Schrobenhausen

"Wir bräuchten einfach Sonne"

21.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:00 Uhr

Auch unter dem Schutz der Folien wächst auf dem Feld von Alexander Kornreiter zur Zeit so gut wie kein Spargel. - Foto: Spindler

Schrobenhausen (SZ) Türmende Saisonarbeiter, leere Verkaufsstände und hohe Preise: Die niedrigen Temperaturen hindern den Spargel am Wachsen, die Landwirte klagen über Einbußen, die Verbraucher bekommen kaum mehr Schrobenhausener Spargel – und wenn, dann oft nur für viel Geld.

Deutschlandweit ist der Preis für ein Kilo inländischen Spargel laut dem Branchendienst Ami im Durchschnitt aller Klassifizierungen um 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. So zahlten die Verbraucher im Schnitt 5,86 Euro pro Kilo. Mancherorts legen Kunden auch in der Region gut zwei Euro mehr für das Kilo auf den Tisch.
 

Ein Preisproblem gibt es in Schrobenhausen und Umgebung nicht, wenn man den Aussagen von Spargelbauern und ihrem Verbandsvertreter Glauben schenkt. "Wir wollen doch unsere Kunden nicht vergrätzen", sagt Josef Plöckl, Vorsitzender des Spargelerzeugerverbandes Südbayern.

Dafür scheint die Gegend besonders stark von Ernteausfällen betroffen zu sein. Während laut Ami deutschlandweit die momentane Ernte 30 bis 50 Prozent geringer als im Vorjahr ausfällt, spricht Plöckl von sogar "60 bis 70 Prozent". So etwas habe er noch nicht erlebt. Die Nachttemperaturen liegen teilweise knapp über dem Gefrierpunkt, da wächst der Spargel nicht beziehungsweise kaum. Der Nachschub gerät ins Stocken, alle anderen Abläufe sowieso. Plöckl weiß von einem Bauern, dessen Saisonarbeiter sich über Nacht aus dem Staub gemacht haben, weil sie zu wenig Arbeit hatten und so nicht auf ihre Kosten gekommen sind.

Zum Teil nur noch jeden zweiten Tag wird beim Spargelhof von Ulrich und Anneliese Karl in Peutenhausen geerntet. "Das ist nicht rentabel", klagt Anneliese Karl. Bei ihren Saisonarbeitern ist die Stimmung "genauso wenig gut wie bei uns". Sie nach Hause zu schicken komme aber nicht infrage, schließlich ist die Hoffnung auf besseres Wetter da. 30 bis 40 Prozent liege man hinter dem Vorjahresertrag zurück, schätzt Ulrich Karl. Die Kunden, die bei den Direktvermarktern einkaufen wollen, müssten immer wieder vertröstet werden.

Die Schrobenhausener Obst- und Gemüsehändlerin Beate Lanzl kennt die enttäuschten Gesichter der Spargelfreunde. "Gerade weil Pfingsten bevorsteht, möchte jeder ein bisschen Spargel haben. Aber da schaut’s bei uns ganz schlecht aus."

Auch beim Leinfelder-Hof von Steffi und Alexander Kornreiter in Schrobenhausen ist schon mittags alles wieder ausverkauft, die Spargelbäuerin geht von 70 Prozent Einbußen bei der Ernte aus. "Ohne Folien würde es gar keinen geben."

Das kann Christine Rehm nur bestätigen. Sie baut in Linden Spargel ohne Folie an, am Donnerstag gab es gar nichts zu ernten, am Freitag nur sehr wenig. Nicht nur die Kunden vor Ort warten aber auf den Spargel, auch Hotels, die vom Spargelhof Rehm beliefert werden. "Da haben wir natürlich Angst, die Kunden zu verlieren."

Weniger dramatisch sieht Spargelbauer Andreas Sigllechner aus Hohenwart die Situation. Zwar ernte er am Tag nur etwa halb so viel wie im Vorjahr, da er aber in diesem Jahr schon sehr früh begonnen habe, wird er das Vorjahresergebnis schon in den nächsten drei Tagen erreicht haben. "Und wir stechen noch rund drei Wochen."

Sigllechner beliefert auch den Münchener Großmarkt. Im Radio hat er gehört, wie ein dortiger Händler sagte, der Schrobenhausener Spargel sei gar nicht knapp, die Bauern seien nur zu faul ihn zu stechen. Da kann Sigllechner nur lachen.

An eine künstliche Verknappung des Angebots glaubt auch Marcus Niebisch vom bayerischen Fruchtverband, zuständig für den Großmarkt, nicht. Aber dass es ganz wenig Spargel auf dem Markt gibt, hat er deutlich zu spüren bekommen. "Wir sind ausverkauft." Nur wenn es übers Wochenende wärmer wird, gibt es auch wieder Spargel auf dem Münchener Großmarkt – und in Schrobenhausen. "Wir bräuchten einfach Sonne", sagt Spargelbäuerin Rehm.

URL: https://www.donaukurier.de/archiv/wir-braeuchten-einfach-sonne-5346358
© 2024 Donaukurier.de