Bühne frei für Helden

10.07.2008 | Stand 03.12.2020, 5:46 Uhr

Dealen im Klassenzimmer: Keine Angst, es ist alles nur Theater. Mädchen der Schule an der Stollstraße proben für "Helden wie wir" – ein Projekt zur Suchtprävention. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Die Mädels sind völlig aus dem Häuschen. "Fragen Sie mich auch was", hallt es immer wieder durchs Klassenzimmer. Sie alle wollen los werden, dass das Projekt Balsam für ihr Selbstbewusstsein ist. Dass das Theaterspielen "voll cool" ist und, dass Magersucht und Bulimie "wirklich krass" sind. Im wahrsten Sinne "zum Kotzen" eben.

Susanne Stich-Bender, Schauspielerin, Theaterpädagogin und Theatertherapeutin mahnt zur Ruhe. Eine Gruppe Mädchen stellt sich schnell in Position. "Drei, zwei, eins, null – Showtime", ruft Stich-Bender. In der ersten Szene geht es ums Dealen – oder besser gesagt, wie man im Fall des Falles Nein sagen kann.

Die vier eingeübten Szenen werden noch einmal geprobt. Am Abend muss alles klappen, wenn bei der Abschlussveranstaltung des Projektes "Helden wie wir – Suchtprävention macht Theater" die Eltern in der Aula der Hauptschule an der Stollstraße die Premiere ihrer Töchter und Söhne beklatschen.

Der zur Danuviusklinik gehörende Verein Danu, der eine therapeutische Wohngemeinschaft für essgestörte junge Frauen trägt, hat seine Sucht-Präventionsarbeit für Jugendliche in der Region ausgebaut und geht mit seinem Projekt "Helden wie wir" nach und nach an die Schulen. In der Stollstraße war Auftakt.

An je drei Unterrichtstagen machen die Buben und Mädchen Theater. Mangelndes Selbstwertgefühl ist oft eine Ursache für Suchtverhalten oder Essstörungen. Karen Silvester, Referentin für Suchtprävention und Leiterin des Fachbereichs Essstörung an der Danuviusklinik, will durch das Theaterprojekt die Kreativität der Jugendlichen fördern. "Sie lernen, wer sie sind und was sie können." Das schule vor allem das Selbstbewusstsein.

Jungen und Mädchen sind bei dem Projekt getrennt. Bei den Mädchen stehen als Suchtfaktoren Essstörungen im Vordergrund, bei den Jungen Aggression und Alkohol. "Theater spielen ist ein wahrlich gutes Mittel, um Kinder zu fassen", sagt Stich-Bender. "Sie bringen sich voll und ganz ein."

Entsprechend groß ist auch das Lob, das die Schauspielerin am Ende vergibt: "Da ist ein großes Können vorhanden. Ihr solltet weitermachen", ermuntert sie die Mädchen. Besuche zu verschiedenen Schultheaterprojekten sind bereits in Planung.

In den vier Szenen, die gestern Abend die Eltern von den Mädchen zu sehen bekamen, ging es um Drogen, Verführung in der Disco und um Schülerquälerei, wenn Kinder zum Trinken gezwungen werden. Die Szenen wirken – zumindest auf dem gedrehten Video – täuschend echt. "Ich hab jetzt viel mehr Selbstbewusstsein", sagt Nese (14). Und auch Sera (15), Janine (14) und Buket (13) sind begeistert. "Ich bin stolz auf mich", sagt Ebru. Gelernt hat die 13-Jährige noch mehr: "Dass man an Magersucht sterben kann . . ."

 

 

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