Hilpoltstein

Ein Kinderleben zwischen Bach und Bäumen

Initiative will Waldkindergarten im Landkreis Roth gründen – Auf der Suche nach Standort

02.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:45 Uhr

Wollen einen Waldkindergarten im Landkreis Roth gründen: Sabine und Christian Wiest (von links) sowie Nadine Möller und Chiara Liepold (rechts). Ihre Kinder könnten die ersten Besucher sein. - Foto: Meyer

Hilpoltstein (HK) Im Schlamm buddeln, am Bach spielen und ein Lager bauen: Für Kinder ist der Wald ein kleines Paradies. Das sehen auch ein Elternpaar und zwei Diplom-Pädagoginnen so. Sie wollen deshalb den ersten Waldkindergarten ins Leben rufen – den ersten im Landkreis Roth. Die Suche nach dem Standort läuft noch.

Die Idee hatte der Pädagogin Nadine Nöller aus Neumarkt schon lange im Kopf herumgespukt. In Chiara Liepold aus Roth, die auch noch ausgebildete Waldpädgogin ist, fand sie eine aktive Mitstreiterin. Liepold leitet sogar einen Waldkindergarten, allerdings 50 Kilometer von Hilpoltstein entfernt.

Die beiden Frauen, selbst Mütter von je zwei Kindern, haben einen Verein namens Buchenzauber gegründet, um das Projekt voranzutreiben. „Es soll jetzt schnell gehen“, betonen sie. Im September soll der Kindergarten eröffnet werden.

Durch Zufall sind die beiden Pädagoginnen auf ein Elternpaar in Allersberg gestoßen: Sabine und Christian Wiest. Denn auch die hatten im Rathaus nachgefragt, ob in Allersberg Interesse bestehe. Bürgermeister Bernhard Böckeler knüpfte den Kontakt. „Eine glückliche Fügung“, sagt Sabine Wiest.

Die Wiests wünschen sich, dass ihre beiden Töchter Malou (3) und später auch Leya (neun Monate) ihre Kindergartenzeit im Wald verbringen dürfen. „Wir wollen die Kinder zurück zur Natur bringen“, sagt Sabine Wiest. Die Initiatoren malen bei einem Pressegespräch in leuchtenden Farben ihre Idee aus. Im Wald hätten die Kinder viel mehr Platz als in den geschlossenen Räumen regulärer Kindergärten. „Da muss man die Kinder oft in ihrem Bewegungsdrang bremsen“, sagt Chiara Liepold. „Und sie müssen auch noch leise sein.“

Im Wald hingegen falle keinem auf, wenn Kinder mal schreien und toben. Groß geschrieben werde hier auch das Miteinander. Denn ohne die Hilfe der anderen sei es unmöglich, einen Bach zu überqueren oder einen Stamm zu transportieren. „Das erzeugt ein tolles Gruppengefühl“, zeigt sich Liepold überzeugt. „Außerdem wird die Sprache besonders gefördert, da viel ausgehandelt werden muss.“ Auf vorgefertigtes Spielzeug könne man im Wald auch getrost verzichten. Hier hätten Kinder ihre Freude daran, Insekten zu beobachten und auf Wurzeln zu klettern. „Das ist Primärerfahrung“, stellt Chiara Liepold fest. Die Kinder lernen nicht über CDs und Bücher, sondern sie tasten und sehen, wie sich ein Baum anfühlt oder wie nass das Gras im Morgentau ist.

Für einen Waldkindergarten braucht es eigentlich nicht viel: geeignetes Personal, ein abwechslungsreiches Stück Wald, das die Eltern mit ihren Autos anfahren können und natürlich die entsprechende Kundschaft – sprich Eltern, die ihre Kinder dorthin schicken.

„Wir können aber erst in die Werbung gehen, wenn der Standort feststeht“, erklärt Christian Wiest. Noch laufen Verhandlungen mit einigen Städte und Gemeinden. „Wir wollen den Gremien, die das entscheiden, aber nicht vorgreifen“, sagt Wiest diplomatisch.

Die Kinder verbringen fast die ganze Zeit im Freien – auch bei Regen und Minustemperaturen. „Wasserdichte Kleidung braucht man schon“, erklärt Nadine Nöller. Aber es müsse ja nicht die teuerste Outdoor-Ausrüstung sein. Außerdem würden sich Kinder, die sich täglich im Freien aufhalten, schnell an die Temperaturen gewöhnen. „Das Immunsystem wird trainiert.“

Und bei Dauerregen können die Kinder in einem Bauwagen, der als Anlaufstelle dient, unterschlüpfen und sich an einem kleinen Gasofen aufwärmen. „Und bei Schneebruch und Sturm dürfen wir sowieso nicht in den Wald“, erklärt Nöller. Dann komme man in einem Raum in der ausgewählten Gemeinde unter oder überbrücke die Zeit mit Ausflügen. Was die Gefahr durch Zecken betrifft, gelte eine einfache Regel: Kinder tragen langärmelige Kleidung, um sich zu schützen.

Der Waldkindergarten will Kinder ab zweieinhalb Jahren aufnehmen, die Betreuungszeiten sind von 7.30 bis 15.30 Uhr geplant, „bei Bedarf auch länger“, sagt Chiara Liepold. „Wir wollen die Zielgruppe der Berufstätigen abdecken“, ergänzt Nadine Nöller. Der Beitrag soll genauso viel kosten wie für einen regulären Kindergarten. Anfangen wollen die Pädagoginnen mit einer Gruppe zwischen 6 und 14 Kindern. Jetzt müssen nur noch eine Gemeinde grünes Licht geben und die Eltern ihre Kinder anmelden.

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