Pfaffenhofen

Erste gerichtliche Auseinandersetzung um Windpark bei Pfaffenhofen

„Die Bäume sind eh schon weg“: Richter schlägt Vergleich vor, fällt sein Urteil aber erst im September

29.06.2022 | Stand 22.09.2023, 21:45 Uhr

Auf Schusters Rappen durch den Förnbacher Forst ging es am Mittwoch mit der 23. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts München. Was nach einer idyllischen Wanderung aussieht, könnte weitreichende Auswirkungen haben. Thema waren die Rodungen für die Windkraftanlagen, die dort entstehen sollen. Foto: Ermert

Von Patrick Ermert

Pfaffenhofen – Ein erstes juristisches Scharmützel haben sich Gegner und Befürworter des Bürgerwindparks vor den Toren von Pfaffenhofen geliefert. Die 23. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts München unter Vorsitz von Richter Dietmar Wolff machte sich am Mittwoch einen Eindruck von den Rodungen, die von der Bürgerenergiegenossenschaft (BEG) Pfaffenhofen im Förnbacher Forst beauftragt wurden – und um die sich das Verfahren drehte. Vorneweg: Das Urteil geht den Parteien wohl erst im September zu. Und das Verfahren ist eher als Nebenkriegsschauplatz zu werten.

„Wirklich zur Sache“, so Rechtsanwalt Micha Klewar, der die BEG vertritt, „geht es erst in einer weiteren Klage gegen die Genehmigung.“ Bis darüber verhandelt werde, könnten allerdings Monate vergehen. „Wenn wir aussitzen, bis das ganze Verfahren abgeschlossen ist, müssten wir mit dem Bau der Windräder mindestens bis 2026 warten“, ergänzte Helmut Muthig, der auch für die BEG teilnahm.

Die Klage erhoben hatte der Verein für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität in Bayern, für den die Zweite Vorsitzende Christina Hauser von Rechtsanwalt Johannes Rohr juristischen Beistand erhielt. Ihr zur Seite stand Marion Sieber, die im Bündnis „Gegenwind“ seit Jahren gegen den Windpark kämpft. Der eigentlich Beklagte war der Freistaat Bayern, vertreten durch Forstdirektor Peter Birkholz vom Amt für Landwirtschaft.

In die Haare sind sich die Beteiligten nicht gekommen. Und das, obwohl Anita Engelniederhammer von der Unteren Naturschutzbehörde kurz vor dem Termin die Uhu-Lage neu bewertet hatte. Der geschützte Vogel hat sich im Rodungsgebiet nämlich neu angesiedelt. Der Ortstermin hatte sonst eher den Charakter einer netten Waldwanderung. Es wurde tief durchgeatmet, der Sommer genossen – und nebenbei hart in der Sache diskutiert. Das lag auch am überschaubaren „Streitwert“. Denn: „Die Bäume sind eh schon weg“, meinte Wolff. „Da können wir nichts rückgängig machen.“

So schlug er zu Beginn der Verhandlung vor, einen außergerichtlichen Vergleich zu finden. „Mir schweben deutlich mehr Ersatzpflanzungen als vorgesehen vor“, sagte er. Rohr sagte zu, einen Vorschlag zu unterbreiten. Klewar machte zur Bedingung, dass damit auch die Klage gegen die Genehmigung zurückgezogen werden müsse – worüber Rohr nur müde lächeln konnte. „Der Verein überlässt den Windrädern halt keinen Fußbreit“, stichelte Klewar. Und Rohr meinte nur. „Stimmt nicht. Wir überlegen sehr genau, wo wir reinstechen – oder wo wir keinen Ansatzpunkt sehen.“ In Pfaffenhofen sieht er einen.

Beide Parteien müssen nun bis Ende Juli ihre Hausaufgaben erledigen. Die BEG soll darlegen, weshalb die Rodungen so umfangreich ausfallen mussten und keine Alternativrouten, etwa der Siebenecker Weg, gewählt wurden. Das sei einer dieser Ansatzpunkte, ließ Richter Wolff fallen. Leise Kritik an der Vorgehensweise der Windradplaner.

Aber kein Indiz, dass die Klage erfolgreich sein wird. Denn: „Ändern lässt sich an den Rodungen sowieso nichts mehr“, ergänzte Richter Wolff.

Der lange Weg zum Windpark

Das Windrad im Lustholz dreht sich seit März 2016. Es produziert nahe Uttenhofen seither etwa sechs Prozent des Strombedarfs der Stadt Pfaffenhofen.

Das Bunte Bündnis im Pfaffenhofener Rathaus gibt als Ziel aus, dass bis Ende 2021 der städtische Strombedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden soll. Dazu brauche es neben mehreren Windkraftanlagen auch einen Ausbau der PV-Flächen sowie der Speichermöglichkeiten. Dieses Vorhaben konnte bislang nicht umgesetzt werden, weil sich die Errichtung der drei angedachten Windräder durch die Bürgerenergiegenossenschaft (BEG) im Förnbacher Forst seither hinzieht.

Im Juli 2016 startet im Stadtrat die Aufstellung des Bebauungsplans „Sondergebiet Windpark“. Er sieht den Bau von drei Windrädern des Typs Enercon E-138 mit je 229 Metern Höhe vor.

Der Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Windparks beim Landratsamt wurde am 31. August 2016 eingereicht, nachdem im Freistaat Bayern zwischenzeitlich die Kriterien verändert wurden.

In Pfaffenhofen entbrennt zwischen Kritikern, die sich als „Gegenwind“ formieren und im CSU-Ortsverband Fuß fassen, sowie Befürwortern ein offener Windrad-Streit. Seinen Höhepunkt findet er in einem Bürgerentscheid, der am 23. Oktober 2016 mit 56,9 Prozent vom Bündnis „Rückenwind“ gewonnen wird.

Das am Landratsamt angesiedelte Genehmigungsverfahren zieht sich unter Ex-Landrat Martin Wolf (CSU) hin. Vor allem die artenschutzrechtlichen Einwände (Zauneidechse, Wespenbussard, Uhu) bergen Probleme. Letztlich setzt Landrat Albert Gürtner (FW) am 4. August 2020 seine Unterschrift unter die Genehmigung.

Damit kommt Bewegung in den Windradbau. Die BEG startet die Fäll- und Rodungsarbeiten. Gegen die Rodung und die Genehmigung reicht der Verein für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität in Bayern, der mit „Gegenwind“ zusammenarbeitet, Klage ein. Um die Rodung ging es in der Verhandlung am Mittwoch. Wann über die Genehmigung befunden wird, steht noch nicht fest. Der Bebauungsplan sollte bis dahin aber in Kraft getreten sein. Der Stadt will den Satzungsbeschluss vermutlich schon im Juli fassen.

PK

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