Jazzige Akkorde auf einander getürmt

25.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:28 Uhr

 

Eichstätt (EK) Allgemein gilt die menschliche Stimme als das Instrument, das am schwierigsten zu beherrschen ist. Dass man damit im Sextett nicht nur wunderbar singen, sondern auch jede Menge andere Instrumente nachahmen kann, bewies die A-cappella-Formation Voice Connection im rappelvoll besetzten Gutmann.

Und in der Vielseitigkeit der Sänger und der Bandbreite des Programms liegt wohl auch das Erfolgsgeheimnis der Gruppe. Da erzeugt in "Viva la mama" der Bassist Christian Westner – selbstverständlich singend – eine schmatzige Walking-Bass-Linie, von der der Swing nur so heruntertropft. Am anderen Ende der Stimmen-Skala improvisiert die Sopranistin Conny Sendtner mühelos im Scatgesang über Silben. Bei "Just a Gigolo" taucht plötzlich ein gesungener Bläsersatz auf, während Andreas Kern bei "Mas que nada" seinen Stimmbändern ein rotziges Posaunensolo entlockt.

Gleichzeitig bekommen die eigenen Musikerkollegen bei den Ansagen durchaus einmal eine Frozzelei um die Ohren, oder Sabine Graf fegt, als sie zuerst über Silben improvisiert, dann immer deutlicher vernehmbar ihre Kollegen mit einem "Was machst du denn da" an. Diese Lockerheit, sich selbst und die eigene Musik nicht allzu ernst nehmen, macht das Ensemble auf Anhieb sympathisch; Arroganz sieht anders aus.

Im Grunde ist A-cappella-Gesang eine gnadenlose Art von Musik. Auf Gedeih und Verderb der eigenen Stimme ausgeliefert, die wie ein Sensibelchen auf jede noch so kleine Unpässlichkeit reagiert, hat der Sänger kein Instrument, hinter dem er sich zur Not verstecken kann; zur Orientierung dienen lediglich die Stimmen der Kollegen.

Da sechs Sänger zudem meist den Ehrgeiz entwickeln, sechsstimmig zu singen, bestehen die Arrangements aus jazzig-schrägen Akkorden, die es aufzutürmen gilt. Dazu bedarf es schwer zu singender Chorsätze, "abgefahrene" Arrangements, wie sie Stephan Sachs in einer Ansage nennt. Und um nicht länger herumzureden: Die Intonation der Akkorde gelingt dem Ensemble fast ausnahmslos auf beeindruckende Weise, auch wenn man die hohe Konzentration und Anstrengung der Sänger gelegentlich schier mit Händen greifen kann.

Die stärksten Momente gab es dann, wenn sich die Stimmen im klassischen Tonsatz wie etwa in "O Täler weit" von Mendelssohn Bartholdy bewegten, das dann in einer modernen Version endete; oder beim bejubelten "Engel" von Rammstein, bei dem sich unversehens alle in einer Fuge wieder fanden. Während des Konzerts eher im Hintergrund wird der Laden von Thomas Klaschka, zusammengehalten, der am Willibald-Gymnasium Musik unterrichtet.

"Thomas der Unerbittliche" – wie es auf der Internetseite des Ensembles heißt – "probt die Arrangements ein, bemerkt jeden falschen Ton und gibt erst Ruhe, wenn wirklich alles sitzt." Als ausgezeichneter Pianist, kann er es sich aber während des Konzerts nicht verkneifen, zwei Mal ans Instrument zu gehen. Zum einen, als er mehrere Minuten lang über vier Töne improvisiert, die ihm ein Zuschauer auf dem Klavier vorgibt.

Bei der schon erwähnten Zugabe "Mas que nada" – einem zum Mitfiebern ansteckenden Klassiker südamerikanischer Unterhaltungsmusik – legt er einen fetzigen Grundrhythmus, auf dem sich seine Kollegen dann in zahlreichen Improvisationen austoben. Begeisterter Applaus für die Darbietungen der Gruppe.

URL: https://www.donaukurier.de/archiv/jazzige-akkorde-auf-einander-getuermt-5427907
© 2024 Donaukurier.de