Besondere Ausfahrt

Valentina starb mit 13 Jahren an Krebs: Jetzt sammeln Biker für ihre Stiftung

Mit dabei ist auch der Wolnzacher Harleyfahrer Reiner Eidenberger – Tour macht am Freitag Station in der Hallertau

15.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:14 Uhr

Auf seiner „Road King“ von Harley Davidson geht Reiner Eidenberger zusammen mit der Motorrad-Gemeinschaft „Chopper, Tourer, Cruiser“ für die Stiftung Valentina auf Tour. Foto: Trouboukis

Von Karin Trouboukis

Die Biker-Freunde von der Gemeinschaft „Chopper, Tourer, Cruiser“ sammeln Spenden für die Stiftung „Valentina“. An diesem Donnerstag starten die Motorradfahrer ihren Benefizrun 2022.



Reiner Eidenberger ist Motorradfahrer. Sein Jethelm ohne Kinnteil lässt den Fahrtwind an seinen gepflegten Bart, seine schwarze Jacke aus weichem Leder zieren Sticker von Bikertreffen und seine Knie sind beim Kurvenfahren noch nie auf dem Boden geschleift. Das würde sein Motorrad, eine Road King von Harley Davidson, auch gar nicht mitmachen – und ihr Fahrer selbst auch nicht. Denn für ihn geht es nicht um Geschwindigkeit, sondern um Genuss und um Freiheit, die er sich in diesen Tagen für einen ganz besonderen Zweck nimmt. Zusammen mit seinen Biker-Freunden von der Gemeinschaft „Chopper, Tourer, Cruiser“ sammelt der Wolnzacher gerade Spenden für eine Stiftung, der ein 2016 an Krebs gestorbenes 13-jähriges Mädchen ihren Namen gegeben hat: Valentina.

Schwarzes Blech, blitzender Chrom, fast 400 Kilogramm geballte Motorradgeschichte stehen in Reiner Eidenbergers Garage in der Wolnzacher Musikantensiedlung. Es braucht Zeit, bis der 69-Jährige „mit meinem Moped“, wie er gleich allen Fahrern schwerer Maschinen sein Motorrad bezeichnet, auf Tour gehen kann. Zeit, in die richtigen Klamotten zu schlüpfen, Zeit, die schwere Maschine überhaupt aus der Garage zu bekommen. Zeit, die sich Reiner Eidenberger gerne nimmt: „Motorradfahren“, sagt er, „das ist für mich wie ein Abschalten, ein Eintauchen in eine andere Welt.“ Eine Welt aus Geräuschen, Farben, Eindrücken – und vor allem Gerüchen, die ihm beim sanften Cruisen am liebsten über Landstraßen in die Nase ziehen. Ein Genuss, echte Lebensfreude, sagt Eidenberger, vor allem im Sommer: „Jede gemähte Wiese riecht anders. Das erlebst du nur auf dem Motorrad.“

Vom Motorradvirus schon früh infiziert

Reiner Eidenberger ist in München aufgewachsen, lauschte schon als Bub fasziniert dem satten Sound der schweren BMW-Maschinen mit Boxermotor, mit der seinerzeit die bayerische Polizei ausgestattet war. Der Motorradvirus biss sich fest in ihm, in den frühen 1980ern kaufte er sich „sein erstes richtiges Motorrad“, eine BMW. Sechs Jahre fuhr er damit „viele Kilometer“, dann setzten Familie, Job, Vereinsarbeit, die Leidenschaft für Pferde andere Prioritäten. Bis er seinen 50. Geburtstag hinter sich hatte – und sein Leben reflektierte. Ergebnis: „Ich hatte alles: eine tolle Familie, einen guten Job, ein Haus – aber keine Harley.“ Welche es sein sollte, da musste Eidenberger nicht lange überlegen, denn er hatte schon damals das im Sinn, was seiner Ehefrau Petra seinerzeit noch ganz fern war: „Ich wollte Touren fahren, gerne auch längere Strecken.“

