Potenziell gefährdete Wisente

Zwei Niedersachsen für das Donaumoos

Projekt übernimmt für die Zucht zwei junge Kühe – Starthilfe für Herde in Baden-Württemberg

11.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:58 Uhr

Mit Argusaugen beobachteten die Experten die Ankunft der Tiere, wie hier bei Wisentkuh Sporona. Sie bleibt womöglich nur vorübergehend im Donaumoos. Foto: Reindl/Janda, Donaumoos-Zweckverband

Kleinhohenried – Im Wisentgehege beim Haus im Moos in Kleinhohenried leben seit Montagnachmittag zwei neue Tiere. Die beiden Jungkühe Nadzieja und Sporona aus dem Gehege im niedersächsischen Springe sollen für Blutauffrischung in der hiesigen Herde sorgen. Im Gegenzug hat der Donaumoos-Zweckverband als Träger des Wiesenprojekts am Freitagabend eine Kuh an den Heimat-Tierpark Olderdissen bei Bielefeld abgegeben.

Mit den Neuankömmlingen zählt die Herde im Donaumoos nun 34 Tiere, darunter 15 Bullen und davon drei Kälber. Bis die beiden Kühe zu ihren Artgenossen dürfen, werden aber noch einige Tage vergehen. „Wir lassen sie ein paar Tage in Ruhe“, erklärte Amtstierarzt Johannes Riedl nach der erfolgreichen Auslade-Aktion. Immerhin waren die Tiere nach der rund sechseinhalbstündigen Fahrt erschöpft. Daher bekommen sie nun die nötige Zeit, um sich an das neue Umfeld zu gewöhnen.

Sämtliche Untersuchungen haben Riedl zufolge aber schon gezeigt, dass Nadzieja und Sporona gut ins Donaumoos passen. Mindestens die gut ein Jahr alte und etwa 240 Kilogramm schwere Nadzieja – der Name stammt aus dem Polnischen und bedeutet übersetzt
„Hoffnung“ – soll in einigen Jahren in Kleinhohenried Nachwuchs bekommen und damit zum Erhalt der Art beitragen. Denn das größte Landsäugetier Europas gilt trotz guter Zuchterfolge nach wie vor als potenziell gefährdet. Damit das nicht so bleibt, engagieren sich der Donaumoos-Zweckverband und der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen seit mittlerweile 20 Jahren mit dem hiesigen Wisentprojekt.

2002 kamen die ersten Tiere ins Donaumoos, seit 2003 besteht das Gehege beim Haus im Moos. Seitdem haben Riedl und sein Team viel Erfahrung in der Verladung der mehrere Hundert Kilogramm schweren Wisente gesammelt. „In den vergangenen fünf Jahren waren es 37 Stück“, erklärte der Mediziner.

Trotzdem war die Aktion am Montag eine Premiere. Denn erstmals hat das größte Gehege in Süddeutschland zwei Tiere aus Springe übernommen. Ein Umstand, der mit Genetik zu tun hat. Nachdem die Bemühungen zum Erhalt der Art nach dem Ersten Weltkrieg mit lediglich zwölf geeigneten Wisenten begonnen hatten, müssen die Fachleute bei der Fortpflanzung der Tiere penibel genau darauf achten, Inzucht zu
vermeiden. Genau deshalb ist der alles andere als unkomplizierte Austausch zwischen den einzelnen Herden so wichtig. Was für die Wisente einen längeren Transport und eine Umgewöhnung darstellt, bedeutet für die Fachleute am Gehege viel Sorgfalt und Geduld.

Das zeigte sich am Montag besonders in der intensiven Vorbereitung für die Entladung, bei der jeder Handgriff sitzen muss. Kein Wunder, dass
neben Riedl das gesamte Betreuerteam mit Paula Fletcher, Annette Reindl, Alfred Wiedmann und Michael Strobel an der Aktion beteiligt war. Dazu kommt stets eine gewisse Unabwägbarkeit in Form des Wisents – so auch am Montag. Denn nach der rund 550 Kilometer langen Fahrt, die laut Tierspediteur Rainer Kniele ruhig verlaufen war, wollten die beiden Kühe den Anhänger zunächst nicht verlassen. Erst nach etwas Wartezeit sprangen Nadzieja und Sporona – natürlich getrennt voneinander – in ihre neue Heimat.

„Ich bin zufrieden“, betonte Riedl nach der erfolgreichen Aktion. „Es ging schon schneller, aber auch schon langsamer.“ Mit dabei war diesmal ein Filmteam, das für den SWR einen Beitrag für die Reihe „Junger Dokumentarfilm“ dreht. Die Wisente werden voraussichtlich im kommenden Jahr dort zu sehen sein. Bis dahin wird auch klar sein, ob beide Kühe im Donaumoos bleiben oder nicht. Denn die 310 Kilogramm schwere Sporona ist eigentlich für das neue Gehege bei Neresheim im Ostalbkreis vorgesehen. „Wir sammeln dazu hier eine kleine Herde mit vier bis sechs Tieren“, erklärte Amtstierarzt Riedl. Voraussichtlich im September oder Oktober sollen die Wisente dann umziehen.

Die fünf Jahre alte Kuh Urima hat diesen Schritt bereits hinter sich, sie ist am vergangenen Freitag nach Olderdissen gekommen. Dort gibt es Riedl zufolge einen Stier, dessen Gene perfekt zu Urima passen. Im Gegenzug hofft das Team im Donaumoos auf ein interessantes Kalb aus dieser Verbindung.

DK

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