Landkreis Roth

Ein Herz für die Landwirtschaft: Annette Götz aus Günzersreuth hört nach zehn Jahren als Kreisbäuerin auf

06.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:30 Uhr

Sie arbeitet mit viel Freude auf dem heimischen Hof: Annette Götz gibt jetzt das Amt der Kreisbäuerin nach zehn Jahren auf. Foto: Götz

Von Monika Meyer

Hilpoltstein/Günzersreuth – Die Landwirtschaft hat früh ihr Herz erobert. Schon als Kind half Annette Götz (57) auf dem Hof des Onkels bei der Heuernte. Sie lernte, wie man frisch geerntete Tabakblätter zum Trocken auffädelte. Mit elf Jahren fuhr sie zum ersten Mal Traktor. Später heiratete sie mit Richard Götz einen Landwirt und packte auf dessen Hof unermüdlich an.

Und sie war verbandspolitisch aktiv. Engagierte sich in ihrer Heimatgemeinde Günzersreuth bei Kammerstein als Ortsbäuerin. Später übernahm sie noch mehr Verantwortung: Als das Amt der Kreisbäuerin an sie herangetragen wurde, sage sie spontan Ja. Nach zehn Jahren ist Schluss dam. „Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, bekennt sie. „Es hat mir wirklich Spaß gemacht, aber jetzt brauche ich Zeit nur für mich.“

Ihr erster öffentlicher Auftritt war ein Sprung ins kalte Wasser. Kaum war Annette Götz zur Kreisbäuerin im Landkreis Roth gewählt worden, musste sie den Landfrauentag moderieren und dort eine Rede halten. „Ich war so aufgeregt, dass ich vorher Bachblüten-Notfalltropfen genommen habe“, erinnert sie sich zurück. „Aber als ich hinter dem Rednerpult stand, war ich die Ruhe selbst.“ Jetzt würden ihr solche Auftritte gar nichts mehr ausmachen, „ich könnte jederzeit frei von der Leber weg ein Grußwort sprechen“, sagt sie. Das sei aber ein Lernprozess gewesen – und zwar ein positiver. „Ich habe an Selbstbewusstsein gewonnen“, sagt Annette Götz.

Die Landfrauen im Bayerischen Bauernverband (BBV) sind Frauen jeglichen Alters, die in den Mitgliedsbetrieben des Verbandes leben, wirken und arbeiten. Die Gruppe ist hierarchisch strukturiert, aus den 6300 Ortsverbänden wird demokratisch je eine Ortsbäuerin gewählt. In den 72 Kreisverbänden steht die Kreisbäuerin – das weibliche Pendant zum BBV-Kreisobmann – an der Spitze.

„Es ist schlimm, was da alles auf uns einprasselt“

„Mir liegt am Herzen, dass die Landwirtschaft wieder mehr wertgeschätzt wird“, erklärt Annette Götz ihren Antrieb. „Es ist schlimm, was da alles auf uns einprasselt – durch die Politik, Tierschutzverbände und auch die Medien. Das ist bedrückend.“ Sie fürchtet, dass die sonst hochgelobte kleinbäuerliche Landwirtschaft durch zu rigide Auflagen durch die Politik kaputt gemacht werde. Dabei seien die Bäuerinnen und Bauern diejenigen, „die dafür sorgen, dass wir etwas auf dem Teller haben“. Und zwar hochwertige und gesunde Lebensmittel. „Das wird oft vergessen.“

Als Kreisbäuerin hat sie viel zu tun: Neben intensiver Öffentlichkeitsarbeit im Sinne der Landwirtschaft gilt es zu repräsentieren, Seminare zu besuchen sowie Veranstaltungen zu organisieren und zu leiten. So habe sie dafür gekämpft, Projektwochen an Schulen mit landwirtschaftlichen Themen weiter zu etablieren. „Die Kinder sollen einfach wissen, wo Lebensmittel herkommen.“ Ihr „Baby“ sagt sie, sei der 2017 eingeführte Erntebittgottesdienst jeweils Anfang März, der bis zu 300 Gläubige anzieht. „Der liegt mir sehr am Herzen.“

Annette Götz war es immer wichtig, in ihrer ehrenamtlichen Arbeit neutral zu bleiben und sich keiner Partei anzuschließen. „Ich will meine Meinung sagen können, ohne Angst zu haben, einem Parteikollegen auf den Schlips zu treten.“ Zwar habe sie sich bei der jüngsten Kommunalwahl auf die Kreistagsliste der Christlichen Wählergemeinschaft setzen lassen, diese sei aber ein freier Zusammenschluss eigenständiger Persönlichkeiten.

Die Kreisbäuerin hat schon immer fleißig angepackt. Gelernt hat sie den Beruf der Bankkauffrau, 1983 gab sie ihrem Mann, dem Landwirt Richard Götz aus dem Nachbardorf, das Ja-Wort. Der bewirtschaftet ein landwirtschaftliches Anwesen mit 80 Hektar und 24 Hektar Wald. „In einen Hof einzuheiraten, ist gar nicht so einfach, gerade, wenn man so jung ist. Man passt sich an, will die gute Schwiegertochter sein.“ Mit 21 bringt sie Andreas, den ersten ihrer drei Jungs, auf die Welt. Sie hilft auf dem Acker und bei der Tabakernte, kocht mittags für Familie und Helfer auf dem Hof, schmeißt den Haushalt. „Ich weiß gar nicht, wie ich das alles geschafft habe.“

Meisterpreisträgerin mit einer Eins vor dem Komma

Sie schafft noch mehr. Annette Götz will ihre Tätigkeit auf solidere Füße stellen und entschließt sich zu einer Ausbildung in der ländlichen Hauswirtschaft, die sie 1997 als Meisterin und einer Eins vor dem Komma abschließt. „Ich bin sogar Meisterpreisträgerin“, erzählt sie stolz. Dafür muss sie Opfer bringen: „Ich habe mir den Schreibtisch ins Schlafzimmer gestellt, um meine Meisterarbeit zu schreiben, sobald die Kinder im Bett waren.“

Später lässt sie sich nicht lange bitten, als an sie herangetragen wird, Ortsbäuerin in Günzersreuth zu werden. „Das war auch eine schöne Abwechslung für mich“, gesteht sie. Die logische Konsequenz war, mit Freuden das Amt der Kreisbäuerin zu übernehmen. „Ich war motiviert und wollte diese Herausforderung.“ Aber ihr war klar, und dies kommunizierte sie auch ihrem Mann: „Wenn ich es mache, dann gescheit.“

Zehn Jahre lang habe sie ihre ganze Energie in das Amt gesteckt, erzählt Annette Götz, die wieder tageweise in ihren alten Beruf eingestiegen ist. Jetzt soll eine Jüngere das Ruder übernehmen. „Ich will Zeit haben für mich, meine vier Enkelkinder und meinen Mann.“ Oder für den Jakobsweg bis nach Santiago de Compostela.

HK



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