Hilpoltstein

Mit Spitzkellen der Geschichte auf der Spur

06.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:58 Uhr

 

Hilpoltstein (HK) Einen Brunnen zur Wasserversorgung der Residenz und Abwasserkanäle aus dem 16. oder 17. Jahrhundert fördern derzeit Archäologen im Innenhof der Residenz zu Tage. Nur der Brunnen wird den weiteren Verlauf der Sanierungsarbeiten überstehen. Die Kanäle müssen dem Aufzug weichen.

Mit einer kleinen Spitzkelle schabt der Archäologe Thomas Liepold vorsichtig die lehmige Erde entlang eines Sandsteinquaders ab. Nur noch ein paar Feinarbeiten sind zu erledigen, dann ist der Brunnen wieder in seiner alten Pracht zu sehen.

Rund zwei Meter ist das dreiköpfige Untersuchungsteam der Firma Specht in Schwebheim in den Brunnenschacht vorgedrungen. Schon jetzt sind sie rund 60 Zentimeter tiefer als die unter dem Innenhof der Residenz verlaufenden Sandsteinschicht. "Wir gehen deshalb davon aus, dass der Brunnen noch weiter nach unten führt und dass es sich um einen Ziehbrunnen, in späterer Zeit vielleicht sogar um ein Pumpensystem gehandelt hat", sagt Liepold.

Erstaunliche Feinarbeit

Die Sandsteine sind auf der Innenseite des Brunnen in einem perfekten Radius herausgearbeitet, die Außenseiten blieben in der vorherigen Quaderform. "Das ist nicht nur einfacher herzustellen, sondern damit ergibt sich auch eine bessere Verzahnung mit dem umliegenden Erdreich."

Wie tief das Team jetzt noch graben müsste, um wirklich auf eine Wasserader zu stoßen, ist unklar. "Das kann noch ein halber Meter, das könnten aber auch noch mehrere Meter sein", sagt Liepold und zuckt mit den Schultern. Bei den Ausgrabungen bis zum Wasser vordringen zu wollen, würde jedoch nicht viel bringen. "Denn die Wasseradern verändern sich im Laufe der Jahrhunderte, liegen dann in einer anderen Höhe oder verlagern sich komplett", sagt er.

Der Brunnen liegt im späteren Eingangsbereich der Residenz und soll nach der derzeitigen Planung erhalten bleiben. "Und damit man ihn auch sieht, werden wir ihn mit einer dicken Glasplatte abdecken", sagt der zuständige Hilpoltsteiner Architekt Thomas Jörg.

Was den Fundamenten des Anbaus jedoch zum Opfer fällt, sind die alten Abwasserkanäle. Die eckigen Rinnen werden jeweils durch schmale Sandsteinquader begrenzt. Nach oben, zum Erdreich hin, erhielten sie eine so genannte Überwölbung. Dabei handelt es sich um eine durch Backsteine ähnlich einem Torbogen gestaltete durchgehende Überdachung.

Die Kanäle, die sowohl das Abwasser aus der Residenz als auch das Abwasser des späteren Finanzamtes aufnahmen, laufen in einem leichten Gefälle durch den Hof in Richtung Johann-Friedrich-Straße. Hier wurde bei der Verlegung der Rohrleitungen für das Fernwärmenetz auch ein weiteres Kanalstück entdeckt, das in Richtung Marktplatz verläuft. "Normalerweise enden die Kanäle in einem Fluss, hier also mit größter Wahrscheinlichkeit im Gänsbach", vermutet Liepold.

Bestand wird kartiert

Die Lage der Brunnen und Kanäle wird derzeit aufgezeichnet und die einzelnen Elemente und Querschnitte fotografiert. "Es ist wichtig, alle historischen Teile der Anlage genau zu kartieren, um das Wissen darüber zu erhalten", sagt Martin Nadler vom Landesamt für Denkmalpflege. Dagegen, dass die Kanäle später zerstört werden, um die Fundamente zu gießen, spricht seiner Meinung nach nichts. "Wir haben im Umkreis der Kanäle bislang nichts gefunden, was von so hohem historischen Wert ist, dass man es unbedingt erhalten müsste", sagt er.

Die Ausgrabungen werden nach Einschätzung Liepolds zumindest noch bis Mitte nächster Woche andauern. "Wir haben unterhalb der Kanäle noch weitere Strukturen entdeckt, bei denen wir überlegen, ob wir sie ebenfalls freilegen."

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