Derblecken als bayerischer Volkssport

25.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:28 Uhr

Rhetorik-Seminar mit Edmund Stoiber: Wolfgang Krebs war in der Neuen Welt zu Gast. - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Wolfgang Krebs war schon Edmund Stoi-ber, Günther Beckstein, Horst Seehofer und Franz Beckenbauer. Sogar als Inge Meysel konnte man ihn erleben. Auf der Kabarettbühne, im Film und im Fernsehen. Der Kabarettist, Parodist und Humorist gastierte am Dienstagabend in Ingolstadt und stand Karl Leitner vor seinem Auftritt in der Neuen Welt Rede und Antwort.

Herr Krebs, wie schlägt sich denn eigentlich derzeit Edmund Stoiber in Brüssel als Europas führender Bürokratieabbauer?

Wolfgang Krebs: Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass er tatsächlich akribisch überlegt, wo und wie er am erfolgreichsten wirken kann. Ich nehme ihm nämlich sehr wohl ab, dass er sich ernsthaft mit dieser Aufgabe beschäftigt.

Mit Ihrer Parodie auf Stoiber sind Sie am bekanntesten geworden. Nachdem der nun abgetreten und nicht mehr täglich medial präsent ist, brauchen Sie einen Ersatz. Wer ist das?

Krebs: Eindeutig Horst Seehofer. Die Beschäftigung mit dessen Person rentiert sich langfristig, denn ich bin felsenfest überzeugt davon, dass er uns als Ministerpräsident noch lange erhalten bleibt. Manche Leute raten mir, ich solle mich doch mit zu Guttenberg auseinandersetzen, aber Seehofer ist wichtiger. Außerdem geht es mir im aktuellen Programm ja ausschließlich um amtierende oder gewesene Ministerpräsidenten und dabei im besonderen um die Frage, wie Stoiber, Beckstein und Seehofer zueinander stehen. Seehofer ist von allen vielleicht die interessanteste Figur, weil ihn zu seiner Zeit als VdK-Chef absolut niemand auf der Liste hatte. Er erstand quasi wie Phönix aus der Asche.

Welche Personen eignen sich besonders für eine Parodie und welche überhaupt nicht?

Krebs: Es eignen sich die, die ich mit meiner Stimme und mit einer Perücke darstellen kann. Viele sagten mir, das ginge beispielsweise mit Beckstein nicht. Es geht aber doch. Seine Sprechweise und sein Faible für das eigene Joch – daraus kann man wunderbar was machen. Und bei Seehofer ist natürlich seine Größe wichtig. Im Fernsehen lasse ich ihn immer "kopflos" herumlaufen, womit ich ausdrücken will, dass er den Rahmen sprengt. Das kann man aber selbstverständlich auch doppeldeutig verstehen. Wolfgang Schäuble ginge dagegen gar nicht. Bei dem würde ich an der Sprache scheitern.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Opfer aus?

Krebs: Der Grad Ihrer Bekanntheit ist wichtig, ebenso spezielle Eigenarten, die man parodieren kann. Aber ich sehe sie eigentlich nicht als Opfer. Mit allen bin ich persönlich bekannt und zu allen habe ich ein recht gutes Verhältnis. Ich bin ja CSU-Mitglied – ein sehr kritisches allerdings – und kann so quasi von innen heraus Sachen an den Mann bringen, die nicht auf Spekulation beruhen, sondern von den Fakten her abgesichert sind. Dabei geht es mir nicht um Gehässigkeit, sondern um das Derblecken an sich, das ja in Bayern Volkssport ist. Weil ich anscheinend den Ruf genieße, deftig und deutlich, aber eben auch fair zu sein, komme ich vermutlich näher an die Politiker heran als viele meiner Kollegen. Da ist es dann auch kein Problem, ihnen etwas anzudichten oder sie zu überzeichnen. Wenn es der Verdeutlichung der Charaktere dient, mache ich das ohne Bedenken.

Was antworten Sie, wenn Sie jemand nach Ihrem Beruf fragt?

Krebs: Ich sehe mich hauptsächlich als Kabarettist, auch – um ganz ehrlich zu sein – als Verkäufer von Kabarett. Früher war ich Verkaufsleiter in der Werbebranche, heute bringe ich Kabarett an den Mann und die Frau. Letzteres macht freilich viel mehr Spaß.

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