Tiny Houses für Schwabach

Gesinnungsgenossen gesucht

Kathrin und Wolfgang Wienss wollen in Schwabach eine Tiny-House-Siedlung realisieren

14.01.2022 | Stand 22.09.2023, 23:15 Uhr
Kathrin Wienss wohnt schon seit September auf kleinem Raum Probe. Im Garten hat das Ehepaar diese Jurte mit 6 Metern Durchmesser und 30 Quadratmetern Wohnfläche aufgebaut. −Foto: Schmitt

Schwabach - Noch vor wenigen Jahren hätte sich unter dem Begriff vermutlich kaum jemand etwas vorstellen können. Heute aber sind sie in vieler Munde und beschäftigen die Bauabteilungen der Gemeinden. "Tiny-Houses" sind kleine, aber voll nutzbare Holzhäuser, die in der Regel auf einen Anhänger mit Rädern montiert und daher mobil sind.

Mittlerweile existiert in Bayern sogar ein eigener Verein, der die Schaffung von "Tiny-House-Siedlungen" im Freistaat vorantreibt. Laut verschiedener Medien gibt es bereits zahlreiche Projekte. Franken war hier Vorreiter. Die erste Tiny-House-Siedlung ist 2018 auf einem 17000-Quadratmeter-Grundstück in der kleinen Fichtelgebirgs-Gemeinde Mehlmeisel entstanden.

Nun soll eine in Schwabach hinzukommen. Kathrin und Wolfgang Wienss suchen dafür Gesinnungsgenossen, ein Grundstück und Sponsoren. "Wir wollen minimalistisch und in der Gemeinschaft leben", sagen sie. Dafür wollen sie sogar ihr Eigenheim in der Freiherr-vom-Stein-Straße aufgeben. Auf dem dortigen Grundstück probt Kathrin Wienss schon seit September das Leben auf kleinem Raum. Im 1000-Quadratmeter-Garten hat das Ehepaar eine Jurte mit sechs Metern Durchmesser und 30 Quadratmeter Wohnfläche aufgebaut. Kathrin Wienss fühlt sich dort sehr wohl. "Das ist flexibel, kostengünstig und umweltfreundlich", findet die Waldorf-Lehrerin. Eine Tiny-House-Siedlung sei geprägt von Kultur, der Gemeinschaft und dem füreinander einstehen.

Das Interesse an der alternativen Wohnform in Oberfranken war von Anfang an groß. Ende 2019 haben dort bereits 30 Personen in 20 Tiny-Houses gelebt. Wie auch Familie Wienss wollen sie nicht nur einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck hinterlassen, sondern auch nicht zu viel Lebenszeit in Bau und Unterhalt der eigenen vier Wände investieren. In Mehlmeisel haben zwei Architektur-Studenten ein Tiny-House im Rahmen eines Workshops gebaut. Dafür benötigten zehn Personen sechs Tage, und mit etwas mehr Routine würde es noch merklich schneller gehen, betonen die Initiatoren, die zu zweit auf 26 selbstgebauten Quadratmetern leben. Die Kosten für das Material lagen bei etwa 25000 Euro.

Die Anhänger dieser Philosophie beteuern häufig, man müsse in diesem kleinen Reich auf nichts verzichten, aber zuvor gut überlegen, was einem wirklich wichtig sei. "Der eine will eine größere Küche, der andere will vielleicht lieber eine Badewanne als eine Dusche." Leben im Minihaus ist also ein permanenter Selbsttest: "Was brauche ich wirklich, was glaube ich nur zu brauchen." Manches wird aber auch spürbar leichter: Aufräumen dauert fünf Minuten, und in einer Stunde ist alles geputzt.

Ganz so einfach wird die Realisierung einer Tiny-House-Siedlung in Schwabach gewiss nicht zu erreichen sein. In Mehlmeisel haben Bürgermeister und Gemeinderat den Plan von Anfang an unterstützt. Doch nicht überall sind die Projekte auf ungeteilte Zustimmung gestoßen. Schließlich stellt das Baurecht gewisse Anforderungen an Wohngebäude, die für Tiny-Houses nicht erfüllt werden können. Doch Kathrin und Wolfgang Wienss setzen auf Argumente. "Wenn die Kommunalpolitik das will, lassen sich Wege finden", so Kathrin Wienss. Das sei andernorts bereits unter Beweis gestellt worden.

HK

Robert Schmitt

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