Seine Wahl fiel auf eine Road King, das große Cruising-Bike aus der Palette des Kult-Herstellers aus Milwaukee im US-Bundesstaat Wisconsin, das auch sehr viel Platz für eine Sozia bietet. „Nur, dass meine Frau keinesfalls mitfahren wollte.“ Bis zu jenem Tag, als sie sich nach viel gutem Zureden doch zu einem Kurz-Trip überreden ließ. „Wir sind nach Pfaffenhofen zum Eisessen gefahren“, erinnert sich Reiner Eidenberger. Mit einer panischen Frau auf dem Beifahrersitz. „Das war so ziemlich die schlimmste Fahrt meines Lebens.“ Aber effektiv war sie – denn, kaum zu glauben, aber wahr – auch Ehefrau Petra infizierte sich mit der Leidenschaft für gemütliche Touren und legte damit den Grundstein für die große Leidenschaft des Paares für gemeinsame Ausfahrten. Mal größere, mal kleinere, gerne auch zu großen Cruiser-Treffen, bei denen Freundschaften zu anderen Motorradfahrern entstanden. Als jedoch die Corona-Pandemie die persönlichen Begegnungen unmöglich machte, stieß Eidenberger via Internet auf eine Gemeinschaft von Chopper-, Tourer- und Cruiser-Fahrern (C. T. C.), die alle die gleiche Leidenschaft für genussvolle Motorradfahrten und großen Gemeinschaftssinn teilen: „Das Gefühl unter uns hat von Anfang an gepasst“, sagt Eidenberger heute. Und dieses Gefühl sagte den Mitgliedern – rund 2000 sind es insgesamt aus ganz Deutschland und auch dem europäischen Ausland – dass sie wertschätzen, wie gut es ihnen selbst geht und dass sie deshalb auch etwas für andere tun möchten. Die Idee: Benefizfahrten, bei denen die Mitglieder in einem bestimmten Zeitraum Touren fahren, diese dokumentieren und pro gefahrenem Kilometer eine bestimmte Summe als Spende zahlen.

Kilometer um Kilometerfür den guten Zweck

Bereits 2020 „erfuhren“ die Biker so Spendengelder für ein Kinderhospiz, 2021 dann stießen sie auf eine weitere Organisation, die ihnen mittlerweile sehr ans Herz gewachsen ist. Weil ihre Namensgeberin, ein 2016 an Krebs gestorbenes Mädchen, sie antreibt – durch ihren ungebrochenen Lebensmut und ihre trotz der tödlichen Diagnose positive Lebenseinstellung, die ihren Tod überdauert hat: An diesem Donnerstag starten die Motorradfahrer ihren Benefizrun 2022 zugunsten der Stiftung Valentina (siehe Kasten). Gesammelt werden Spendengelder und auch Sachspenden. Für letztere ist Reiner Eidenberger zuständig. Und weil er dabei auch von einigen Unternehmen aus Wolnzach und Pfaffenhofen unterstützt wurde, machen die Biker jetzt Station in Wolnzach: Am Fronleichnamstag übergeben die Motorradfahrer zunächst die Sachspenden an Vertreter der Stiftung Valentina an der Uniklinik Ulm, dem Krankenhaus, in dem auch Valentina behandelt wurde. Von Ulm aus knattern sie dann nach Wolnzach und übernachten im Gasthof Zur Post, um am Freitag dann ihren hiesigen Unterstützern persönlich zu danken.

In den folgenden Tagen dann sammeln die Biker weiter – und zwar Kilometer und damit Spendengelder für die Stiftung, die Valentinas Familie nach deren Tod ins Leben gerufen hat. Einer Stiftung, die es schwerstkranken Kindern ermöglicht, ihre letzten Tage bestens versorgt zu Hause verbringen zu können. Im gewohnten Umfeld und – so seltsam das auch klingen mag – „völlig normal“. Denn eben das war Valentina und ihrer Familie immer wichtig: „So normal wie möglich zu leben und auch lachen zu können“, sagt Valentinas Papa Kurt Peter.

Dieses Lächeln kennt auch Reiner Eidenberger – allerdings nur von Fotos. Aber das reicht. „Dieses Mädchen berührt uns alle sehr“, sagt er – und lächelt ebenfalls. Weil er glücklich ist, zwei große Leidenschaften miteinander verbinden zu können: jene fürs Motorradfahren und die, anderen Menschen damit helfen zu können.


Stiftung Valentina

2012 stellten die Ärzte bei der damals zwölfjährigen Valentina Peter einen besonders aggressiven Knochentumor fest, gegen den das Mädchen ein Jahr später den Kampf verlor.

Bis zu ihrem letzten Tag, das erzählte Valentinas Vater unserer Zeitung, versprühte sie Lebensfreude und genoss das Zusammensein mit ihrer Familie – im Krankenzimmer. Um es schwerstkranken Kindern zu ermöglichen, ihre letzten Tage daheim verbringen zu können, gründete ihre Familie die „Stiftung Valentina“: Sie finanziert Aufbau und Betrieb des ambulanten spezialisierten Palliativteams für Kinder und Jugendliche an der Uniklinik Ulm. Ein mobiles Spezialistenteam ermöglicht es den Patienten im süddeutschen Raum, ihren letzten Lebensabschnitt intensiv-medizinisch und palliativ voll versorgt zu Hause im Kreis ihrer Familien zu verbringen.

Spendenkonto: Bürgerstiftung Kreis Ravensburg, Kreissparkasse Ravensburg, Iban DE93 6505 0110 0101 1450 60; Verwendungszweck: Stiftung Valentina.

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