Waidhofen

Familienhaus Alte Mühle wird 10 Jahre alt

Einrichtung in Waidhofen feierte mit vielen Ehemaligen

26.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:18 Uhr

Eine wunderbare Stimmung herrschte beim Herbstfest im Familienhaus Alte Mühle. Seit zehn Jahren finden hier junge Mütter eine Heimat auf Zeit. Viele ehemalige Bewohnerinnen waren zur Feier gekommen. Foto: Hofmann

Waidhofen – Kinder jeden Alters krabbeln oder fetzen durch die Gegend, halten ihre Mütter in Atem. Die haben alte Bekannte getroffen und wollen eigentlich ein wenig ratschen und die ruhige Idylle mitten drin im Paartal genießen. Der Duft von Steckerlfisch zieht durch die Luft. Und, so wie‘s aussieht, sind alle gut gelaunt, auch weil sie so ein riesiges Glück mit dem Wetter gehabt haben und inmitten von Regentagen ihr Herbstfest bei trockenem Fast-noch-Spätsommer-Wetter feiern können.

Das Familienhaus Alte Mühle ist vor zehn Jahren in die historische Kothmühle am Rande von Waidhofen eingezogen. Dieses Jubiläum wurde am vergangenen Freitag gefeiert. Die therapeutische Einrichtung hat sich inzwischen etabliert und einen Namen gemacht. Hier werden junge Mütter betreut, die aus schwierigen familiären Verhältnissen stammen, oft selbst als Kind keine Liebe und Zuneigung erfahren haben und nun erst lernen müssen, wie das so ist, wenn man ein Baby bekommen hat und Verantwortung übernehmen muss.

Eine Chance für verzweifelte junge Mütter

„Das hier ist eine Chance für die Mütter“, sagt Anna Wallner, die die Einrichtung seit wenigen Monaten leitet. Sie ist Kindheitspädagogin, hat eine Weiterbildung für Mütterberatung absolviert – und ist damit natürlich die perfekte Besetzung für die Alte Mühle. Sie leitet ein „multiprofessionelles Team“, wie sie sagt, das sich aus Pädagoginnen und Therapeuten aus unterschiedlichsten Bereichen zusammensetzt. Das sei auch wichtig, um auf die jeweiligen speziellen Bedürfnisse der jungen Mütter eingehen zu können, denn: „Kein Mensch passt in eine Schublade.“

Hier am Rande von Waidhofen, in der Ruhe des Paartals, bekommen die Mütter die Möglichkeit, sich ganz auf sich selbst und auf ihr Kind zu konzentrieren. Für sie ist es oft die letzte Möglichkeit, die Kurve zu kriegen, ein normales Leben zu führen und ihr Kind behalten zu können. Den Kontakt stellen die Jugendämter her. Waren es zu Beginn vor allem die Ämter aus der direkten Nachbarschaft – Neuburg-Schrobenhausen, Pfaffenhofen, Ingolstadt – so gebe es inzwischen Anfragen aus ganz Bayern und Baden-Württemberg, erzählt Anna Wallner. Die Einrichtung habe einen guten Ruf und habe ein gewisses Alleinstellungsmerkmal: Therapeutisch-stationäres Mutter-Kind-Clearing in einer kleinen Gruppe – so etwas gebe es nicht oft in Deutschland.

Für die Alte Mühle spricht sicherlich auch die Erfolgsquote. Die jungen Mütter wohnen hier für sechs bis neun Monate, und kaum eine breche in dieser Zeit die Therapie ab, sagt Wallner. Und jetzt, beim Fest zum zehnjährigen Bestehen, zeigt sich das auch im Hof vor der Mühle. Da sitzen viele ehemalige Bewohnerinnen mit ihren Kindern an den Tischen. Auch Vertreter der Jugendämter, Waidhofens Bürgermeister Josef Fuchs (CSU), Nachbarn aus dem Ort und viele Weggefährten sind gekommen. Und natürlich Eva Brede, die früher in der Mühle wohnte und sie zusammen mit ihrem Mann liebevoll hergerichtet hatte. Sie ist die Vermieterin.

Unter den Gästen ist auch Sigrid mit ihrem zehnjährigen Sohn Jonas. Sigrid war damals die erste junge Mutter, die in der Alten Mühle ein Zuhause fand. Daniela Huber und Claudia Daniel rührt es fast zu Tränen, wenn sie sehen, wie liebevoll hier Mutter und Sohn miteinander umgehen. Huber und Daniel sind – wie schon vor zehn Jahren – die Geschäftsführerinnen des gemeinnützigen Vereins Ape aus Hettenshausen, der die Alte Mühle betreibt.

Den Sprung in eine bessere Zukunft geschafft



Für sie ist die Einrichtung eine Erfolgsgeschichte. 102 Mütter im Alter zwischen 14 und 38 Jahren sind hier in den zehn Jahren fürs Leben mit Kind(ern) fit gemacht worden. Sie leben nun in Mutter-Kind-Häusern, wieder zu Hause oder auch in eigener Wohnung mit ambulanter Betreuung. Dass es viele so gut in die Zukunft geschafft haben, das sei den vielen „Herzensmenschen“ zu verdanken, die ihnen hier in der Alten Mühle zur Seite standen, sagen Claudia Daniel und Daniela Huber.

Auch Anna Wallner ist offenbar ein solcher Herzensmensch. Mit „Herz und Humor“ wolle sie für die Mütter und ihre Kinder da sein, sagt sie. Oft seien es Kleinigkeiten wie Blumen auf dem Frühstückstisch, die den jungen Frauen eine Geborgenheit geben, die sie als Kinder daheim oft nicht erfahren haben. „Gerade weil es eine so kleine Gruppe ist, ist das total familiär“, sagt Wallner, wobei auch das Betreuerteam quasi zur Familie dazugehöre. Und weil alle schon im Vorfeld so toll zusammengeholfen haben, gelingt auch dieses Herbstfest im Spätsommer so wunderbar.

SZ

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