Politische Schwergewichte beim Gillamoos

19.08.2008 | Stand 03.12.2020, 5:40 Uhr

Auftrieb der politischen Zugpferde: Beim Gillamoos geben sich heuer, 20 Tage vor der Landtagswahl, hochrangige Politiker die Ehre. Neben Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU, von links) kommen SPD-Spitzenkandidat Franz Maget, der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle sowie der Vorsitzende der Freien Wähler in Bayern, Hubert Aiwanger (unten), und Sepp Daxenberger von den Grünen. - Foto: DK-Archiv

Abensberg (DK) 20 Tage vor der Landtagswahl treiben die Parteien beim politischen Gillamoos ihre ganz großen Zugpferde auf die Festwiese. Bei dem traditionellen Spektakel am 8. September gibt es aber auch eine Neuauflage des Polit-Klamauks mit dem Stoiber-Double Wolfgang Krebs.

Der beliebte TV-Kabarettist Krebs wollte zwar noch nicht zu viel über sein Programm verraten, versprach aber "so eine Art Aschermittwoch-Veranstaltung ohne Aschermittwoch". Sahen die Planungen des aus dem BR-Magazin "quer" als Stoiber-Double bekannten Künstlers ursprünglich einen Auftritt als Beckstein vor, hat es sich Krebs nun doch anders überlegt. Seit einigen Tagen liefen die Vorbereitungen, verriet er, und nun wolle er doch wieder in seine Paraderolle schlüpfen.

Stoibers Rückkehr

"So etwas wie Passau zu den besten Zeiten von Franz Josef Strauß" schwebt dem Kabarettisten für den Vormittagsauftritt in Abensberg vor. "Auf alle Fälle wird das wieder ein Riesenkracher", verpricht er. In sein Programm will der Parodist zwar auch die eine oder andere Stimme aus dem Off einbauen – möglich wären der "Franz Beckham-Bauer" oder eben auch der Günni aus "Edi und Günni" –, in der Hauptsache lässt er aber den ehemaligen Ministerpräsidenten in seiner neuen Rolle als Elder Statesman zu Wort kommen. Mit von der Partie ist auch der Musiker Sepp Müller, bekannt als Büroleiter im Bühnenprogramm der "Stoiberschau".

Angesichts dieser geballten Comedy, die schon bei der Premiere im vergangenen Jahr die Massen ins Ottenzelt lockte, werden es die Originale wieder schwer haben. Doch die nahende Landtagswahl hat die Parteien zumindest dazu veranlasst, besonders namhafte Redner nach Abensberg zu schicken. Für die CSU steigt kein geringerer als Ministerpräsident Günther Beckstein nach 2001 und 2005 zum dritten Mal in den Ring.

Die SPD präsentiert mit Franz Maget ihren Spitzenkandidaten für den 28. September im Jungbräu. Der Sozialdemokrat spricht damit nach 2000, 2003 und 2004 zum vierten Mal beim Gillamoos.

Die Liberalen erwarten ihren Bundesvorsitzenden Guido Westerwelle im Weinzelt. Auch er ist nach seinen Auftritten 2003 und 2005 kein Unbekannter mehr auf dem Gillamoos. Für die Freien Wähler wird der Landesvorsitzende Hubert Aiwanger im Weißbierstadel das Wort ergreifen. Gemunkelt wird auch über einen Auftritt von Gabriele Pauli – doch dieses Gerücht wurde bis dato offiziell nicht bestätigt.

Grüne halten Abstand

Ausgesperrt von den großen Biertempeln bleiben weiterhin die Grünen, die schon im vergangenen Jahr dem Polit-Klamauk im Ottenbräu Platz machen mussten. Ihr Redner Sepp Daxenberger muss mit dem eher gediegenen Ambiente im Gasthof Kuchlbauer, weit weg vom Rummel auf der Gillamooswiese, vorlieb nehmen. Der frühere Bürgermeister von Waging und jetzige Landtagsabgeordnete durfte bereits in den Jahren 1994 und 2003 Gillamoosluft schnuppern.

Die ÖDP bleibt dem politischen Gillamoos fern. Sie lädt am Tag darauf ins Hotel Jungbräu ein und lässt den Landeschef Bernhard Suttner unter dem Titel "Nüchtern nachgedacht – am Dienstag nach dem Gillamoos" reden (siehe eigenen Bericht).

Die Geschichte des politischen Gillammoos, der vermutlich größte politische Stammtisch der Welt, reicht ein halbes Jahrhundert zurück. Vor 50 Jahren hielt die Bayernpartei die erste Versammlung auf dem traditionsreichen Volksfest ab. Seither zieht es jedes Jahr die Massen an, um mitzuerleben, wie die Politiker die Hemdsärmel aufkrempeln und dem politischen Gegner kräftig einschenken.

Who is who der Politszene

Das Gästebuch in den vergangenen Jahren liest sich wie ein Who is who der deutschen Politszene. Hier nur eine Auswahl: Oskar Lafontaine (1992), Rudolf Scharping (1993), Otto Graf Lambsdorf (1994/1998), Joschka Fischer (1998), Jürgen Möllemann (2001), Klaus Kinkel (2002), Claudia Roth (2004), Jürgen Trittin (1999/2005) oder Roland Koch (2006).

Auch Angela Merkel war schon einmal da: 2002, vor ihrer Zeit als Bundeskanzlerin, als der altgediente Gillamoos-Redner Edmund Stoiber (1994/1998/2003) Kanzlerkandidat war und zum Sturm auf Berlin geblasen hatte, dann aber scheiterte.

Einer machte stets einen auffallend großen Bogen um den politischen Gillamoos. In all den Jahren ist es der SPD um deren Kreisvorsitzende Johanna Werner-Muggendorfer niemals gelungen, Gerhard Schröder in seiner Zeit als Kanzler nach Abensberg zu locken. Doch im nächsten Jahr könnte es für die Sozialdemokraten nach Otto Schily (2002) und Franz Müntefering (2005) endlich wieder einmal klappen mit einem Vertreter aus der vordersten Reihe der Bundesprominenz. Schließlich steht dann die Bundestagswahl an.

 

 

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