Nicht mit dem Feuer spielen
So tauen Sie zugefrorene Leitungen auf

25.01.2023 | Stand 25.01.2023, 15:58 Uhr

Eiskristalle an einer Scheibe - Frostige Aussichten: An Wintertagen mit Minusgraden können Leitungen im Keller und Dachgeschoss sowie in Anbauten mit mehreren Außenwänden gefrieren. - Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa/dpa-tmn

Das Heizen ist teuer, aber wer nicht heizt, riskiert zugefrorene Wasserleitungen im Haus - und Leitungsplatzer. Wie kann man den Ernstfall abwenden, ohne Energie zu verschwenden?

Wer Energie sparen will, muss frieren? Im schlimmsten Fall gilt letzteres für Wasserleitungen - auch im Gebäude. Nämlich dann, wenn bei Minus-Temperaturen auf das Beheizen wenig genutzter Räume verzichtet wird und das Wasser in den Rohren gefriert. Das kann sehr teuer werden - gerade wenn die Leitung in der Folge platzt.

«Selbst in milden Wintern treten deshalb zahlreiche Schäden auf, weil es lokal immer zu Frostperioden kommt», sagt Hans-Hermann Drews vom Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer (IFS) in Kiel.

Gefährdet sind Leitungen im Keller und Dachgeschoss sowie in Anbauten mit mehreren Außenwänden, aber auch Ferienhäuser oder Außenanschlüsse, die zur Bewässerung des Gartens genutzt werden, zählt Michael Pommer von der DIY Academy in Köln auf. Aber auch in wenig genutzten Räumen - etwa früheren Kinderzimmern oder im Bügelraum, die im Winter nur bei Bedarf beheizt werden.

Risiko kann nach Sanierung gestiegen sein

Ein erhöhtes Risiko besteht auch bei Immobilien, die nicht durchgängig genutzt werden, zum Beispiel bei einem Eigentümerwechsel im Winter oder während einer Sanierung, so Schadensforscher Drews.

Doch auch in bewohnten Gebäuden kann das Risiko steigen, etwa nach Umbauten, sagt der Wissenschaftler: «Dann können zuvor geschützte Installationen plötzlich in frostgefährdeten Bereichen liegen. Das kann zum Beispiel an einer neuen Heizungsanlage liegen, die weniger Abwärme produziert und so nicht mehr auf die Umgebung abstrahlt.»

Trotzdem: Verursacher von Frostschäden wie Rohrbrüchen ist fast immer der Mensch, sagt Michael Pommer. «In der Regel werden Außenwasserleitungen frostsicher in mindestens 80 Zentimeter Tiefe im Erdreich verlegt. Demnach erreicht das Wasser auch bei niedrigen Temperaturen immer fließend das Gebäude.» Die entscheidenden Fehler werden also innerhalb der Gebäude gemacht, indem Zimmer nicht genug beheizt werden.

Erste Hilfe: Alle Wasserhähne öffnen

Und dort offenbaren sich zugefrorene Leitungen mitunter erst auf den zweiten Blick - zum Beispiel, wenn Heizungen nicht mehr warm werden oder es aus der Wasserleitung allenfalls nur noch tröpfelt.

Und dann? «Besonnen bleiben und trotzdem rasch handeln», sagt Heimwerkertrainer Michael Pommer. Als erste Maßnahme sollte die Hauptwasserzuleitung geschlossen und sämtliche Wasserhähne geöffnet werden, rät Hans-Hermann Drews. «Wenn Wasser gefriert, gewinnt es an Volumen und kann durch diese Ausdehnung schlimmstenfalls die Leitungen sprengen.» Macht man die Wasserhähne auf, nimmt das etwas Druck aus der Leitung und lässt getautes Wasser dann auch abfließen.

Beim Auftauen der Rohre sind offene Flammen wie Kerzen oder Gasbrenner tabu. «Durch sie kann der Druck weiter steigen, zudem können diese Flammen auch Brände verursachen», so Schadensforscher Drews.

