Ingolstadt

Die fröhlichste Festung der Stadt: Kap94 soll bis 2023 renoviert werden

Kreative in ehemaliger Festung hätten sich mehr Tempo gewünscht

20.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:29 Uhr

Eine Bühne für alle Bürger: Hier das „Kap der Kinder“ 2019. Im Kap94 entwickelte sich ab 2016 ein Kulturzentrum. Foto: Hammer (Archiv)

Von Christian Silvester

Ingolstadt – Als Atelier für Bildende Kunst und Kulturbühne war dieses Gemäuer ursprünglich nicht vorgesehen. Sondern als Basis zum Abschießen anrückender Feinde. Die Kaponniere 94 (auch Batterie 94) an der Südflanke der Festung Ingolstadt diente dazu, Angreifer daran zu hindern, den Befestigungsgraben zu überwinden. Wäre die Kaponniere erobert worden, hätten die Verteidiger ein ernstes Problem gehabt.

Alle Festungen des 19. Jahrhunderts prunken mit bollwerkartiger Formensprache. Sie waren auf maximale Feuerkraft ausgelegt. Da dachte natürlicher keiner der damaligen Architekten an Brandschutz oder gar Fluchtwege; die Bastionen sollten ja schließlich gehalten werden. Deshalb stellt es heute eine Herausforderung dar, diese wuchtigen Baudenkmäler für alle Auflagen der neuzeitlichen Versammlungsstättenverordnung zu wappnen.

Die Kaponniere 94, kurz Kap 94, an der Jahnstraße, seit 2016 ein blühendes Kunst- und Kulturzentrum, bietet dafür ein anschauliches Beispiel. Am Anfang dieses Jahres sah es zum Entsetzen des Trägervereins Kultur-Kap stark danach aus, dass sein Wirkungsort wegen erheblicher Mängel, insbesondere beim Brandschutz, auf unabsehbare, aber gewiss längere Zeit zugesperrt werden muss. Der alte Militärzweckbau entsprach nicht mehr den heutigen Sicherheitsanforderungen. Sofortmaßnahmen der Stadt – ihr gehört das Kap94 –, verhinderten die Schließung. Gefahrenquellen in der Elektroinstallation (aus der Wand hängende Kabel und Steckdosen) wurden beseitigt. Im Hochbauamt liefen die Vorbereitungen für die gründliche Renovierung der gesamten Haustechnik an.

Jetzt teilte das Presseamt auf Anfrage mit, wie es weitergehen soll: „Die Projektgenehmigung (488000 Euro) ist erstellt worden, und die erforderlichen Planungsleistungen sind beauftragt bzw. in der Beauftragung. Die Umsetzung der größten Arbeiten ist ab Frühjahr 2023 eingeplant. “ Schon in diesem Herbst würden im Kap erste Maßnahmen – etwa eine umfangreiche Kanalsanierung – realisiert, „um die erforderlichen Vorarbeiten herzustellen. Somit sollte die finale Fertigstellung in der zweiten Jahreshälfte 2023 möglich werden“.

Das vernahmen die Kreativen im Kap mit einer Mischung aus Erleichterung (weil sie jetzt den Zeitplan kennen) und Bedauern (weil sie jetzt den Zeitplan kennen). „Wir vom Kap94 hätten uns natürlich gewünscht, dass das alles schneller geht“, sagt der Vorsitzende des Kultur-Kap, Johannes Greiner, auf Anfrage „Das ist schon eine Durststrecke für das ganze Kap-Team. Aber gut, der Verein wird auch diesen Winter überstehen.“ Alle hoffen, „dass das Kap94 der Stadt durch die Renovierung langfristig als öffentlich nutzbarer Raum erhalten bleibt“. Denn das Kunst- und Kulturzentrum sei wegen seiner „Mischung aus Natur, historischem Gemäuer und kreativer Energie etwas ganz Besonderes“, so Greiner weiter. „Ein Schatz – vielseitig nutzbar und mit einzigartigem Flair. Es wäre eine Schande, das einfach liegen zu lassen.“

Das pittoresk an einem Wassergraben gelegene, lange Zeit Batterie 94 genannte Festungsgebäude wurde bis in die 80er- Jahre als Restaurant und später als Klub genutzt. Es ist zugleich das Heim des Polizeisportvereins, der Hauptmieter. Ab 2016 schufen in dem Gemäuer freischaffende Ingolstädter Künstlerinnen und Künstler ganz unterschiedlicher Genres eine von einem großen Publikum besuchte Kulturhochburg: Mit Ateliers und zwei Bühnen (eine drinnen, eine wildromantische im Dachgarten) für Lesungen, Konzerte, Theater („Kap der Kinder“) und weitere Performances. Dazu viel Raum für Feste, Ausstellungen, oder Workshops – mit Ausschank. Alles betreut und mit kreativem Leben erfüllt von den Ehrenamtlichen des Kultur-Kap.

Nachdem die ersten sicherheitsrelevanten Maßnahmen vollendet waren, hat die Stadt im Juni dieses Jahres das Nutzungskonzept mit dem Verein einvernehmlich abgestimmt. Aufbauend darauf wurde zwischenzeitlich das Brandschutzkonzept erstellt und der Bauordnung zur Prüfung vorgelegt, teilt das Presseamt mit.

Die künstlerische Arbeit und die hohe Gästefrequenz in dieser außergewöhnlichen Kulturstätte werden übrigens auch über Ingolstadt hinaus gesehen. Kap-Vorsitzender Greiner berichtet: „Das Kap94 hat sich heuer um den neuen Staatspreis für bayerische Kreativorte beworben. Dabei haben wir es – bei 180 Bewerbungen – immerhin in den Kreis der 16 Finalisten geschafft.“

DK



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