„Mein Job – Dein Job“

Von Ingolstadt nach Texas: Ingolstädter Radmechanikerin schraubt in Dallas

10.08.2022 | Stand 22.09.2023, 7:02 Uhr

Von Werkstattinhaber Rick wurde Birgit Sitzmann herzlich empfangen. Foto: privat

Drei Tage in einer echten texanischen Motorradwerkstatt verbrachte Birgit Sitzmann, Werkstattleiterin im Ingolstädter Fahrradgeschäft Radhaus, begleitet von einem Kamerateam des Bayerischen Rundfunks. Der Heimatzeitung berichtet sie von der aufregenden Zeit.



Vom überschaubaren Ingolstadt hinein in eine der größten Metropolen der USA: Allein das dürfte für die meisten Menschen schon ein ordentlicher Kulturschock sein. Doch Birgit Sitzmann, Werkstattleiterin im Ingolstädter Fahrradgeschäft Radhaus, sah sich im Januar dieses Jahres vor noch ganz andere Herausforderungen gestellt.

Ihr Chef Fritz Reischl verkündete spontan, dass der Bayerische Rundfunk (BR) gerne zwei Kollegen aus dem Radhaus zum Job-Tausch in ein unbekanntes Land schicken möchte. Wer Lust habe, solle sich mit einem kurzen Video für die Aktion bewerben, teilte der BR damals mit. Birgit Sitzmann ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen und drehte ein Bewerbungsvideo. „Dann ging alles ganz schnell“, erinnert sich Sitzmann. „Der BR hat sich für mich und eine weitere Kollegin entschieden, kurz darauf standen wir mit gepackten Koffern am Flughafen“. Erst kurz vor Abflug erfuhren die beiden, dass die Reise nach Texas geht.

Aufregende Tage in kultiger Motorradwerkstatt

Was dort noch auf sie zukommen würde, damit hatte Birgit Sitzmann allerdings überhaupt nicht gerechnet: „Als Fahrradmechanikerin bin ich natürlich davon ausgegangen, dass mich der Job-Tausch in ein Fahrradgeschäft führt“, erzählt sie. Umso größer war dann die Überraschung, als sie und ihre Kollegin mitten in der texanischen Stadt Dallas standen und plötzlich ein typisch amerikanischer Pick-up mit Motorradwerbung vorfuhr. „Ich war erst mal total perplex“, erinnert sich Sitzmann. „Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet“. Ihr amerikanischer Gastgeber Rick, Inhaber einer kultigen Motorradwerkstatt, sei aber auch nicht weniger erstaunt gewesen, als er auf die Frauen aus Deutschland traf – hatte er doch eigentlich gestandene Motorradmechaniker erwartet. Das auf beiden Seiten anfänglich flaue Gefühl im Magen legte sich dann aber schnell: „Wir wurden wirklich total herzlich empfangen“, so Birgit Sitzmann. „Und viel Zeit zum Nachdenken blieb uns sowieso nicht“. Das Fernsehteam hatte drei mehr als straffe Drehtage mit den beiden Kolleginnen geplant. „Von morgens bis abends waren wir eigentlich nur in der Werkstatt und haben eine Szene nach der anderen gedreht“, erinnert sich die Köschingerin. Viel Zeit zum Entdecken der texanischen Kultur blieb da nicht. Aber auch in der Werkstatt gab es Kulturschocks am laufenden Band: „Unser Chef war das Stereotyp eines texanischen Bikers“, erzählt Sitzmann. „Und die Werkstatt genauso. Der Laden war extrem aufwendig dekoriert, die Einrichtung rustikal und der Chef gab sogar Autogramme.“

Entsprechend speziell seien dann auch die Kunden gewesen: „Dadurch, dass die Werkstatt wohl im ganzen Land bekannt ist, kamen viele extravagante Kunden“, erinnert sie sich. Nicht weniger extravagant sei allerdings der Umgang des Chefs mit manchen Kunden gewesen: „Einmal meinte ein Kunde, sich über den Rechnungsbetrag beschweren zu müssen“, so Sitzmann. Im Radhaus sei das eigentlich eine recht normale Situation: Man gehe auf die Beschwerde des Kunden ein und versuche, eine Lösung zu finden. Doch nicht so in Texas, wie Birgit Sitzmann erzählt: „Der Chef hat da knallhart reagiert und den Kunden ordentlich zusammengefaltet. Er hat dann anstandslos bezahlt und sich sogar noch beim Chef entschuldigt. Eine für uns ziemlich befremdliche Situation.“

Kein Fahrradfahrer weit und breit

Befremdlich sei für die Fahrradmechanikerin aber auch die Haltung der Texaner zum Fahrrad gewesen: „Ich habe in Dallas praktisch keinen Fahrradfahrer gesehen, von Radwegen ganz zu schweigen“, erinnert sie sich. Stattdessen seien die meisten ganz klischeemäßig mit dicken Autos unterwegs gewesen. „Umweltschutz spielt da drüben immer noch eine deutlich geringere Rolle als bei uns“, meint Sitzmann. Und Weltoffenheit sei für viele Texaner auch ein Fremdwort: „Wir wurden tatsächlich öfter gefragt, ob wir in Bayern immer Lederhosen tragen“, erzählt sie schmunzelnd. „Die meisten Texaner wissen von Deutschland praktisch gar nichts, höchstens noch das Oktoberfest kennen sie.“ Insgesamt sei der kurze Ausflug in eine völlig andere Kultur für Birgit Sitzmann aber ein unvergessliches Erlebnis gewesen: „Und das Schöne ist, dass der Kontakt auch jetzt noch besteht“, freut sie sich. Momentan ist der Radhaus-Geschäftsführer Fritz Reischl mit seiner Familie auf USA-Reise und hat sich natürlich auch einen Besuch in der texanischen Werkstatt nicht entgehen lassen. Die ganze Folge der Sendung „Mein Job – Dein Job“ ist in der BR-Mediathek verfügbar.



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