Feinschluck

Endlich am Ziel angekommen

Petra Sollmann hat drei Ausbildungen absolviert und lebt jetzt ihren Traum: Auf dem eigenen Bauernhof in Feinschluck

29.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:18 Uhr

Keine Berührungsängste: Petra Sollmann mit ihren beiden Bentheimer Landschweinen auf dem Schluckerhof. „Jeden Tag, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, sage ich den beiden erst einmal Hallo“, sagt die gebürtige Thalmässingerin - Foto: Burgstaller

Feinschluck (HK) Petra Sollmann: Hotelfachfrau, Diplomingenieurin, Landwirtin, Logistikerin – und seit neuestem Erlebnisbäuerin. So könnte es auf einer Visitenkarte der Thalmässingerin stehen. Sie hat schon viel ausprobiert – und schließlich ihr Herz verschenkt. An ihren Mann Stephan und das Leben als Bäuerin.

„Ich bin jetzt genau da angekommen, wo ich hingehöre. Ein langer Weg war’s“, sagt Petra Sollmann zufrieden, während ihr Blick fest auf den umliegenden, grasgrünen Weidewiesen ihres Hofes in Feinschluck weilt. Sie sitzt auf der kleinen Terrasse vor ihrem Haus und blinzelt in die Augustsonne. Eines ist schnell klar: Mit dem langen Weg und dem Ankommen kann sie unmöglich die fünf Kilometer von ihrem Elternhaus zu ihrem neuen Zuhause, dem Schluckerhof in Feinschluck, meinen.

Vielmehr ist es die Tätigkeit als Landwirtin und Erlebnisbäuerin in der Petra Sollmann ihre Bestimmung gefunden hat. Da sie selbst aus einem landwirtschaftlichen Betrieb kommt, ist das – könnte man meinen – eigentlich gar nicht so weit hergeholt. „Weit gefehlt“, sagt Sollmann und ihre Augen blitzen verschmitzt. „Gerade weil meine Eltern eine Landwirtschaft haben, wollte ich nie im Leben Bäuerin werden. Viel Arbeit, kein Urlaub – das wollte ich mir wirklich nicht antun“, sagt sie und zwinkert. Viel lieber wäre sie Erzieherin geworden, entschied sich aber letztendlich für „etwas Solides“ und begann nach ihrem Hauptschulabschluss eine Lehre zur Hotelfachfrau. Kurz war sie in diesem Beruf tätig. „Aber ich habe schnell gemerkt, das ist nicht das Meine.“ Deshalb holte sie kurzerhand ihr Fachabitur nach. Danach arbeitete sie aber doch wieder als Hotelfachfrau, denn das habe sie schließlich gelernt.

Doch damit abfinden wollte sie sich damit letztlich nicht. Ein Leben lang eine Tätigkeit ausüben, in der nicht ihr ganzes Herzblut steckt? Unvorstellbar für Petra Sollmann. Also bewarb sie sich an der Fachhochschule in Triesdorf für den Studiengang Ernährungs- und Versorgungsmanagement. Sie lehnt sich etwas vor und erklärt verschwörerisch: „Das habe ich heimlich gemacht, keinem hab ich was gesagt, bis die Zusage da war.“

Eine goldrichtige Entscheidung, wie sich herausstellte. Im Studium fand sie ihre große Liebe: Ihren heutigen Mann Stephan. Und auch die Liebe zur Landwirtschaft. „Ich lebte mit acht Leuten auf einem Selbstversorgerhof. Eigenes Gemüse anbauen, eigene Eier und so etwas. Das hat mich stark beeindruckt.“

Und nachhaltig geprägt. Denn nach dem Erwerb des Ingenieurtitels 2012 war für sie klar: Ich werde Landwirtin. So machte sie mit ihrem Mann Stephan, der ebenfalls studierter Landwirt und Bauernspross ist, schnell Nägel mit Köpfen. Bereits im September 2013 war mit dem Schluckerhof ein perfektes Objekt gefunden. „Das war deswegen so perfekt, weil der Hof ohnehin auf Nebenerwerbslandwirtschaft ausgerichtet ist. Nachdem mein Mann und ich ja studiert haben, wollten wir das natürlich auch noch irgendwie nutzen“, erklärt die 30-Jährige. Deshalb arbeitet sie nun halbtags als Logistikerin bei Aldi in Roth, ihr Mann in einem Lager in Greding. „Wenn ich nach der Arbeit nach Hause komme und dann auf dem Hof arbeite, geht mein Herz auf. Ich habe es nicht eine Minute bereut, den Hof gepachtet zu haben“, sagt sie strahlend.

