Neuburg

Innenstadt-Wollladen schließt bald

Inhaberin Brunhilde Heinrich-Schlüter nennt als Hauptgrund für die Aufgabe den bevorstehenden Umbau der Schmidstraße

10.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:25 Uhr
Vicky Müller-Toùssa

Das Wollhaus von Brunhilde Heinrich-Schlüter schließt am 30. Juni. Ein gestricktes Schild im Laden weist schon darauf hin. Der Räumungsverkauf läuft seit zwei Wochen. Fotos: Müller-Toùssa

Von Vicky Müller-Toùssa

Neuburg – Das Wollhaus in der Schmidstraße in Neuburg schließt am 30. Juni nach sieben Jahren seine Pforten. Den Strickfreundinnen und Strickfreunden bleiben somit noch knappe drei Wochen, um sich mit allem rund um das Thema Stricken einzudecken. Als einen der Gründe für die Geschäftsaufgabe nennt die Inhaberin Brunhilde Heinrich-Schlüter den unmittelbar bevorstehenden Umbau der Schmidstraße.

„Ich mache ja nicht aus Jux und Tollerei zu, sondern weil es sich einfach nicht mehr trägt“, sagt Heinrich-Schlüter. Wie viele andere Einzelhändler auch, habe sie sich noch nicht vollends von den Auswirkungen der Corona-Pandemie erholt. Anscheinend haben sich viele ihrer Kundinnen und Kunden daran gewöhnt, online zu kaufen und seien dabeigeblieben, vermutet Heinrich-Schlüter. Das Kaufverhalten der Menschen habe sich in der Zeit grundsätzlich verändert. Sie selbst, betont die Einzelhändlerin, schaue immer zuerst in Neuburg – und nur wenn es das Gewünschte dort nicht gebe, bestelle sie online. Doch als ausschlaggebenden Grund für ihre Aufgabe nennt sie die bevorstehende Baustelle in der Schmidstraße, die von kommendem Montag an zwischen vier und fünf Monaten anhalten soll. Die Entscheidung habe sie tatsächlich recht kurzfristig nach der Anliegerversammlung, die am 9. Mai stattfand, getroffen. „Ich hatte sogar einen Flyer drucken lassen, mit der Botschaft: ,Wir sind weiterhin für Sie da‘“, erzählt Heinrich-Schlüter. Doch dieser kam nicht mehr zum Einsatz. Die Inhaberin beschloss doch aufzuhören – und den Räumungsverkauf schnellstmöglich anzukündigen, um noch möglichst viel Zeit vor der Baustelleneröffnung für den Verkauf nutzen zu können.

Seit zwei Wochen läuft der Räumungsverkauf mittlerweile. Ihr zusätzliches Lager ist schon leer. „Die erste Woche sind wir überrollt worden“, erzählt sie und ergänzt, dass ihre Kundinnen in Gesprächen alle bedauern, dass es bald kein Wollgeschäft mehr in Neuburg geben wird. Sie wüssten nun nicht, wo sie in Zukunft ihre Wollartikel kaufen sollen. Egal ob Sommer- oder Winterwolle aus Alpaka, Cashmere, recyceltem Material oder auch die aktuell sehr begehrte Topflappen-Baumwolle zur Herstellung von wiederverwendbaren Spültücher, all das fanden sie bisher in der Schmidstraße.

Heinrich-Schlüter kennt fast all ihre Kundinnen beim Namen. Sie sagt, sie nehme sich auch gerne Zeit für Gespräche. Denn es gehe nicht nur darum, Ware zu erwerben oder zu verkaufen, das Drumherum sei auch wichtig. „Das Persönliche zählt“, sagt die Einzelhändlerin.

Drei Kundinnen befinden sich während des Gesprächs mit der Zeitung im Laden. „Freilich ist es schade“, erklärt eine Frau. Leider stricke sie selber – außer Socken für ihre Männer – nicht viel. „Also wegen mir kann sie nicht bestehen“, sagt sie. Eine andere Frau hat dagegen in den vergangenen Jahren deutlich mehr Geld im Laden gelassen. „Hier gab es auch immer eine tolle Beratung. Ich weiß jetzt nicht, wo ich meine Wolle in Zukunft kaufen werden“, sagt sie. Verständnis bringt Kundin Brigitta Boßlet mit. Doch auch sie bezeichnet die Aufgabe als Riesenverlust. Aus Boßlets Sicht sei der geplante Umbau der Schmidstraße, der im kommenden Jahr auch der Umbau der Färberstraße folgen soll, „wirklich am Einzelhändler vorbei“.

Was Brunhilde Heinrich-Schlüter ab 1. Juli machen wird, das weiß sie noch nicht. Sicher sei aber, dass sie kein Geschäft mehr führen werde, sagt die 67-Jährige. Sollte es nach dem Räumungsverkauf noch Restbestände geben, will sie diese übers Internet verkaufen. „Oder ich spende es an verschiedene soziale Einrichtungen“, wie sie es in der Vergangenheit auch schon getan hat. Eines ist Brunhilde Heinrich-Schlüter noch wichtig: Auch wenn es bei ihr keine Wolle mehr zu kaufen gibt, wünsche sie sich trotzdem, dass die Strickfreunde weitermachen.

DK

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