Ingolstadt (DK) Der Fachkräftemangel in der Region wird zu einem echten Problem. Ein Sonderprogramm der Agentur für Arbeit soll nun dabei helfen, Personal für die boomende Wirtschaft zu gewinnen. 17 Beschäftigte der Ingolstädter High-Tech-Schmiede Conti-Temic, mehr als die Hälfte davon Frauen, drücken derzeit neben ihrer normalen Schichtarbeit zusätzlich die Schulbank.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben zum Teil keine Ausbildung oder stammen aus technikfremden Berufen wie Friseurin oder Krankenschwester. Ihr Ziel: Innerhalb von 14 Monaten werden die Beschäftigten zu IHK-geprüften Maschinenanlagenführern weitergebildet.
Die Herausforderung ist enorm, der Fleiß ebenfalls: Parallel in zwei Gruppen sind die Frauen und Männer zum Beispiel vormittags an ihrem Arbeitsplatz tätig. Nachmittags bekommen sie dann in drei 45-minütigen Unterrichtsstunden das Grundwissen und die Spezialfertigkeiten als Anlagenführer vermittelt. Die Weiterbildung, die seit Januar läuft und noch bis Ende April 2009 dauert, hat bisher noch niemand abgebrochen. "Das Unternehmen gewinnt weit mehr als nur qualifizierte Beschäftigte: Motivierte Menschen, die gerne im Betrieb bleiben", verdeutlicht Personalleiter Walter Schenk.
Auch sein Kollege Christian Fuchs ist von dieser Form der innerbetrieblichen Weiterbildung überzeugt. "Wir können den Mitarbeitern hier eine echte Perspektive aufzeigen", betont der Personalentwickler Produktion, der auch gleichzeitig im Betriebsrat sitzt.
Der angenehme Nebeneffekt: Nach der Qualifizierung könnten die Mitarbeiter auch besser vergütet werden. Möglich wird das Angebot zudem durch eine Initiative der Agentur für Arbeit in Ingolstadt, die seit Jahresbeginn offensiv für solche Bildungsmaßnahmen wirbt und die Unternehmen finanziell unterstützt.
"Wir bauen Wege für ältere Mitarbeiter und gering qualifizierte Beschäftigte", erläutert Maren Siegl vom Arbeitgeber-Service der Arbeitsagentur das Sonderprogramm WeGebAU ("Weiterbildung gering qualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen"). So lange es keinen Mangel an Fachkräften gab, spielte die Initiative kaum eine Rolle. Doch mit dem wachsenden Bedarf an gut ausgebildeten Mitarbeitern wächst das Interesse an WeGebAU. In diesem Jahr wurden bis Ende März bereits 34 Einzelfälle von der Agentur gefördert. Dazu zählen die 17 Conti-Temic-Beschäftigten genauso wie die Arbeiter, die zum Beispiel den Gabelstaplerschein in einem Schnellkurs absolvieren. Insgesamt 400 000 Euro stehen der Ingolstädter Agentur heuer für WeGebAU zur Verfügung.
Maren Siegl spricht mit Managern in der ganzen Region, um das Programm bekannter zu machen und hat unter anderem bereits in Pfaffenhofen oder Vohburg Erfolge einfahren können. "Wir versuchen auch, das Bewusstsein in den Unternehmen zu verändern", berichtet Teamleiter Sven Neuenfeldt. "Die Firmen müssen in die Qualifikation ihrer Beschäftigten investieren, um den Standort zu sichern." Allein in der Region, das ist klar, werden Neuenfeldt und sein Team schon lange nicht mehr fündig: Oftmals müssen die Vermittler bundesweit nach den passenden Arbeitskräften fahnden.