Ingolstadt - Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Der ERC Ingolstadt hat mit einem 10:1 (3:0, 2:0, 5:1)-Kantersieg gegen nur 14 müde Feldspieler der Nürnberg Ice Tigers sein Sechs-Punkte-Wochenende komplettiert und zugleich einen Konkurrenten um die direkte Play-off-Qualifikation in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) auf Distanz gehalten. Dass die nicht ganz so arg gebeutelten, aber ebenfalls ersatzgeschwächten Panther bis zum Ende nicht lockerließen, brachte Nürnbergs Coach Tom Rowe auf die Palme.
Im vierten Heimspiel in Folge gegen die Franken traten die Ingolstädter in ihren Neon-Trikots an – und nach 8:0, 7:0 und 7:2 gelang ihnen am Sonntag zum vierten Mal ein Schützenfest, diesmal sogar mit zweistelligem Ergebnis. Das dürfte allerdings weniger an den signalfarbenen Jerseys als am enorm Corona- und verletzungsgeplagten Gegner gelegen haben.
Die Nürnberger hatten nur vier gelernte Abwehrspieler zur Verfügung, dann verletzte sich beim Aufwärmen auch noch Kapitän Patrick Reimer. Rowe beorderte den eigentlich als Aushilfsverteidiger vorgesehenen Gregor MacLeod in den Angriff, um wenigstens drei komplette Sturmreihen aufbieten zu können.
Am Freitag hatten die Nürnberger mit ähnlichem Aufgebot dank einer Energieleistung 3:2 gegen die Grizzlys Wolfsburg gewonnen – am Sonntag in der Saturn-Arena waren sie kraft- und absolut chancenlos. „Sie haben sehr gut, sehr körperbetont angefangen. Unsere 3:0-Führung nach dem ersten Drittel war vielleicht etwas schmeichelhaft“, sagte ERC-Trainer Doug Shedden. „Doch am Ende haben sie ihrem kleinen Kader Tribut zollen müssen.“
Die ersten zehn Minuten konnten die Ice Tigers tatsächlich einigermaßen ausgeglichen gestalten, doch den ersten Treffer hatte der ERC, der im Vergleich zum 6:1 bei den Krefeld Pinguinen am Freitag mit unveränderter Aufstellung angetreten war, zu diesem Zeitpunkt bereits erzielt: Louis Brune schaufelte die Scheibe vors Tor, wo Samuel Soramies sie geschickt per Direktabnahme am fränkischen Torhüter Niklas Treutle vorbei zum 1:0 ins Netz beförderte (4.).
Von Minute zu Minute rissen die spielfreudigen Ingolstädter die Partie immer mehr an sich – und schlugen dann innerhalb von 54 Sekunden zweimal zu. Beim 2:0 versenkte Ben Marshall einen Abpraller (14.), beim 3:0 war es David Warsofsky (15.). Um ein Haar wäre sogar ein dritter Verteidiger erfolgreich gewesen, doch Simon Gnyp traf statt zu seinem ersten Tor im ERC-Trikot nur den Pfosten (15.).
Das Mitteldrittel plätscherte lange Zeit ereignisarm dahin – die Panther wollten, die Ice Tigers konnten nicht mehr zeigen. Trotzdem reichte es für weitere Ingolstädter Treffer: Brandon DeFazio, am Freitag mit einem Hattrick erfolgreich, fälschte im Powerplay einen Justin-Feser-Schuss zum 4:0 ab (31.). Frederik Storm erhöhte mit einer schönen Einzelleistung auf 5:0 (40.). Louis-Marc Aubry düpierte den bemitleidenswerten Treutle im kurzen Eck zum 6:0 (42.).
Im Schlussdrittel blieb der angeschlagene Jerome Flaake in der Kabine, in Überzahl gelang Nicholas Welsh der Nürnberger Ehrentreffer (45.). Doch Feser (47.), Warsofsky (49.), Mirko Höfflin (57.) und Storm (58.) hatten noch nicht genug vom Toreschießen und erzielten gegen zunehmend frustrierte, mitunter unfair spielende und in Auflösung begriffene Eistiger die ERC-Treffer sieben bis zehn.
Was Rowe nicht in Ordnung fand: Nürnbergs Coach warf Shedden unmittelbar vor der Pressekonferenz vor, bis zum Schluss mit den Top-(Überzahl-)Formationen gespielt und seine taumelnde Mannschaft vorgeführt zu haben. Nach seinem Statement („Aber das wirft uns nicht zurück“) verließ er das Podium vorzeitig.
Doppeltorschütze Warsofsky widersprach: „Es war gut, dass wir bis zum Ende durchgezogen haben. Wir haben auch einige Ausfälle. Natürlich sind solche Spiele nicht ideal, aber wir sind alle Profis, das ist unser Job. Ich kann da nichts Anstößiges dran finden.“ Vor der Olympia-Pause stehen für die Panther noch zwei Heimspiele an: Am Freitag (19.30 Uhr) kommt Krefeld, am Sonntag (14 Uhr) Bietigheim.
Statistik
ERC Ingolstadt: Taylor - Wagner, Marshall; Quaas, Warsofsky; Gnyp, Hüttl - DeFazio, Feser, Storm; Flaake, Höfflin, Simpson; Koch, Aubry, Stachowiak; Soramies, Brune.
Nürnberg Ice Tigers: Treutle - Weber, Welsh; Mebus, Fleischer; Pilu - Fox, Stoa, Friedrich; Schmölz, Sheehy, MacLeod; Ribarik, Ustorf, Kislinger.
Schiedsrichter: Reneau/Steingroß.
Tore: 1:0 Soramies (4.), 2:0 Marshall (14.), 3:0 Warsofsky (15.), 4:0 DeFazio (31./PP1), 5:0 Storm (40.), 6:0 Aubry (42.), 6:1 Welsh (45./PP1), 7:1 Feser (47.), 8:1 Warsofsky (49.), 9:1 Höfflin (57./PP1), 10:1 Storm (58.).
Strafminuten: 10/12.
Alexander Petri