Essing

Sonderbriefmarke zur Eröffnung des Main-Donau-Kanals

In Essing wurde vor 30 Jahren kräftig gefeiert – Dorf Schellneck verschwand durch die Wasserstraße vom Erdboden

16.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:31 Uhr

Eine Sonderbriefmarke erinnert bis heute an die Eröffnung des Main-Donau-Kanals vor 30 Jahren in Essing. Fotos: Patzelt (Repros)

Essing – Bei den Feiern zur Eröffnung des Main-Donau-Kanals vor 30 Jahren wollte auch die Gemeinde Essing nicht abseits stehen. Die Essinger waren die ersten, die unter dem Bau des Kanals zu leiden hatten. Deshalb, so Bürgermeister Jörg Nowy (Freie Wähler), sollte als Dank für die Bevölkerung ein Fest veranstaltet werden.

Die Feier begann mit einem Standkonzert der Altmühltaler Blaskapelle unter der Leitung von Michael Schinn. Dem Marsch zum Festzelt an der Schiffsanlegestelle folgte der Bieranstich durch Bürgermeister Nowy, der im Jahr 1988 gewählt worden war und bis heute dieses Amt innehat. Die Blaskapelle gestaltete den Abend zusammen mit dem Trachtenverein Essinger-Randecker-Buam. Gstanzlsänger sorgten ebenfalls für beste Stimmung unter den zahlreichen Besuchern. Am Freitag kostete die Maß Bier 4,20 D-Mark und am Samstag und Sonntag 6,30 D-Mark.

Das Programm am Folgetag sah ab 13 Uhr Festzeltbetrieb mit einem Alleinunterhalter und ab 19 Uhr den Auftritt der Mühlbacher Blaskapelle vor. Am Sonntag wurde nach einem kleinen Zug vom Marktplatz zum Festzelt ein Festgottesdienst abgehalten.

Sogar die Bundeswehr war aktiv. Als Dank dafür, dass die Essinger „manche Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen mussten“, wenn an der Ersatzübergangsstelle beim Sportplatz geübt wurde, hatte sie eine Geräteschau vorbereitet. Von 15 Uhr bis 21 Uhr unterhielt die Gäste im Festzelt eine Blaskapelle aus Tschechien.

Der Bundesverband unabhängiger Postbusfahrer stellte einen Oldtimer-Omnibus bereit, in dem die Essinger Sonderbriefmarke mit dem Motiv der Holzbrücke sowohl mit dem Bonner, als auch mit dem Essinger Ersttagsstempel verkauft wurde, eine Besonderheit für alle Philatelisten. Die breite Wirksamkeit der Briefmarke war dadurch gegeben, dass diese mit einem Wert von 100 Pfennigen für einen Standardbrief verwendet werden konnte, also täglich tausendfach aufgeklebt wurde.

In der Aula der Essinger Schule wurde eine vielbeachtete Ausstellung eröffnet, die zeigte, wie sich die Landschaft durch den Bau des Kanals grundlegend verändert hatte. Der Ortsteil Schellneck zum Beispiel war ganz vom Erdboden verschwunden – vier Familien verloren dabei ihre Elternhäuser. „Durch die Umgehungsstraße, die wohl ohne Hinblick auf den Kanal niemals so schnell gebaut worden wäre, hat der Ort zweifelslos gewonnen“, sagte Nowy zurückblickend. Als positive Auswirkung des Kanalbaus nannte der Bürgermeister unter anderem die neue Holzbrücke, die bereits vor 30 Jahren als großer Anziehungspunkt für Urlauber galt.

„Essing blüht auf: Übernachtungszahlen verdoppelt“: So titelte der DONAUKURIER in seiner Ausgabe vom 26. September 1992. Der Ort hatte bereits die turbulenten Jahre des Kanalbaus überstanden. Verzeichnete Essing 1990 noch knapp 12000 Übernachtungen, so schnellte diese Zahl bis Ende 1991 auf 24000 in die Höhe. Dazu kamen noch die Übernachtungen in den Privatunterkünften, die nicht meldepflichtig waren, da der Gemeinde noch der Status „Staatlich anerkannter Erholungsort“ fehlte. Während der Bauzeit des Kanals, als die Übernachtungszahlen drastisch zurückgegangen waren, modernisierten viele Beherbergungsbetriebe ihre Zimmer und verbesserten ihr Gastronomie-Angebot. Natürlich gab es während der Bauzeit für Essing Rückschläge – drei Jahre blieben die Fremden aus. Die Bewohner mussten Lärm, Staub und Schmutz ertragen, die Transporte des Kanal-Aushubs liefen durch den Ort und verschmutzten die Hausfassaden.

„Die Zahl der Anglerurlauber ist mit dem Bau der Wasserstraße zurückgegangen. Der Kanal ist für die Petrijünger weniger attraktiv als die ursprünglichen Flussmäander der Altmühl. Das Ausbleiben der Angler wird jedoch durch andere Gäste kompensiert“, konnte man ebenfalls vor 30 Jahren in unserer Zeitung lesen. Vor allem auswärtige Angler akzeptierten durchaus die Ruhezone auf der südlichen Kanalseite. Negativ ausgewirkt hat sich der Bau des Main-Donau-Kanals aber auf die Baulandpreise, die kräftig anzogen.

DK



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