Wie werde ich leben und wohnen, wenn ich älter bin? Mit dieser zentralen Frage beschäftigte sich ein Vortrag von Anja Preuß von der Arbeitsgruppe für Sozialplanung und Altersforschung in München. Sie stellte am Dienstagabend in der Marktgemeinderatssitzung Konzepte vor, wie man in Reichertshofen ein „gutes Altern“ ermöglichen könne.
Preuß war auf Antrag der Reichertshofener CSU-Fraktion nach Reichertshofen gekommen.
Der demografische Wandel macht auch vor Reichertshofen nicht Halt, so Preuß zu Beginn. Sie veranschaulichte dies an einigen statistischen Zahlen. Lag im Jahr 2021 der Anteil der Einwohner über 65 Jahren noch bei 1600, so werden für das Jahr 2039 bereits 2200 Bürger über 65 Jahren prognostiziert. Bei ihrer Forschung hatten sich verschiedene Bedarfe der Senioren herauskristallisiert: Viele Seniorinnen und Senioren möchten selbstbestimmt wohnen. Andere können sich im Alter durchaus dem Umzug von einem großen Haus in eine kleinere Wohnung vorstellen. Weitere Themen: „Meine Kinder können mir nicht helfen, wenn ich alt bin.“ Oder auch: „Ich möchte am gesellschaftlichen Leben teilhaben, auch wenn ich nicht mehr mobil bin.“
Barrierefreiheit, ortsnahe Pflegedienste, soziale Netzwerke
Um diesen unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden, setzt das Institut von Preuß drei verschiedene Hebel an. Der erste: Wohnen und Grundversorgung. Dazu gehören auch Einrichtungen wie barrierefreie Wohnungen oder Wohnanlagen mit Ansprechpartner. Der zweite Hebel: ortsnahe Unterstützung und Pflege wie durch pflegende Angehörige oder ambulante Pflegedienste. Der dritte Hebel: Beratung und soziale Netzwerke, zum Beispiel durch Ehrenamtliche.
Zunächst gelte es, eine Bestandsaufnahme zu machen, so Preuß: „Was habe ich als Gemeinde bereits? Welche Ideen habe ich und möchte sie umsetzen? Wo wollen wir hin und wo sehen wir unsere Seniorinnen und Senioren in Zukunft?“ Die Seniorenbeauftragte der Marktgemeinde, Elisabeth Großmann (JWU), nahm direkt zu diesen Punkten Stellung: „Ich bekomme ganz häufig Anrufe mit Anliegen wie: Ich brauche eine Putzfrau. Oder: Ich brauche jemanden zur Gartenpflege. Ich brauche jemanden, der mich zum Arzt fährt. Bitte bringen Sie wen.“ Laut Großmann gäbe es aber zu wenige Ehrenamtliche. Auf die jungen Leute, die berufstätig sind, hätte man keinen Zugriff.
Freistaat fördert Quartiersmanager für Senioren
Preuß informierte die Räte, dass der Freistaat einen sogenannten Quartiersmanager für Senioren vier Jahre mit 80000 Euro fördert. Da sollte für eine Teilzeitkraft reichen, wenn die Gemeinde noch einen Kostenanteil übernimmt. Der Quartiersmanager soll die Akteure der Seniorenarbeit an einen Tisch holen, Netzwerke aufbauen und Kompetenzen bündeln.
Bürgermeister Michael Franken (JWU) schaltete sich an der Stelle ebenfalls ein und stimmte grundlegend zu, dass man Netzwerke aufbauen müsse. „Wenn ein Bürger aber zum Arzt gefahren werden muss, dann muss eben ein Taxi gerufen werden. Alles kann man nicht über Ehrenamtliche abwickeln.“ Preuß informierte außerdem über weitere Fördermöglichkeiten wie für Nachbarschaftshilfen, Quartierskonzepte und gemeinschaftsorientierte Wohnformen. Sie regte eine Fragebogenaktion für die Senioren an, um deren Bedürfnisse vor Ort klar bestimmen zu können.
Dies wurde auch von Waltraud Schembera (SPD) unterstützt, die sich außerdem für einen Austausch zwischen den „jungen Alten“ und Kindern und Jugendlichen aussprach. Gerade in Bezug auf Neue Medien könnte die junge Generation helfen. Bei handwerklichen Arbeiten wie dem Reparieren eines Rads sei eher die ältere Generation gefragt, so Schembera.
Umsetzung von Konzepten und Ideen
Konzepte sind hilfreich, entscheidend ist aber die Umsetzung – so in etwa war der Tenor der Wortmeldung des CSU-Fraktionsvorsitzenden Max Zängl. Er hatte Preuß ins Gremium eingeladen. Zängl sagte, um etwas zu verändern und im Alltag zu verankern, bräuchte es einen langen Atem. Da der Punkt der Information diente, gab es hierzu keinen Beschluss. Das Thema wird den Marktgemeinderat aber sicher nicht zum letzten Mal beschäftigt haben.