Opfer des Millionenbetrügers dürfen wieder hoffen

22.03.2010 | Stand 03.12.2020, 4:10 Uhr

München/Ingolstadt (DK) Ein Ingolstädter Repräsentant der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG) soll Geld seiner Kunden veruntreut haben. 2007 starb Gerald F. (Name geändert). Seitdem fehlt von mehr als zwei Millionen Euro jede Spur. Die 31 Opfer, die fast alle aus Ingolstadt kommen, klagen gegen die DVAG, in deren Namen die Verträge abgeschlossen wurden. Gestern wurde der Fall erstmals in der zweiten Instanz verhandelt: am Oberlandesgericht (OLG) München.

Einige der Geschädigten waren als Zuschauer zur Verhandlung gekommen und verfolgten sie mit großer Spannung. Schließlich dürfte das Urteil des OLG maßgeblich für alle weiteren richterlichen Entscheidungen sein, die sie betreffen.

 
Zu einem Urteilsspruch kam es allerdings noch nicht. "Das ist eine schwierig zu beurteilende Angelegenheit", sagte einer der Richter. Man bewege sich auf ziemlich dünnem Eis. "Aber man kann nicht sagen, dass die Berufung erfolglos ist."

DVAG lehnt Vergleich ab

Erfolglos war zunächst der Versuch einer gütlichen Einigung, bei der der Kläger die Hälfte seines verlorenen Geldes von der Firma zurückbekommen hätte. Die Richter sehen ein Mitverschulden des Klägers, weil der nicht stutzig geworden sei, als F. ihm eine Rendite in Höhe von mehr als zehn Prozent versprochen hatte. "Bei derart fantastischen Zinsen müssten schon ein paar Warnlämpchen aufleuchten", sagte einer der Richter zum Kläger. Da aber viele weitere Geschädigte dann ebenfalls Forderungen stellen könnten, lehnte der Rechtsanwalt der DVAG diesen öffentlichen Vergleich ab.

Und so endete der Verhandlungstag mit dem Beschluss, sich auf den 28. Juni zu vertagen – samt Aufgaben für beide Parteien, die sie bis 23. April erfüllen müssen. Die DVAG soll für den Zeitraum zwischen 1998 und 2005, in dem der Kläger mit F. die Verträge geschlossen haben will, die Führungszeugnisse F.s im Original vorlegen oder zumindest beweisen, dass diese der Firma im Original vorgelegen haben, und dass die DVAG somit nichts über die früheren Verurteilungen F.s wegen Betrugs gewusst hat, wie behauptet. Denn gleich zu Beginn der Verhandlung hatten die Richter den Rechtsanwalt der DVAG nach diesen Dokumenten gefragt. Doch er musste passen. Der Kläger und sein Rechtsanwalt Klaus Salzberger müssen sich festlegen, welcher der mit F. geschlossenen Verträge als so genanntes "Schaden auslösendes Ereignis" gelten soll, damit definiert werden kann, über welchen Straftatbestand überhaupt verhandelt wird. Zudem sollen sie Beweise dafür finden, dass der Direktionsleiter der DVAG, der Chef von Gerald F., von dessen Machenschaften gewusst hatte.

Klägeranwalt zufrieden

Salzberger war sehr zufrieden mit diesem Ergebnis. Er rechnet seinen Mandanten und sich gute Chancen aus. "Es ist ein Ausnahmefall, dass das Oberlandesgericht die Beweisaufnahme selbst führt." Normalerweise würde die wieder an das Landgericht Ingolstadt zurückgegeben. "Das ist ein gutes Zeichen." Der Anwalt der DVAG verschwand, ohne sich zu äußern, ebenso schnell, wie er gekommen war.

Die Geschädigten zeigten sich erleichtert. Sie dürfen wieder hoffen. Was viele von ihnen indes immer noch beschäftigt, ist die menschliche Enttäuschung über Gerald F. "Wir waren jahrelang Nachbarn. Das Gemeine an der Sache war diese freundschaftliche Schiene", sagte eine Frau, deren Fall am Landgericht Ingolstadt in etwa einem Monat verhandelt werden soll. Eine andere Anlegerin, die sich in der gleichen Situation befindet, fügte an: "Von F.s Familie hätten wir schon ein Wort des Bedauerns erwartet. Wir haben ja nicht mit einer Entschuldigung gerechnet, aber wenigstens einem Wort des Bedauerns . . ."

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