Wellheim

Klärschlamm durch die Hintertür

In Gammersfeld wurde das umstrittene Material auf Felder ausgebracht

04.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:17 Uhr

Die zentrale Kläranlage der Gemeinde Wellheim: Der hier anfallende Schlamm wird aufwendig und für teures Geld entsorgt. Umso ärgerlicher ist es für die Kommune, dass manche Landwirte Klärschlamm von außerhalb auf ihre Felder ausbringen - Foto: baj

Wellheim (EK) 17 000 Euro lässt sich die Gemeinde Wellheim pro Jahr die Entsorgung ihres Klärschlamms kosten. „Das machen wir aus Überzeugung, damit dieses Material nicht auf den Feldern ausgebracht wird“, sagt Bürgermeister Robert Husterer.

Umso ärgerlicher für ihn, dass genau das trotzdem passiert. Der Klärschlamm findet den Weg auf die Wellheimer Felder durch die Hintertür: Landwirte lassen ihn von außerhalb ankarren, bringen ihn aus und kassieren dafür auch noch. Und die Gemeinde ist machtlos, denn etwas Verbotenes machen diese Bauern nicht.

Den jüngsten Fall ins Rollen gebracht hat Gemeinderat Wolfgang Löffler. „Wie ich heute erfahren habe, wurde der Ortsteil Gammersfeld vor zirka zwei Wochen mit Klärschlamm zugemüllt“, schrieb Löffler vor wenigen Tagen empört an seine Gemeinderatskollegen und Bürgermeister Husterer auf elektronischem Weg. Betroffen seien auch gemeindeeigene Felder. Der Bürgermeister solle sich darum kümmern, dass so etwas künftig unterbleibe, sei im Gemeinderat vereinbart worden, schreibt der SPD-Ortsvereinsvorsitzende weiter. „Passiert ist bisher nichts“, wettert Wolfgang Löffler. „Denkt doch mal an unser Trinkwasser!“, appelliert er und fordert, das Thema umgehend im Wellheimer Gemeinderat zu behandeln.

Die Vorwürfe gegen ihn will Husterer nicht auf sich sitzen lassen. Aus Gründen des Umweltschutzes sei auch er strikt gegen die Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft. Bei der Bürgermeisterdienstbesprechung im Frühjahr habe er diese Angelegenheit angeschnitten und den Kollegen nahegelegt, sich dem Wellheimer Vorbild anzuschließen.

Dort ist seit einigen Jahren eine Fachfirma mit der ordnungsgemäßen Entsorgung des gemeindlichen Klärschlamms beauftragt. Wellheim hat eine zentrale Kläranlage für alle Ortsteile. Das Material daraus wird gepresst und anschließend zur Verbrennung gefahren. Das verursacht die jährlichen Kosten von 17 000 Euro. In der Landwirtschaft darf dieser Stoff verwendet werden – unter Beachtung der entsprechenden Verordnung. Husterer hat inzwischen Wolfgang Löffler aufgefordert, ihm die Landwirte oder die Grundstücke zu nennen, auf denen dieser fragwürdige Stoff verteilt wurde. Er werde dann die zuständigen Behörden um eine entsprechende Überprüfung bitten.

Ein generelles Verbot von Klärschlammausbringung könne die Gemeinde nicht erlassen, erklärt Husterer gegenüber unserer Zeitung. „Ich kann keine Satzung machen, die sich über Bundes- und Landesrecht hinwegsetzt.“ Denn ein generelles Verbot existiert eben nicht. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung sei zwar die Rede davon, in Paragrafen gegossen ist ein solches Verbot noch nicht.

Ein Hebel bleibt der Gemeinde, der allerdings erst nach und nach greifen kann: „Bei neuen Pachtverträgen für ihre Grundstücke kann die Gemeinde einen Passus einfügen, dass kein Klärschlamm auf die Felder transportiert werden darf.“ Für den dafür nötigen Gemeinderatsbeschluss werde er sich einsetzen, so der Bürgermeister.

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