Föhn, Heizkissen und nasse Handtücher

Erfolgversprechender ist es, gefrorene freiliegende Wasserleitungen mit einem Föhn oder Heizkissen zu erwärmen – allerdings aus einer gewissen Distanz. Denn auch hier darf das Rohr nicht zu schnell zu heiß werden, sonst drohen weitere Schäden. Alternativ können in heißes Wasser getauchte Lappen oder Handtücher auf die Rohre gelegt werden, um dort einige Minuten einzuwirken. Man beginnt mit dem Auftauen im Bereich des Wasserhahns und arbeitet sich schrittweise zur Zuleitung zurück.

Gleichzeitig sollte man versuchen, den gesamten betroffenen Raum zu erwärmen, zum Beispiel durch elektrische Heizkörper. Dies ist auch eine der wenigen Optionen, wenn man die zugefrorene Stelle hinter einer Verkleidung oder im Mauerwerk vermutet. Wenn das Wasser wieder fließt, ist der Stau beseitigt.

Aber mitunter kommt es doch zum Rohrbruch, es bilden sich feuchte Stellen an der Wand oder es tritt sogar Wasser aus. Als Sofortmaßnahme sollte man die Sicherungen ausschalten sowie die Wasserzuleitung zudrehen. Anschließend den Hausmeister, die vom Schaden auch betroffenen Nachbarn, einen Installateursbetrieb und die Versicherung verständigen.

Diese Versicherungen zahlen

Für die Versicherungen sind geplatzte Rohre Tagesgeschäft. «Rund 1,1 Millionen Leitungswasserschäden werden den Gebäude- und Hausratversicherern jährlich gemeldet», berichtet Kathrin Jarosch vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Also entsteht im Schnitt alle 30 Sekunden ein Leck – aus den unterschiedlichsten Gründen.

Schäden am Gebäude, die durch wasserführende Leitungen entstehen, übernimmt die Wohngebäudeversicherung. Diese summierten sich laut GDV im Jahr 2020 auf 3,3 Milliarden Euro. Die Hausratversicherung springt bei Schäden ein, die das ausgetretene Wasser an Teppichen, Einrichtungsgegenständen oder Kleidung verursacht. Diese addierten sich 2020 auf 280 Millionen Euro.

Aber: Bei grober Fahrlässigkeit kann der Versicherte auf einem Teil seines Schadens sitzen bleiben. Dies gilt zum Beispiel dann, wenn die betroffenen Räume nicht ausreichend geheizt wurden.

Was schützt - und was nur bedingt

«Daher sollten im Winter die Temperaturen auch in nicht genutzten Räumen nie unter 16 Grad sinken», rät Michael Pommer von der DIY Academy. Das «verhindert nicht nur Frostschäden, sondern auch Schimmelbildung.» Dort, wo das Beheizen unwirtschaftlich ist, zum Beispiel im Wochenendhaus, sollten die Leitungen in frostgefährdeten Bereichen entleert und die Zuleitung abgeriegelt werden.

Für Innenräume werden «Frostwächter» angeboten - Heizlüfter mit eingebautem Thermostat, die sich automatisch einschalten, wenn die Raumtemperatur unter einen voreingestellten Wert sinkt.

Doch vor eingefrorenen Leitungen schützt das nicht, sagt Schadensforscher Hans-Hermann Drews. «Diese Geräte überwachen die Raumtemperatur, messen aber nicht die Temperatur in Rohrleitungen, die in Wänden und Decken liegen. So entgeht ihnen, ob dort Frostgefahr besteht.» Hausbesitzer sollten daher herausfinden, ob es in frostgefährdeten Bereichen ihres Hauses wasserführende Leitungen gibt.

Wo solche Bereiche liegen können und was man tun kann, hat das Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer online als Checkliste zusammengestellt (https://www.ifs-ev.org/wintercheck).

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