Klenau

Ein sägenhafter Ort der Kunst

Ein Waldstück im Gerolsbacher Ortsteil wird regelmäßig zu einem inspirierenden Ort für Künstlerinnen und Künstler

10.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:25 Uhr

Wo gesägt wird, fallen Späne: Doch selbst Letzteres sieht auf dem Platz im Klenauer Wald irgendwie besonders aus. Fotos: M. Vogt

Ein gezielter Schnitt, und zack, schon fällt das nächste kleine Holzstück vom größeren Stamm ab. So wie Paul Fottner sollte man es im besten Fall machen. „Erst recht bei diesen Spritpreisen“, lacht Richard Allgaier, der Künstlerische Leiter der Veranstaltung. Präzises, nachhaltiges Sägen statt ewigem Herumgefriemel. Das ist aber gar nicht so einfach und erfordert vor allem ein dreidimensionales Vorstellungsvermögen. Weil es Fottner bei einem seiner Werke besonders gut macht, kann man die einzelnen Schritte hinterher sogar genau nachvollziehen. Holzstück für Holzstück wird das Kunstwerk auf diese Weise dann noch einmal zum Ausgangspunkt zurückgebaut und anschließend, quasi als Anschauungsmaterial, wieder zur Figur enthüllt.

Es ist das Ende eines eher ungewöhnlichen Treffens, das schon vier Tage vorher begonnen und das wieder mal Andrea Koch, die Leiterin der Gerolsbacher Kunstschule Pennello, organisiert hat. Zum insgesamt zehnten Mal schon. Es ist ein kleines Jubiläum, das Koch mit sieben Gleichgesinnten hier feiert. In einem Waldstück bei Klenau, das Fottner (dem Mann, der so gut sägt) gehört. Das ist schon alleine deshalb praktisch, weil dadurch Platz und viel Holz zur Verfügung stehen. Und wenn der Besitzer auch noch selbst passionierter Kettensägen-Schnitzer ist, ist es noch viel besser. Vor zehn Jahren hatte er mal einen Workshop bei Allgaier besucht, erzählt Fottner. „Da habe ich gesehen, dass man auch andere Dinge mit der Säge machen kann als Bäume zu fällen. Seitdem hat es mich nicht mehr losgelassen.“

Zwischen Kultstätteund Berghütte

Doch genau genommen ist der Begriff Workshop ja gar nicht der passende, schwingt dabei doch auch immer irgendwie mit, dass ein Kursleiter etwas vorgibt, was von den Teilnehmern dann auf relativ ähnliche Weise bearbeitet wird. Im Wald bei Klenau ist es vielmehr ein Treffen von Künstlern, bei dem zwar jeder für sich, aber auch das Kollektiv etwas entstehen lässt. Bei dem sich Künstler und solche, die es noch werden wollen, gegenseitig inspirieren. Und auch das „Waldstück“ klingt in dem Zusammenhang fast zu banal. Wenn man am Rand parkt, dann den hügeligen Weg nach oben geht (den Motorengeräuschen folgend) und schließlich auf der kleinen Lichtung ankommt, dann hat das – erst recht wenn das Sonnenlicht durch die Baumkronen fällt – fast etwas von einer Kultstätte. Wenn sich die Teilnehmer zur Brotzeit in einem Verschlag zusammensetzen, sieht es eher aus wie vor einer Berghütte, nach einer Wanderung. „Dieser Platz hier ist unglaublich inspirierend“, sagt Andrea Koch. „Ein Ort der Kreativität.“

Kunst beginnt schon beider Auswahl des Holzes

Auf diese Weise entstehen im Jubiläumsjahr dann auch besonders unterschiedliche Werke: Engel, ein Drachen, eine Fußballmannschaft und vieles mehr. Manche, wie Heinz Reich, arbeiten vier Tage lang an einem Mammutprojekt. Der Schrobenhausener hat aus einem Zwetschgenstamm seines Nachbarn einen großen, lebendigen, zweifarbigen Baum mit Händen und Gesichtern gemacht. Andere schaffen mehrere kleine Objekte. Vera Butz zum Beispiel, mit 37 die jüngste Teilnehmerin. Mit der Motorsäge habe sie – dank gewisser Kenntnisse aus der Forstwirtschaft – schon vorher umgehen können, erzählt sie. Das filigrane Arbeiten damit sei aber eine neue Erfahrung, die „richtig viel Spaß“ mache.

Am dritten Tag hat sich Butz noch einmal ein Stück Holz vorgenommen, das sie spontan an den Kopf einer Antilope erinnert. Und es ist bemerkenswert, zu verfolgen (nicht nur bei diesem Stück), wie sich der Stamm dann zu etwas entwickelt, das tatsächlich immer deutlicher danach aussieht. „Entscheidend ist schon die Auswahl des Holzes“, erklärt Andrea Koch. Denn aus einem völlig neutralen Stück Stamm etwas zu schnitzen, sei erstens schwer und zweitens auch irgendwie langweilig. Man müsse schon vorher gewisse Formen erkennen, quasi bei der Auswahl des Materials eine Idee vom späteren Objekt im Kopf haben.

Der Mann, der all diese Formen genau im Kopf und im Blick hat, ist Richard Allgaier aus Bad Waldsee. Ein echter Künstlertyp, mit vielen interessanten Erfahrungen, der eigentlich aus dem grafischen Bereich (vor allem Reisemalereien) kommt, sich aber vor vielen Jahren auch auf die Holzbildhauerei spezialisiert hat. „Einen Baum hat der Richard wohl noch nie umgesägt“, schmunzelt Fottner. Doch ansonsten genießt Allgaier, der immer wieder helfend eingreift und wertvolle Tipps gibt, allergrößten Respekt. „Es ist beeindruckend, welches Gespür für Formen er hat“, so Fottner. Allgaier wiederum ist auch sehr zufrieden mit den Teilnehmern. Die Ergebnisse seien in diesem Jahr besonders vielfältig gewesen, sagt er beim Abschied.

Idee eines eigenenSkulpturenparks

Eine Kunst für sich ist es dann übrigens auch, wie die Teilnehmer ihre Objekte in ihren Autos (oder Hängern) platzieren, damit irgendwann alles heil nach Hause kommt. Schade findet Andrea Koch Folgendes: Dass die meisten Objekte „verschwinden“, also für alle anderen nicht mehr einfach so sichtbar sind. „Es wäre schön, sie mal alle irgendwo gesammelt betrachten zu können“, überlegt die Gerolsbacherin. „In einer Art Skulpturenpark.“ Wer da eine Idee habe, könne sich ja gerne melden. In Klenau ist inzwischen wieder aufgeräumt. Doch es werden hier in Zukunft freilich weitere Holzskulpturen entstehen. An diesem kreativen Ort.

SZ

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