Beilngries

Vom Leben in der DDR

Hans-Peter Schudt erzählt aus seinem Leben und kommentiert aktuelle Lage

05.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:56 Uhr

Beilngries (DK) Es sind nachdenkliche, bewegende, aber auch hoffnungsvolle Sätze, die die Neuntklässler des Gymnasiums Beilngries an diesem Vormittag zu hören bekommen. Sätze wie: „Es gab nicht nur Negatives in der DDR“ oder auch „Man konnte sich nie sicher sein.“ So unterschiedlich wie die Aussagen, so unterschiedlich auch die Reaktionen auf das, was Hans-Peter Schudt erzählt.

Schudt, Jahrgang 1935, ist ein „DDR-Zeitzeuge“ und als solcher in der Klasse zu Gast. Zu fünf Jahren Gefängnis war der Elektrotechnik-Ingenieur verurteilt worden, weil er Fluchtwillige nicht verraten hatte. Nach zwei Jahren wurde er von der Bundesrepublik als einer von 600 Häftlingen im Jahr 1967 freigekauft. Der mittlerweile in Erlangen lebende gebürtige Thüringer erzählte den Schülern vom Alltag in der DDR, ebenso wie von der Zeit in Haft, in der er aufgrund seiner Vorbildung sogar für ein Gebäude der Stasi zwei neue Stockwerke planen musste. „Man könnte also sogar sagen, ich habe für das Ministerium gearbeitet“, beweist der Senior Humor und leitet über zu der Fahrt, die ihn vom Gefängnis in Ost-Berlin in die Freiheit führte.

Es sind viele Botschaften, die der Zeitzeuge den Jugendlichen mitgeben will. Im persönlichen Bereich etwa habe er sehr wohl gute Erinnerungen an die DDR. Allerdings: In dem Unrechtsstaat („ein Rechtsstaat war das nicht“) sei Alles überlagert gewesen von dem Ministerium für Staatssicherheit, das sich das Recht nahm, alles zu entscheiden. „Das war die dritte Katastrophe des vergangenen Jahrhunderts“, schiebt Schudt nach. Wohl auch, um einer gewissen Nostalgisierung entgegenzutreten. Es scheine Kräfte zu geben, die sich die DDR zurückwünschten. „Durchaus auch im Bundestag“, sagt er und nennt neben Aufklärung („die Jugend soll das wissen“) den Appell an die Heranwachsenden, keine extremen Parteien zu wählen, als weitere Motivation für seine Vorträge.

Nach diesem nimmt sich der frühere „Siemensianer“ Zeit, um Fragen zu beantworten. Ob es denn Neid auf den Westen gab („in den 60er Jahren gab es kaum Unterschiede“) und wie er es empfand, als er später von Erlangen aus beruflich in den Osten musste („die Städte waren teils in schrecklichem baulichen Zustand“), wollten die Schüler der Referendarin Monika Prieschl wissen.

Den Bezug zu den aktuellen Entwicklungen um Edward Snowden, der die groß angelegte Daten-Spionage der Amerikaner und Briten öffentlich gemacht hat, blendete Schudt aus. Allerdings werde er viel angesprochen, sagte er. Manch einer reagiere überrascht, dass er keine rigorose Haltung dazu habe. Er glaube nicht, dass der Einzelne bespitzelt werde, bemerkte er und fügte hinzu: „Im Ausnahmefall müsse das wohl sogar sein.“ Von Spitzeln alleine könne man aber keinen Staat betreiben und so mache er sich auch keine Sorgen, dass sich in Deutschland eine Gruppe auf dieser Basis Macht verschaffen könne. „Meine E-Mails können die gern lesen.“

Zu den USA habe er aus der Geschichte heraus eine positive Grundeinstellung. „Aufpassen muss man aber schon“, sagt Schudt und verweist darauf, dass die Stasi regelmäßig Briefe geöffnet hat.

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