Windkraft

„10H kann sich nicht halten“

Verwaltung geht davon aus, dass im Landkreis Roth bald wieder Windkraftanlagen entstehen werden

10.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:29 Uhr

Windparks wie der bei Landersdorf könnten in Zukunft weitere entstehen. Foto: Karch

Von Rainer Messingschlager

Hilpoltstein – Energie nachhaltig erzeugen, autark werden, die Abhängigkeit von Öl und Gas abstreifen: Mit dem Ukrainekrieg haben diese Themen eine ungeahnte Dynamik gewonnen. Nicht zuletzt deswegen hat Dieter Tausch von der Unabhängigen Energieagentur (ENA) des Landkreises recht, wenn er – wie in der Sitzung des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt, Wirtschaft und Regionalentwicklung am Montag – sagt: „Die Bürger wollen die Energiewende.“

Einen ganz entscheidenden Teil kann dazu die Windenergie beitragen, die ist in Bayern zwar seit 1998 privilegiert, aber seit vielen Jahren von der 10H-Regel ausgebremst. Zur Erinnerung: Diese besagt, dass ein Windrad das Zehnfache seiner Höhe Abstand zur nächsten Bebauung halten muss. Kaum machbar in den Vorranggebieten – in ganz Bayern ebenso wie im Landkreis Roth. „In unseren Vorranggebieten ist seither kein einziges Windrad mehr gebaut worden“, sagte Jörg Pfaffenritter, Abteilungsleiter für Umwelt und Bau am Landratsamt. Kein Vorhaben habe 10H erfüllt.

Mit dem Wechsel in Berlin geht man beim Landkreis davon aus, dass die 10H-Regel fallen wird. „Die kann sich nicht halten“, sagte Landrat Herbert Eckstein (SPD). Die Regel habe jegliche Entwicklung verhindert. „10H war der Tod der Windkraftanlagen in Bayern.“ Es werde Veränderungen geben. Wichtig für ihn sei, dass „die Bürger beteiligt werden“.

Aktuell sind es gerade einmal neun Windräder, die sich im Landkreis drehen. Fünf alleine im Thalmässinger Windpark, zwei an der Autobahn bei Sindersdorf, zwei auf dem Gebiet der Marktgemeinde Allersberg. Wobei das 20 Jahre alte Pionierrad bei Göggelsbuch nach heutigen Gesichtspunkten nicht einmal halb zählt.

Vorranggebiete gibt es dagegen einige, im Norden bei Rohr, Kammerstein und Rednitzhembach, im Westen von Abenberg, südlich von Spalt und Röttenbach sowie natürlich im Süden des Landkreises bei Heideck, Hilpoltstein, Thalmässing und Greding. Viele der Standorte, vor allem die im Norden, galten lange Zeit als nicht besonders wirtschaftlich. Dies hat sich aber im Zuge der mittlerweile bis zu 250 Meter hohen Anlagen geändert.

Die neue Bundesregierung hat sich vorgenommen, zwei Prozent der Fläche Deutschlands für die Windenergienutzung planerisch zu reservieren und dies gesetzlich zu verankern, ausgewiesen sind bisher 0,8 Prozent. „Wie geht es nun weiter?“, stellte Pfaffenritter in den Raum. Es sei noch alles offen, wobei man aber sicher sein könne, „dass der Ausbau kommt“. Ebenso sicher sei für ihn, dass die zwei Prozent kommen. Diese müsse dann auch Bayern erfüllen, so Eckstein.

Falls die zwei Prozent nicht erreicht werden, kann sich Pfaffenritter auch vorstellen, dass dann wieder auf die Privilegierung zurückgegriffen wird. Sprich, ein Windrad ist dann wie ein landwirtschaftliches Vorhaben zu betrachten. „Auch Landschaftsschutzgebiete werden vermutlich nicht mehr ausgeklammert.“ Lediglich FFH-Gebiete und Vogelschutzgebiete blieben nach wie vor geschützt. „Wir werden sicher Anlagen bekommen.“

Wieder heißer diskutiert wird dann auch wieder die Frage der Leitungen. Hier zeigten sich im Ausschuss zwei sehr unterschiedliche Positionen. So sind für Bürgermeister Felix Fröhlich (SPD, Rohr) Höchstspannungsleitungen (wie die Juraleitung P53) nicht das, was die Region braucht. Er plädierte für den Ausbau des Mittel- und Niedrigspannungsnetzes und Anlagen vor Ort. Dem widersprach Manfred Dorner (CSU), der diese Netze bereits bei großen Freiflächen-PV-Anlagen für ungeeignet hält.

HK

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