nicht nur für vier oder fünf Leute, sondern zum Teil für Hunderte Leute. Wir müssen schnell im Improvisieren und Umplanen sein, wenn bestellte Ware nicht kommt. Und auch Überstunden können mal vorkommen.

Insgesamt müssen wir bei der Speiseplangestaltung auf verschiedene Faktoren Rücksicht nehmen, um eine nährstoffreiche Ernährung mit genügend Vitaminen und Mineralstoffen sicherzustellen. Es gibt viele ältere Menschen mit Kaubeschwerden, andere vertragen keine Milch oder kein Gluten. Oft muss das Essen also auch püriert werden. Die Herausforderung ist dann, dass alles trotzdem appetitlich aussieht und schmeckt.

Demenzkranke wiederum haben oft einen großen Bewegungsdrang, sie brauchen mehr oder kalorienreichere Mahlzeiten. Während wir bei Menschen mit Übergewicht oder Stoffwechselerkrankungen hingegen auf eine angepasste Kalorienzufuhr achten müssen.

Ohne diese Eigenschaften geht es in meinem Beruf nicht:

Das Wichtigste ist in meinen Augen Mitgefühl und Empathie zu haben und den Bewohnerinnen und Bewohnern mit Respekt zu begegnen. Das haben sie verdient. Daneben braucht es Teamfähigkeit und Belastbarkeit. Wir arbeiten oft unter Zeitdruck, sind stundenlang auf den Beinen. Und auch im Sommer bei größter Hitze muss gekocht werden. Nur wenn man sich im Team gut versteht und sich aufeinander verlassen kann, läuft alles reibungslos.

Im Umgang mit älteren Menschen ist außerdem sehr viel Geduld gefragt. Die brauchen oft mehr Zeit, auch Stimmungsschwankungen sind normal. Heute hat ein Bewohner einen schlechten Tag, morgen dafür wieder einen guten Tag. Das darf man sich nicht zu Herzen nehmen.

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