Bayerischer Rundfunk kommt fest in die Region

Sender eröffnet in Weißenburg sein Studio Fränkisches Seenland – Leben auf dem Land im Blick

24.05.2022 | Stand 22.09.2023, 22:57 Uhr

Ein schmuckvolles Brot zur Einweihung des BR-Studios Fränkisches Seenland bringt Alexander Herzog, Bäcker und Mitglied des Stadtmarketingvereins Gunzenhausen, den beiden Redakteurinnen Ulrike Lefherz (rechts) und Vera Held vorbei – von der Kamera eingefangen von Henry Lai, der die Eröffnung des letzten Regionalstudios für den Bayerischen Rundfunk dokumentiert. Übrigens vor dem Platz für Live-Schalten. Auch ein Promi könnte hier sitzen und zu den Fernsehzuschauern der ARD sprechen. Fotos: Luff

Von Volker Luff

Hilpoltstein/Weißenburg – Für die große und Aufsehen erregende Debatte um die Ansiedlung von Center Parcs am Brombachsee im vergangenen Jahr sind sie in bisschen zu spät dran gewesen. Der Bürgerentscheid war schon vorbei, als zwei Korrespondentinnen des Bayerischen Rundfunks (BS) sich plötzlich um das Fränkische Seenland kümmern sollten. Center Parcs am Seen-strand ist Geschichte. Der BR allerdings ist präsenter denn je in der Region: In Weißenburg gibt es seit März ein eigenen BR-Studio Fränkisches Seenland; die offizielle Einweihung mit Gästen aus Politik, Gesellschaft und Medien war am Dienstag. Dabei gaben die Korrespondentinnen Vera Held (38) und Ulrike Lefherz (53) einen Einblick in ihre Arbeit.

Wie sehr die lokalen Akteure die Präsenz des Fernsehens und Radios im ländlichen Raum schätzen, stellte die illustre Gästeschar unter Beweis: Mit Arthur Auernhammer und Ralph Edelhäußer (beide CSU), Jan Plobner (SPD) und Kristine Lütke (FDP) waren gleich vier Bundestagsabgeordnete vertreten, dazu die Landtagsabgeordneten aus Roth und Weißenburg-Gunzenhausen sowie die beiden Landräte. Doch arbeitet das Duo Held/Lefherz nicht nur in den beiden großen Massenmedien, sondern bespielt auch Social-Media-Kanäle und das Internet. Die beiden Frauen agieren also crossmedial, wie es neudeutsch heißt.

Öffentlich-Rechtliche wollennäher am Menschen sein

„Der BR ist da, wo das Herz der Menschen schlägt“, kreierte Kristine Lütke gleich einen Slogan, den der öffentlich-rechtliche Sender vom Fleck weg nutzen könnte. Stattdessen setzten dessen Vertreter bei der Vorstellung des neuen Studios vor allem auf einen Spruch, den die CSU eigentlich für sich gepachtet hat: „Näher am Menschen“ wolle man sein, sagte beispielsweise der BR-Informationsdirektor Thomas Hinrichs. Er hat die Strategie entwickelt, dass BR-Mitarbeiter in die Fläche gehen und für mehrere Kanäle arbeiten.

Das Studio Fränkisches Seenland, das ausdrücklich auch für den südlichen Kreis Roth zuständig ist, bildet für Hinrichs einen Lückenschluss. In den vergangenen Jahren sind nämlich zahlreiche neue Studios in Bayern gegründet und bestehende Standorte crossmedial ausgebaut worden. Weißenburg ist der letzte von insgesamt 30 Standorten, hier soll man vor allem – echt fränkisch – mit Ansbach zusammenarbeiten, weitere Studios in räumlicher Nähe sind etwa in Donauwörth und Neumarkt angesiedelt.