Da kann man fast meinen, es sei ein Glück, dass auf dem Bauernhof die Arbeit nie ausgeht. „Wir haben 19 Kühe, 2 Schweine, 4 Katzen und 18 Hühner“, zählt sie auf. Das Besondere dabei: „Außer den Katzen sind alle unsere Tiere Nutztiere und vom Aussterben bedrohte Arten, das war uns wichtig.“ Die werden zwar auch geschlachtet – für ihr Fleisch stehen die Kunden Schlange – dennoch würden sie mit der Haltung der Tiere doch zum Fortbestand der Art beitragen.

„Es wäre schön, bald ganz von der Landwirtschaft leben zu können“, sagt Petra Sollmann nachdenklich, die Stirn in Falten gelegt. Dazu seien allerdings noch ein paar Weichen zu stellen. Einen Schritt in die richtige Richtung hat sie jedenfalls bereits gemacht: Im Januar hat Petra Sollmann ihre dritte Berufsausbildung in Angriff genommen – die zur Erlebnisbäuerin.

„Erlebnisbäuerin zu sein bedeutet, Kindern auf spielerische Art und Weise den in unserer Zeit oft verloren gegangenen Bezug zur Natur und zum Lebensmittel zurückzugeben“, erklärt sie. An insgesamt 16 Tagen, verteilt über rund 9 Monate, lernen die Teilnehmer praktisch und theoretisch, worauf es dabei ankommt. „Ich halte das für sehr wichtig, dass man weiß, woher Lebensmittel kommen und was im Wald wächst. Manche Kinder wissen gar nicht, wie Getreide sich anfühlt und Samenkörner aussehen.“ Und damit sich das zumindest für die Kinder im näheren Umfeld ändert, will Petra Sollmann kleinere Gruppen von Kindern auf ihren Hof einladen und ihnen dort alles zeigen. „Ich stelle mir vor, dass das etwa fünf Kinder sind, die ein Jahr lang einmal im Monat kommen und so auch sehen können, wie sich alles im Laufe des Jahres verändert“, sagt sie verträumt, den Blick wieder in die Ferne gerichtet. Dabei wolle sie die Kinder nicht belehren, das sei ihr wichtig. „Ich sehe mich eher als Vermittlerin zwischen den Kindern und der Natur.“

Eine Gelegenheit zu sehen, wie so ein Kinderbesuch abläuft, hatte sie gerade erst. „Das war sozusagen die Prüfung zur fertigen Erlebnisbäuerin. Ich habe bestanden“, sagt sie grinsend. Und wie sieht so ein Tag aus? „Aaaalso“, sagt sie und holt tief Luft: „Zuerst einmal habe ich den Kindern den Hof vorgestellt mit einem selbst gebastelten Buch. Und dann ging es gleich auf Hoferkundung.“ Beim Lernpfad am Hühnerhaus lernten die Kinder alles über die Getreidearten, die verfüttert werden, die verschiedenen Eier unterschiedlicher Geflügelarten und was es überhaupt mit dem Stempel auf dem Supermarktei auf sich hat. Außerdem gab es einen Barfußpfad auf dem blind verschiedene Untergründe erfühlt werden mussten und es wurde gebastelt.

„Ich hab zwar jetzt schon viele Anfragen von Gruppen, die auf den Hof kommen wollen, aber so richtig starten will ich erst im neuen Jahr“, sagt die 30-Jährige. Schließlich seien in diesem Jahr noch sechs Rinder zu schlachten und, und, und. Eines glaubt man Petra Sollmann auf jeden Fall sofort: Langweilig wird es ihr bestimmt nicht.

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