Kometenhafter Aufstieg

Profi-Rennradfahrerin aus Eichstätt nimmt an ihrer ersten Straßen-WM teil

16.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:38 Uhr

Vergangenes Wochenende ging Ricarda Bauernfeind noch bei einer Rundfahrt in Frankreich an den Start. Dort musste sie allerdings früher abreisen, weil sie zur WM nach Australien flog. Foto: Brazo de Hierro

Ricarda Bauernfeind reiht Topergebnis an Topergebnis. In der deutschen Radsport-Szene gilt die erst 22-jährige Eichstätterin, die für das Team Canyon – SRAM Generation an den Start geht, als Aufsteigerin der Saison. Nun folgt der nächste Höhepunkt in ihrer Karrier.



Zahlreiche Podiumsplätze bei UCI-Rennen, ein fünfter Gesamtrang bei der wohl bedeutendsten deutschen Rundfahrt für Frauen, der Thüringen-Rundfahrt, eine Goldmedaille bei den deutschen Meisterschaften im Einzelzeitfahren der U23 und eine Silbermedaille im Straßenrennen – Bauernfeinds Erfolgsliste ist lang. Der Youngster gewann außerdem Mixed-Gold bei der U23-EM.

Nun folgt der nächste Höhepunkt in ihrer Karriere: Die Teilnahme an der UCI-Straßen-Weltmeisterschaft im australischen Wollongong (18. bis 25. September). „Es ist eine große Ehre, vom Bundestrainer nominiert worden zu sein“, sagt Bauernfeind, die bereits an diesem Sonntag (1.35 Uhr/MEZ) im Einzelzeitfahren an den Start geht. Dabei habe sie einen von insgesamt zwei deutschen Startplätzen ergattern können. „Die U23 hat kein eigenes Rennen, wir gehen mit den Elite-Frauen an den Start und werden nur extra gewertet.“ Was sich die junge Rennradfahrerin dabei vornimmt? „Gar nichts“, sagt Bauernfeind mit einem Lachen und ergänzt: „Ich möchte einfach Erfahrung sammeln, Spaß haben und mein Bestes geben.“ Die Eichstätterin ist bekannt für ihre Stärke am Berg. Deshalb liege ihr die bevorstehende Strecke beim Zeitfahren nicht hundertprozentig. „Es ist ein Stadtkurs mit vielen Kurven, der technisch anspruchsvoll ist“, erklärt Bauernfeind.

Besser gefalle ihr die Route beim Straßenrennen, an dem sie am Sonntag, 24. September, teilnimmt. Denn da gebe es zu Beginn einen neun Kilometer langen Anstieg, bei dem sie ihr Potenzial zeigen kann. Anders als im Einzelzeitfahren ist Bauernfeind beim Straßenrennen Teil eines sechsköpfigen Teams, dessen Aufgabe es ist, die stärkste Fahrerin, Liane Lippert (Team DSM), anzutreiben und zu unterstützen. „Liane will vorne um die Podestplätze mitfahren, dabei wollen wir ihr helfen“, erklärt die 22-Jährige.

Bauernfeinds junge Karriere gleicht ebenfalls einer Bergfahrt, bei der sie den Gipfel immer näher zu kommen scheint. 2019 sah das ganze noch anders aus. Damals legte Bauernfeind eine kleine „Pause“ ein, fokussierte sich mehr auf ihr Studium und machte Radsport nur noch nebenbei. „Ich war zu verbissen und hatte den Spaß verloren. Ich habe mir selber zu viel Druck gemacht, weil ich Angst hatte, wichtige Menschen in meinem Leben zu enttäuschen.“ Heute wisse sie, dass diese Menschen – ihre Familie – sowieso nie enttäuscht, sondern immer stolz sein würden. Sie gehe die Sache nun mit einer gesunden Anspannung an, die ihr die Freude am Sport zurückgebracht habe. Mit der neugewonnenen Lockerheit kamen auch die Erfolge. Bauernfeind betreibt den Radsport nun professionell.

Das merkt die junge Athletin vor allem an den Rahmenbedingungen. „Das Team kümmert sich um alles. Sie schauen, dass mein Rad optimal vorbereitet ist, kümmern sich um die Verpflegung und um die Kosten. Ich bekomme die Flugtickets geschickt und muss nur noch in den Flieger einsteigen“, erzählt Bauernfeind. Außerdem seien die Profi-Rennen deutlich aggressiver und taktischer ausgerichtet. Das werde sie auch in Australien zu spüren bekommen. Dennoch freut sich Bauernfeind auf ihre Rennen. „Ich glaube auch, dass die Stimmung gut sein wird. In Deutschland wirst du als Radfahrer angehupt und angeschrien, hier wird man angehupt und angefeuert“, lacht die 22-Jährige. Lediglich an den Linksverkehr müsse sich die Eichstätterin noch gewöhnen.

Nach ihren Einsätzen bei der WM steht für Bauernfeind eine kleine Pause, die sogenannte Off-Season, an. Nach Deutschland wird sie allerdings nicht gleich zurückreisen. „Wenn ich schon mal da bin, will ich auch noch Sydney erkunden“, sagt Bauernfeind. Anschließend gehe es mit ihrer Mama nach Mailand. „Da bleibt das Rennrad aber erstmal zuhause.“ Bevor es dann wieder in den Sattel geht, stehe zudem noch ein Besuch auf dem Oktoberfest auf dem Plan.

Und dann heißt es weiterackern für ihren großen Traum: „Gerne würde ich mal bei der Tour de Femmes, dem weiblichen Pendant der Tour de France, an den Start gehen“, sagt Bauernfeind. Sollte ihre Entwicklung so weitergehen wie bisher, könnte laut eigener Aussagen eine Helferrolle nächstes Jahr realistisch sein. „Es gibt die Rundfahrten Giro d'Italia und eben die Tour de Femmes, bei einer von beiden will ich dabei sein“, sagt Bauernfeind, deren Namen man sich merken sollte.

EK

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