„Für mich ist es ein kleiner Traum, der jetzt in Erfüllung geht“, sagte Klaus Häffner, gebürtiger Weißenburger, überzeugter Franke und bis 2009 langjähriger Leiter des Studios Franken des BR. Er hatte lange dafür gekämpft, dass der öffentlich-rechtliche Sender seine Heimatregion stärker würdigt. Letztlich mit Erfolg. Oder wie es Informationsdirektor Hinrichs ausdrückte: „Wenn ein Nassforscher aus Nürnberg oder München zu Ihnen kommt, können Sie ihn wieder nach Hause schicken.“ Weil mit Ulrike Lefherz, die einst in Gunzenhausen eine Ausbildung machte, als der Altmühlsee gerade geflutet wurde, und der Gunzenhausenerin Vera Held kompetente Leute hier seien, „die wissen, was die Menschen in der Region bewegt“. Nur an diesem Dienstag konnten die beiden Frauen nicht selbst berichten, sie standen schließlich im Mittelpunkt. Als Ersatz kam Henry Lai – der zwar in Nürnberg für den BR arbeitet, aber in Hilpoltstein wohnt und aufgewachsen ist. Und beim Hilpoltsteiner Kurier seine ersten journalistischen Schritte unternommen hat.

Die Auseinandersetzung um einen geeigneten Standort für das neue ICE-Werk der Bahn sei ein Thema, über das aus dem neuen Studio berichtet werde, erzählte Ulrike Lefherz – und das es bis in die bayernweiten Nachrichten schaffen könne. Für die Übertragung des Challenge-Triathlons rücke ein großes Team des BR an, doch für die kleinen Geschichten am Straßenrand oder mit Helfern des Großereignisses seien wiederum sie zuständig, ergänzte Vera Held.

Monatelang aus der Regionauch ohne Studio gesendet

Die Wiedereröffnung eines Hotels in Weißenburg durch einen türkischstämmigen Investor sei bislang aber im BR überhaupt nicht thematisiert worden, so Lefherz. Derartige Geschichten aus der Region kämen vielleicht nicht in den Hauptnachrichten, seien aber dennoch erzählenswert. Schon in den vergangenen sieben Monaten sei sie dafür im Seenland unterwegs gewesen. Ohne Studio. „Da haben wir aus Bäckereien oder auch von der Rückbank des Autos aus gesendet.“

Ihr sei wichtig, dass die Gesellschaft wieder enger zusammenrückt, so Lefherz, das sei in der Coronazeit verloren gegangen: „Da haben sich viele Menschen nicht mehr abgeholt gefühlt.“ Gesellschaftliche Debatten aus der Region aufzugreifen und einem großen Publikum näherzubringen, sei für sie ein Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen. Der Klimawandel, die demographischen Veränderungen sowie die Digitalisierung seien für sie dabei die große Klammer, hier sollten sich die Menschen wiederfinden. Das deckt sich mit der Auffassung des Abgeordneten Jan Plobner: „Es ist der Auftrag des BR, dass er ganz Bayern in Blick hat.“ Ein solches Studio sei da hilfreich. Und überfällig, sprang ihm CSU-Kollege Edelhäußer forsch bei: „Endlich kommt die Bedeutung des Fränkischen Seenlandes auch in München an.“Auch auf den Landkreis Roth werde diese Einrichtung abfärben, schon alleine, weil man etwa bei Laufveranstaltungen, aber auch bei Kunst und Kultur oft zusammenarbeite, so der Vorsitzende im Kreis Roth-Weißenburg des Bayerischen Leichtathletik-Verbandes.

Regionalisierung erfolgtweitgehend kostenneutral

Thomas Hinrichs war es wichtig herauszustellen, dass man mit dem Geld der Gebührenzahler verantwortlich umgehe. Denn die Regionalisierung bedeute nicht, dass Personal aufgestockt werde, sämtliche Leute würden aus den bisherigen Zentralen kommen. Zudem habe man durch die Stilllegung der früheren Übertragungswagen, „der Zwölf-Tonner“, Ressourcen geschaffen, um – wie jetzt eben in Weißenburg – Studios mit moderner Produktionstechnik für Live-Schalten, Vertonung sowie Audio- und Video-Schnitt einrichten zu können. Zum Wohle der Menschen auf dem Land, rief er den Einweihungsgästen zu, denn: „Der BR gehört Ihnen.“

HK

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