Rechte und Pflichten

22.05.2009 | Stand 03.12.2020, 4:56 Uhr


Ingolstadt (knf) "Die Würde des Menschen ist unantastbar" – so beginnt Artikel 1 des Grundgesetzes. Der Parlamentarische Rat hatte es am 23. Mai 1949 in Bonn in einer öffentlichen Sitzung verkündet. Auch heute haben die 146 Artikel nichts an ihrer Bedeutung eingebüßt, findet Gudrun Rihl von Amnesty International Ingolstadt: "Das Grundgesetz ist immer noch wichtig und wird auch immer wichtig bleiben."

Gerade im Vergleich zu anderen Ländern könne Deutschland froh sein, dass Todesstrafe und Folter damit ausgeschlossen wurden, so Rihl. Auch in der Region 10 gibt es keinen Grund für Amnesty, aktiv zu werden. "Wir haben eine sogenannte Wächterfunktion. Im Augenblick sehen wir aber keine Verletzungen der Menschenrechte", sagt Rihl. Diese Sicherung gewährleistet der zweite Teil – die Grundrechte.

Allerdings sah sich die Amnesty-Gruppe aus Ingolstadt schon einmal in der Pflicht, die Umsetzung der Menschenrechte zu überprüfen. "Als der Rathausplatz neu gepflastert wurde, haben wir uns gefragt, wo denn die Steine überhaupt herkommen", erzählt Rihl. "Schließlich wollen wir nicht, dass die Pflastersteine aus Steinbrüchen kommen, in denen Kinderarbeit betrieben wird. Also haben wir uns informiert und festgestellt, dass alles unter menschenwürdigen Bedingungen produziert wird."

Die wenigsten Bürger wissen, dass der Freistaat Bayern nach 15 Stunden Debatte im Jahre 1949 das Grundgesetz abgelehnt hatte. Die CSU-Mehrheit war der Meinung, dass der Bund zu viel Macht gegenüber den Ländern erlangt. "Diese Sorge war unberechtigt. Das hat sich in den vergangenen Jahren erwiesen", findet Rihl.

Gestritten wird immer wieder über die Überwachung. "Vielen Bürgern ist nicht bewusst, dass ihre Grundrechte sehr eingeschränkt werden", sagt Maximilian Dachs vom Arbeitskreis (AK) gegen Vorratsdatenspeicherung, "aus unserem Rechtsstaat ist durch die mögliche Terrorbedrohung ein Vorsorgestaat geworden."

Dachs sieht auch in Ingolstadt Verstöße gegen das Grundgesetz: "Videoüberwachung gibt es in nahezu jedem Geschäft. Das ist aber nur dann erlaubt, wenn auch darauf hingewiesen wird. Daran hält sich eigentlich kein Laden."

Seine Kollegin Sandra Mamitzsch zweifelt ebenfalls an den Überwachungsmaßnahmen: "Nicht nur mit Videokameras, auch im Internet und am Telefon werden die Bürger ausspioniert. Wir wollen das Bewusstsein in den Köpfen der Menschen wecken, dass es jeden treffen könnte."

Die Bedeutung des Grundgesetzes sieht sie jedoch anders als Dachs. "Ich denke, dass die Anerkennung der Grundrechte jedem Bürger bewusst ist", sagt Mamitzsch. Um das Bewusstsein der Bürger Ingolstadts für ihre Grundrechte zu stärken und aufzurütteln, ist der AK am Samstag anlässlich des Jubiläums des Grundgesetzes mit einem Infostand in der Fußgängerzone. Zusätzlich soll sich um 14 Uhr eine Gruppe treffen. Die Versammlung wird die Grundrechte verlesen und kleine Ausgaben verteilen.

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